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Imperium

Imperium

Titel: Imperium
Autoren: Jeffrey Archer
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wie der Anker aus dem Wasser gezogen wurde. Langsam manövrierte die Jacht aus dem
    Hafen.
    Stunde um Stunde verging, doch Armstrong rührte sich
    nicht – es sei denn, um den Cognacschwenker hin und wieder nachzufüllen –, bis er die kleine Uhr neben dem Bett viermal schlagen hörte. Er stemmte sich in die Höhe und wartete einen Augenblick; dann setzte er die Füße auf den flauschigen Teppich, erhob sich auf etwas unsicheren Beinen und tappte quer durch die unbeleuchtete Kajüte zum Bad. Als er die offene Tür erreichte, griff er zum Kleiderhaken und nahm 14
    einen weiten, cremefarbenen Morgenrock herunter, auf den mit Goldfäden die Worte Sir Lancelot aufgestickt waren. Dann schlurfte er zur Kajütentür, öffnete sie leise und trat barfuß auf den schummrig beleuchteten Gang. Er zögerte, ehe er die Tür hinter sich verschloß und den Schlüssel in die Tasche des Morgenrocks steckte. Dann blieb er ganz still stehen, bis er sicher war, nur noch die vertrauten Geräusche der
    Schiffsmotoren zu vernehmen.
    Armstrong wankte den schmalen Gang entlang und hielt
    kurz inne, als er die Treppe erreichte, die zum Deck führte.
    Dann stieg er langsam die Stufen hinauf, wobei er sich an den dicken Kordeln festhielt, die sich zu beiden Seiten an den Wänden befanden. Auf der obersten Stufe angelangt, blickte er nach links und rechts. Niemand zu sehen. Es war eine klare, kühle Nacht – nicht anders als neunundneunzig von hundert Nächten in dieser Gegend und zu dieser Jahreszeit.
    Leise ging Armstrong weiter, bis er sich über dem
    Maschinenraum befand, dem lautesten Teil des Schiffes.
    Er wartete einen Augenblick, bevor er die Gürtelkordel löste, den Morgenrock abstreifte und aufs Deck fallen ließ.
    Dann stand er nackt in der warmen Nacht, starrte hinaus aufs dunkle Meer und fragte sich: Heißt es nicht, daß in einem solchen Augenblick das ganze Leben wie im Zeitraffertempo an einem vorüberzieht?

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    THE CITIZEN

5. November 1991

Townsend vor dem Bankrott
    »Irgendwelche Anrufe?« erkundigte sich Keith Townsend, als er am Schreibtisch seiner Sekretärin vorbei zu seinem Büro ging.
    »Der Präsident hat aus Camp David angerufen, kurz bevor Sie in die Maschine gestiegen sind«, antwortete Heather.
    »Über welche meiner Zeitungen hat er sich diesmal
    geärgert?« wollte Townsend wissen und setzte sich.
    »Den New York Star. Ihm ist zu Ohren gekommen, daß Sie auf der morgigen Titelseite seinen Kontostand veröffentlichen wollen.«
    »Es ist wahrscheinlicher, daß mein Kontostand morgen Schlagzeilen macht.« Townsends australischer Akzent war ausgeprägter als sonst. »Was noch?«
    »Margaret Thatcher hat ein Fax aus London geschickt. Sie hat sich mit Ihren Bedingungen für einen Vertrag über zwei Bände einverstanden erklärt, obwohl Armstrongs Angebot höher lag.«
    »Da kann ich nur hoffen, daß auch mir jemand sechs
    Millionen Dollar bietet, wenn ich meine Memoiren schreibe.«
    Heather bemühte sich um ein Lächeln.
    »Sonst noch jemand?«
    »Gary Deakins wird mal wieder vor den Richter zitiert.«
    »Weshalb diesmal?«
    »Auf der gestrigen Titelseite der Truth hat er den Erzbischof von Brisbane einer Vergewaltigung beschuldigt.«
    »Die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die
    Wahrheit«, sagte Townsend lächelnd. »Solange die Wahrheit die Auflage steigert.«

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    »Bedauerlicherweise hat sich herausgestellt, daß die Frau, die Seine Eminenz angeblich vergewaltigt hat, eine sehr bekannte Laienpredigerin ist – und seit langem eine gute Freundin der erzbischöflichen Familie. Da steht Gary wohl ein Gang nach Ganossa bevor.«
    Townsend lehnte sich in seinem Sessel zurück und hörte sich weiter die unzähligen Probleme anderer Menschen rund um den Erdball an: die üblichen Beschwerden von Politikern, Geschäftsleuten und sogenannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die seine sofortige Stellungnahme erwarteten und verlangten, daß Townsend ihre unverzichtbaren Karrieren rettete. Morgen um diese Zeit würden die meisten von ihnen sich wieder beruhigt haben und durch ein anderes Dutzend gleichermaßen aufgeregter, gleichermaßen unverschämter Primadonnen verdrängt worden sein. Townsend wußte, daß jeder dieser selbsternannten VIPs sich diebisch freuen würde, wenn er wüßte, daß Townsends Karriere am Rande des
    Zusammenbruchs stand – und das nur, weil der Direktor einer kleinen Bank in Cleveland verlangte, daß ein Kredit von 50
    Millionen Dollar bis zum Ende des Tages zurückbezahlt
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