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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen
Autoren: John Saul
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fürs erste verdiente hier jeder einmal einen Batzen Geld; niemand aber machte so gute Geschäfte wie Carl Anderson.
    Nach jahrhundertelangem Schlaf begann auch das Dorf selbst sich zu verändern. Die Häuser wurden repariert, alten Zypressenholzwänden ein neuer Anstrich verpaßt. Dazu waren neue Gebäude entstanden; als Vorsitzender des Villejeune Preservation Committee hatte Carl allerdings darauf geachtet, dass die neue Architektur sich Vorhandenem anpaßte; wenn also ein neues Geschäft eröffnete, wirkte es fast genauso alt wie die bereits bestehenden. Und Carl hatte auch die Idee gehabt, diese Geschäftsbauten mit leicht durchhängenden Böden zu konstruieren, damit sie ein wenig aus dem Lot geraten zu sein schienen, wie die älteren Geschäfte auch.
    Von dieser neuen Entwicklung würde, da war sich Carl auf der Fahrt über die Ponce Avenue absolut sicher, Ted und Mary angenehm überrascht sein. Doch beim Anblick von Judd Duval vor Arlette Delongs Cafe wich seine gute Laune. Judd mochte es inzwischen zum Deputy Sheriff gebracht haben; für Carl war er immer noch eine Sumpfratte, und Sumpfratten konnte Carl nun einmal nicht leiden.
    Aber die würde es hier wohl immer geben. Solange sich der Sumpf in unmittelbarer Stadtnähe befand, würden von Zeit zu Zeit auch Sumpfratten in der Stadt auftauchen, sich mit Vorräten eindecken und wieder in der Marsch verschwinden, wo sie in verfallenen Pfahlbauten lebten. Judd nickte Carl beim Vorbeifahren zu, und Carl erwiderte den Gruß automatisch, trotz seines Widerwillens gegen den Mann.
    Wenige Minuten später lag das Dorf eine halbe Meile hinter ihm. Er war erleichtert, als er seinen Truck auf den Parkplatz der Klinik fuhr, die er erst im vergangenen Jahr errichtet hatte, und den Buick von Warren Phillips schon vorfand, obwohl doch Samstag war. Bei seinem Eintreten zog Jolene Mayhew am Empfang die Brauen hoch. »Sie wollen sicherlich Dr. P. sehen«, bemerkte sie. »Ist etwas mit Ihnen passiert? Oder werden Sie bloß alt?«
    Carl grinste die Krankenschwester an. »Also, ich bitte Sie, Jolene - lesen Sie denn keine Anzeigen? In Villejeune wird niemand alt. Deshalb zieht doch jeder her. Es liegt am Klima.«
    »Genau«, erwiderte die Schwester spitz. »Bei über fünfunddreißig Grad und der entsprechenden Luftfeuchtigkeit! Und das schon im Juni. Wird das ein Sommer!« Sie blickte in den Kalender, der vor ihr lag. »Haben Sie einen Termin?«
    »Brauch ich etwa einen Termin?« Carl sah sich mit übertriebener Neugier im leeren Wartezimmer um. »Sieht mir nicht nach Überarbeitung aus. Sie könnten schließen und mit mir zusammen nach Acapulco davonlaufen.«
    »Sie sollten sich besser Ihrem Alter gemäß verhalten.« Sie deutete mit dem Kopf auf die verschlossene Tür zu Warren Phillips’ Praxis. »Gehen Sie hinein. Eigentlich hätt’ er heut einen freien Tag. Aber Sie kennen ihn ja. Wer in der Gegend einen Arzt braucht, weiß, wo Dr. P. zu finden ist.«
    Eine Viertelstunde später hatte Phillips die Untersuchung beendet. »Abgesehen von der Hüfte noch andere Beschwerden?«
    Carl richtete sich auf und schüttelte den Kopf. »Ich habe mich wunderbar gefühlt. Wie immer. Bis heute morgen dieser Schmerz einsetzte.« Er sah Phillips eine Spritze vorbereiten, legte sich wieder hin und drehte sich auf die Seite. »Eine kaputte Hüfte könnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Ted kommt nach Hause und...« Beim Einstich der Nadel zuckte er zusammen; er rieb die Wunde, als Phillips die Nadel herausgezogen hatte. »Du grüne Neune! Als hätten Sie mir direkt in den Hüftknochen gestochen.«
    Phillips grinste. »Gar nicht so falsch. Kortison. In ein bis zwei Tagen sollte die Hüfte wieder in Ordnung sein. Aber hören Sie - kommt Ted wirklich nach Villejeune zurück? Ich dachte, Mary könne es hier nicht aushalten?«
    Als Carl die Situation erläutert hatte, schüttelte er traurig den Kopf. »Wenn ich nur wüsste, was heutzutage mit den Kindern los ist.«
    »Wenn Sie mich fragen - das ist leicht zu verstehen.« Carl zog sich die Hosen hoch und schnallte den Gürtel zu. »Die Welt ist so kompliziert geworden, dass die Kinder es mit der Angst kriegen. Und weil sie keinen Ausweg finden, nehmen sie sich das Leben.«
    Phillips schien nicht sonderlich überzeugt. »Sie meinen, Ihre Enkelin hätte es aus Angst vor dem Leben getan?«
    Carl lachte in sich hinein. »Die Arzte in Atlanta haben bestimmt ein paar hübsche Fachausdrücke zur Erklärung parat. Aber wenn Kelly erst mal hier ist,
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