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In den Spiegeln - Teil 3 - Aion

In den Spiegeln - Teil 3 - Aion

Titel: In den Spiegeln - Teil 3 - Aion
Autoren: Ales Pickar
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Glaswand getrennt. Das Regenwasser tropfte noch aus meinen Haaren über mein Gesicht und ich versuchte es mit dem nassen Ärmel meines Mantels abzuwischen. Draußen fiel weiter Wasser vom Himmel. An einer Kreuzung starrte ich durch das nasse Fenster einen Bettler an, der umgeben von Werbetafeln von e.on und Prada einen leeren Plastikbecher den vorbeieilenden Menschen entgegenstreckte. Ich blickte fassungslos, doch auch fasziniert, auf seine dunkle, unscharfe Gestalt, die wie eine Erscheinung inmitten der Sintflut kniete. Während der Wagen weiterfuhr, versuchte ich mit dem Zipfel meines eigenen Landstreichermantels die feuchten Flecken auf den kostbaren Ledersitzen der Limousine wegzuwischen. Schuldbewusst sah ich den Mann im dunklen Mantel an.
    »Ich heiße Jan-Marek«, sagte ich, um die Stille zu brechen.
    Es vergingen einige Sekunden, bis er antwortete. Offensichtlich überlegte er, ob ich würdig genug war, dass man mit mir kommunizierte.
    »Ich bin Dante«, sagte er schließlich. Er trug einen kleinen Bart um die Lippen, hatte jedoch seine Wangen penibel rasiert. Auch seinen Kopf bedeckte nicht das geringste Härchen. Seine Hände steckten in schwarzen Lederhandschuhen, und um seinen Hals schimmerte unter dem breiten Kragen aus Leder eine goldene Kette hervor.
    Ich dachte daran, dass die Kollaboration mit Luzifer — was immer das in der Praxis bedeutete — auf jeden Fall zu einer Verstärkung des persönlichen Geschmacks beitrug. Offensichtlich ergänzt durch die Tatsache, dass für diese Leute Geld kein Thema war, das ihnen Kopfzerbrechen machte.
    Mein Gedankengang wurde jäh unterbrochen. Die lange Limousine änderte plötzlich den Kurs und begann sich mit quietschenden Reifen zu drehen. Ich spürte, dass wir etwas umgerissen hatten. Es mochte eine Mülltonne sein, eine Telefonzelle oder eines diese kleinen Stadtautos, die ich nun überall sah. Mein Gesicht wurde kurz gegen die Glasscheibe geschlagen.
    Als mir dämmerte, dass wir stehengeblieben waren, packte mich Dante an der Schulter.
    »Auf den Boden legen«, befahl er. »Sofort!«
    Er griff nach der Rückenlehne, an der ich zuvor gesessen hatte und kippte sie um. Ein Sturmgewehr mit einem zusätzlichen Granatwerferlauf kam zum Vorschein. Bevor ich mich umsah, trat Dante die Tür auf und rutschte elastisch hinaus in den Regen. Eine lärmende Mischung aus Gewehr- und Pistolenschüssen drang zu mir und vermengte sich mit dem panischen Kreischen von Menschen.
    Was für ein Aufwand, um einen Landstreicher dingfest zu machen, schoss es mir durch den Kopf. Ich sah durch die Trennwand nach vorne, in die Fahrerkabine. Beide Männer waren bereits draußen und suchten genauso wie Dante Deckung hinter der offenen Tür. Sie schossen wie wahnsinnig um sich. Ich selbst hatte Schwierigkeiten, in dieser Mischung aus Nacht und Regen irgendwas auszumachen. Erst nach einigen Sekunden nahm ich den ersten Gegner wahr. Ein Gewehrlauf, postiert an einem Fenster an der Straße. Von da an sah ich sie überall. Sie hatten einen Wagen quergestellt, um die Limousine aufzuhalten. Im nächsten Augenblick hörte ich das dumpf ploppende Geräusch des Raketenwerfers zu meiner Rechten und sah die Blockade in einer Welle aus Blechteilen und lodernden Gummifetzen explodieren. Die Luft war inzwischen erfüllt mit dem Geruch von Schießpulver und brennendem Benzin. Ich hörte das verdampfende Regenwasser zischen.
    »...erbitten sofortige Verstärkung!« hörte ich Dantes Stimme inmitten des Kugelhagels.
    Der Beifahrer robbte in der Hocke nach hinten, bis er sich direkt neben Dante duckte. Er hielt in jeder Hand eine Pistole und blickte grimmig in meine Richtung.
    »OKO«, meinte er angewidert.
    »Dann wollen sie ihn lebend«, erwiderte Dante. Er hielt seine Armbanduhr oder was es auch immer war, unter sein Kinn und brüllte nur ein kurzes: »E.T.A.?« hinein.
    Die Antwort schien sofort zu kommen, denn er wandte sich an seinen Mitstreiter.
    »1 Minute 40 Sekunden. Ich werde Sargon ein Jahr lang einen ausgeben für die Idee mit der Bereitschaft.«
    »Wenig Munition!« hörte ich den Fahrer schreien.
    Dante griff unter seinen Mantel und zog zwei Clips hervor. Er warf sie mir zu. Inzwischen hatte der Fahrer einen Schalter betätigt. Das Trennglas fuhr gemütlich herunter. Ich reichte ihm die Magazine.
    Im nächsten Augenblick hörte ich den Beifahrer kurz hecheln und dann wie einen Stein umfallen.
    Dante warf sich zu mir in das Innere des Wagens und feuerte mit seinem Gewehr heraus. Als sein
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