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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Ruth Gogoll
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weiter langsam neben Tina herging. »Am besten ist es, wenn man Geld investiert«, bemerkte sie, »und für sich arbeiten läßt. Wenn man es nicht zum Ausgeben braucht.«
    Tina fühlte sich immer entspannter. Nichts an Geneviève machte ihr mehr Angst. Die Zeiten waren vorbei. Und die Zeiten der Leidenschaft auch. Es verband sie nichts mehr als . . . ja, als gewisse Erinnerungen, die sicher mit der Zeit verblassen würden. Die jetzt schon verblaßt waren, wie Tina innerlich erstaunt feststellte. Sie lächelte leicht. »Fragst du mich nach einer Investition in deine Boutiquen?«
    »Die Rendite ist gut«, sagte Geneviève. »Du weißt, daß die Geschäfte immer gut gelaufen sind.«
    Tina ging ein paar Schritte stumm weiter. »Und ich weiß, daß du immer nur dann nach Investoren gesucht hast, wenn sie nicht so gut liefen«, sagte sie dann. »Tun sie das?« Sie schaute Geneviève an. »Läuft es nicht so gut im Moment?«
    »Das muß dich nicht interessieren«, erwiderte Geneviève unwillig. »Ich verspreche dir eine gute Rendite. Ist das nicht genug?« Sie schien verärgert.
    Kein Wunder, dachte Tina. Wann habe ich ihr je widersprochen oder sie nach Auskünften gefragt, die sie nicht geben wollte? Sie blieb stehen. »Ich glaube, du verkennst die Situation, Geneviève«, bemerkte sie ruhig. »Es ist nicht mehr wie früher. Ich flehe dich nicht um irgend etwas an. Du willst etwas von mir. Geld.«
    Geneviève kniff die Augen zusammen. Ihr Blick musterte Tinas Gesicht wie einen fremden, entfernten Stern. »Du hast dich verändert«, sagte sie.
    »Vielleicht«, sagte Tina. »Auf jeden Fall kannst du mir keine Befehle mehr erteilen. Zumindest werde ich nicht mehr gehorchen.«
    »Ich habe dir nie Befehle erteilt«, behauptete Geneviève. »Du hast das alles freiwillig getan.«
    Tina atmete tief durch. »Deinetwegen habe ich Dinge getan, von denen ich noch nicht einmal wußte, daß sie existierten. Nur weil du das von mir verlangt hast.« Sie schaute Geneviève an. »Ich mache dir keine Vorwürfe. Du hast recht, ich habe es freiwillig getan. Wie freiwillig es auch immer ist, wenn man etwas tut, nur um jemand zu gefallen, obwohl sich im eigenen Innersten alles dagegen sträubt.«
    »Du hast nie etwas gesagt.« Genevièves Gesichtsausdruck zeigte an, daß ihr dieses Gespräch lästig war.
    »Du hast nie zugehört«, sagte Tina. »Oder hingesehen.« Sie atmete aus. »Aber das ist vorbei. Ich wünsche dir ein schönes Leben. Von dem ich kein Teil mehr sein werde. Weder im Bett noch auf dem Bankkonto.«
    »Das hat doch nichts miteinander zu tun«, sagte Geneviève. So leicht ließ sie sich nicht abschütteln. »Diesmal hättest du etwas davon. Auf deinem Bankkonto.«
    Tina blieb stehen. »Dir muß es ja wirklich schlecht gehen«, sagte sie erstaunt. »Wenn du das Geld so dringend brauchst.«
    Geneviève verzog unangenehm berührt das Gesicht. »Ich hatte einige unerwartete Verluste«, gab sie zu. »Aber das wird sich wieder einrenken. Mit einer kleinen Finanzspritze . . .«
    »Wie klein?« fragte Tina.
    »Tina.«
    Diesmal ließ die Stimme sie nicht erstarren, sondern sie ließ ihr Herz tatsächlich höherschlagen. Nicht nur für einen Augenblick und nicht nur aus Überraschung.
    »Ich will nicht stören«, sagte Mar. »Ich kam nur gerade hier vorbei. Auf dem Weg zu einem Mandanten.«
    »Du hast auch Mandanten in Köln?« fragte Tina. Fällt dir nichts Besseres ein, was du fragen könntest? dachte sie.
    »Ja«, sagte Mar. »Die paar Kilometer von Bonn . . .«
    »Ja sicher.« Tina fühlte sich extrem unwohl in der gleichzeitigen Gegenwart von Mar und Geneviève.
    »Ich wußte gar nicht, daß du hier bist«, sagte Mar. »Ich dachte, du wärst am Starnberger See.«
    »Da war ich nicht mehr seit –« Tina brach ab. »Meine Großmutter und mein Onkel sind immer noch im Haus. Ich konnte sie nicht –«
    Mar lächelte. »Das habe ich mir schon gedacht.«
    »Willst du mich nicht vorstellen?« fragte Geneviève mit einem höchst interessierten Blick auf Mar.
    »Entschuldige, Vivi.«
    Vivi. Mar zuckte innerlich zusammen. Das war sie also. Die Frau, nach der Tina sich gesehnt hatte, während sie mit Mar schlief. Anscheinend waren sie wieder zusammen. Oder waren sie nie getrennt gewesen?
    Tina schüttelte irritiert den Kopf. Für einen peinlichen Augenblick war sie wieder in ihre alte Verhaltensweise Geneviève gegenüber zurückgefallen. Das ließ sich nicht so leicht abstellen. Aber es war vorbei. Sie richtete sich gerade auf.
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