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In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)

In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: In den Armen des Dämons: Roman (German Edition)
Autoren: Carolyn Jewel
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Niemals. Es gab weite Bereiche im Haus, die ich nicht betreten durfte. Gott bewahre, wenn er mich jemals dort erwischt hätte.« Sie schnaubte. » Dem Koch habe ich mich näher gefühlt als Magellan.«
    Er streifte die Papierhülle von einem Paar hölzerner Essstäbchen. » Wetten, dass er Sie auch zu Hause hat unterrichten lassen?«
    Was machte ihn so sicher? » Ich konnte nicht auf eine normale Schule gehen.«
    » Weil man Ihresgleichen nicht frei in der Welt herumlaufen lassen sollte.«
    Ihresgleichen. Sie fragte sich, was er damit meinte. Genauso wie sie sich fragte, was er unter einer » Hexe« verstand. Aber eigentlich wollte sie es gar nicht wissen. » Normaler Unterricht wäre zu anstrengend für mich gewesen.«
    » Natürlich«, sagte er, doch es hörte sich nicht so an, als stimme er ihr zu.
    » Das ist die Wahrheit.« Sie hatte einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Arztpraxen verbracht, bei Spezialisten, die sie allen möglichen Tests unterzogen, sie piksten und plagten und ihr ständig neue bunte Pillen verschrieben, von denen eine so wenig wie die andere half, ihre Kopfschmerzen zu vertreiben. Stattdessen wurden sie immer schlimmer, traten häufiger auf und hielten länger an. » Idiopathische Kopfschmerzen, das heißt ohne fassbare Ursache. Begleitet von ständiger Ermüdung.«
    » Aha.«
    Ihre Lippen waren trocken. Er gab ihr das Gefühl, als sei ihr gesamtes Leben eine einzige Lüge. Und wahrscheinlich war es das ja auch. » Er hat viel Geld für all diese Ärzte ausgegeben.«
    » Klar. Magellan ist ein großartiger Kerl.« Er betrachtete seine Essstäbchen. Graue Augen mit einem Hauch Blau. So wie der Himmel, kurz bevor die Sonne aufging.
    Schöne Augen, dachte sie.
    » Ein herausragender Bürger. Ein Mistkerl«, fügte er hinzu.
    » Ich glaube, er mag Kinder nicht besonders.«
    » Hab ich doch gesagt: ein Mistkerl.«
    Carson atmete langsam ein. War seine Abneigung Magellan gegenüber Grund genug, ihm mehr zu erzählen? Und wenn ja, wie viel? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie die vergangene Nacht in einer Toreinfahrt verbracht hatte und dass es nicht so schlimm sein konnte, ihren Hass auf Álvaro Magellan mit jemandem zu teilen.
    » Nun ja, seine Arbeit hat halt immer an erster Stelle gestanden…«
    » Seine Arbeit!« Nikodemus’ Stimme klang nun nicht mehr sanft und einschmeichelnd. Er warf die Stäbchen auf den Tisch. Sein T-Shirt mit der Aufschrift » Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz« spannte sich über seiner Brust. Wann immer er sich bewegte, konnte man seine Muskeln spielen sehen. » Sie haben ihm bei seiner Arbeit geholfen, nicht wahr?«
    Sie zuckte zusammen, weil seine Stimme in ihren Ohren wehtat. » Manchmal. Er ist berühmt, aber das wissen Sie ja schon. Herausragend in seinem Fachgebiet«, fügte sie hinzu. Was, wenn sie jetzt einfach aufstehen und verschwinden würde? Doch wohin? Und wie würde es dann weitergehen? » Was die Legenden über Wüstendämonen betrifft, ist er weltweit der führende Experte.« Sie versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu deuten und zu entscheiden, wie viel er über Magellans geheime Forschungen wissen mochte, doch es gelang ihr nicht. » Ständig schreiben ihm irgendwelche Leute, wollen seine Meinung zu einem bestimmten Artefakt, dieser oder jener Quelle des Mythos hören. Bitten um Kopien seiner Arbeiten. Manche haben die verrücktesten Ideen. Und irgendjemand muss schließlich die ganze Post beantworten und alles organisieren.«
    Nikodemus sah sie lange an, viel zu lange, und die Kälte in seinen Augen rührte nicht allein von seinem Ärger her. Doch Carson hielt seinem Blick stand. Wegschauen hieß, dass man schwach war. Als gäbe man damit zu, bedeutungslos zu sein. Doch niemals würde sie zulassen, dass jemand ihr das Gefühl gab, ohne Bedeutung zu sein. Nicht einmal Magellan. Nikodemus’ Augen erschienen ihr wie eine Festung: Er konnte herausschauen, doch sie gelangte nicht hinein. Sie prüfte erneut den Tee. Er hatte immer noch nicht ausreichend gezogen.
    » Und Sie sind sicher, dass er Mythen über die Wüstendämonen studiert?«, hörte sie Nikodemus sagen.
    Carson schaute wieder auf, blickte erneut in seine Augen. Immer noch wirkte er so abweisend.
    » Natürlich tut er das«, behauptete sie. Und noch einiges mehr, wie sie inzwischen erfahren hatte. Auch Nikodemus, oder wie immer er heißen mochte, schien das zu wissen. Carson begann, am ganzen Leib zu zittern. Sie war so unsicher, was sie noch verraten durfte und was
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