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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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Finanzstudiengemeinschaft. Oberhaupt der Energetensphäre ist ein gewisser Johannitus Edmond de Herbignac, der auch dem Aufsichtsrat der IMFG angehört. Das Büro für Financial Investigations hat finanzielle Unregelmäßigkeiten in den Transaktionen der IMFG entdeckt. Meine Aufgabe besteht darin, dieser Sache auf den Grund zu gehen ...«
    Claybourne S. Dalmistro focht einen Kampf gegen sich selbst. Doch noch war der vom Gas induzierte Drang, dem angeblichen Lotsen zu gehorchen, zu stark. Er hatte die Wahrheit gesagt. Aber es war nicht die ganze Wahrheit. Er schwankte, stützte sich an der Wand ab und senkte den Kopf. Als er wieder aufsah, erblickte er die Mündung eines Blitzwerfers, die auf ihn gerichtet war.
    »Nur für den Fall, daß Sie eine außergewöhnliche Resistenz gegen das Gas aufweisen sollten.« Dreistern kicherte, und seine mit Kristallsplittern überzogenen Augen funkelten im Licht der draußen im Korridor in unregelmäßigen Abständen angebrachten Chemoleuchten. Clay starrte auf die Waffe. Selbst auf der Erde war bekannt, daß auf der Venus alle Arten von Waffen streng verboten waren.
    »Warum wird gleich ein Comptroller mit einer solchen Untersuchung beauftragt?« fragte Dreistern in einem milden Tonfall. »Genügt es nicht, einen allgemeinen Prüfer zu schicken? Über welche Befugnisse verfügen Sie?«
    Das allgemeine Wohlbehagen in Clay wich allmählich zunehmendem Zorn. Ja, gut, dachte er. Konzentriere dich darauf. Das vertreibt die Reste der Betäubung.
    »Ich ... ich ...« Der Drang, von Shereen zu erzählen, wurde beinahe übermächtig. Shereen, Lieblichkeitsfaktor Neun, und Ashton Neunzehner.
    Shan Dreistern neigte den Kopf zur Seite, kicherte und kniff die Augen zusammen. Clay schwankte und würgte, als Übelkeit in ihm emporstieg. »Sind Sie konditioniert worden?« fragte der Schwarzgekleidete leise und voller Argwohn. »Verfügen Sie vielleicht über einen selbstinduzierten Lügenblock? Das würde mir gar nicht gefallen ...« Er kicherte erneut und hob die Waffe. Durch die Nebelschwaden der Benommenheit erkannte Clay, daß Dreistern nunmehr die Absicht hatte, ihn zu erschießen. Er wollte sich zur Seite werfen, die Muskeln anspannen, der Wut ein Ventil verschaffen. Die graue Substanz unter seinen Füßen bewegte sich, und er verspürte wieder dieses brennende Prickeln.
    In der Ferne ertönte ein Chorus. Schritte schlurften, Wehklagen wurde laut, Elektrogeißeln knallten.
    »Verdammte Sejeg«, knurrte Shan Dreistern. Mit einer ruckartigen Bewegung verschwand der Blitzwerfer unter seiner Kutte. Dann griff er nach Clays Arm und zerrte ihn mit sich. Auf den Korridor hinaus, dann mit raschen Schritten durch den Gang. Der Chorus kam näher.
    »Wir sind die Schmerzerfüllten Jünger des Einzigen Gottes!« dröhnte es, und eine Elektronische Laute spielte einen abrupten Diskant dazu. »Wir preisen dich, Venus, denn du bietest uns Heim und Obdach. Wir preisen dich, Ferroplasma, denn du bist die Wahrheit und das Leben. Wir preisen dich, Fels, denn du beschützt uns vor der Hitze und den Stürmen und dem tödlichen Druck. Schenke uns Schmerz, denn unter Schmerzen bauten die Ersten dieses Heim. Pein erfüllte sie, als sie sich in den Granit gruben, mit nicht viel mehr als bloßen Händen. Und Leid kam über sie, als die Fabriken der Erde ihren Unmut bekundeten. Wir verehren den Dämon der Automation, denn er gewährt uns ein leichtes und bequemes Leben und hat uns des Schmerzes beraubt, der den Ersten ihren Stolz gab ...«
    Ein Elektronischer Maulwurf rollte ihnen entgegen. Die unförmige Grabmaschine füllte beinahe die gesamte Breite des Korridors aus. Dreistern fluchte, drehte sich um und riß den Comptroller in die entgegengesetzte Richtung. Clay hatte Mühe, Einzelheiten der Umgebung zu erkennen. Das Prickeln in ihm hatte nun ein wenig nachgelassen, aber dafür nahm die Übelkeit zu, sicher eine Nachwirkung des Betäubungsgases. In einem Bereich des Ganges, der zwischen zwei Chemoleuchten lag und in dem deshalb nicht mehr als trübe Dämmerung herrschte, blieb Dreistern stehen und preßte sich nach kurzem Zögern in eine schmale Einkerbung im Fels. Clay fühlte die Kühle des Granits im Rücken, und sein Atem ging rasselnd. Der Lotse war zu einem Schatten inmitten von Schatten geworden. »Rühr dich nicht vom Fleck!« zischte er dem Comptroller zu.
    »Wir sind die Schmerzerfüllten Jünger des Einzigen Gottes, und wir preisen dich, Venus ...« Die Prozession kroch einer Schlange gleich aus einem
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