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Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte
Autoren: Heinz G. Konsalik
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anfangen, mich zu suchen. Aber wie sollte er je diese Hütte finden? Und wenn er käme, ich könnte kein einziges Wort zu ihm sagen. Ich könnte ihm nicht mehr sagen, wie lieb ich ihn habe.
    Wozu auch? Warum will ich gerettet werden? Welches Leben würde mich erwarten, nun, nachdem dies mit mir geschehen ist. Lieber Gott, warum hast du mich nicht sterben lassen? Nur um zu atmen, dafür braucht ein Mensch nicht zu leben.
    Ein merkwürdiges Geräusch war plötzlich im Raum. Rascheln, Krabbeln, etwas schleifte über den Boden, etwas Lebendiges.
    Ein furchtbarer Gedanke durchzuckte sie. Wenn es in diesem Haus Ratten gab, hungrige Ratten, dann konnten diese Biester einfach über sie herfallen. Und sie konnte sie nicht verscheuchen.
    »Hilfe«, wollte sie schreien. Mit ihrer ganzen Kraft versuchte sie, ihre Lippen zu bewegen. Aber sie konnte es nicht. Nur ein stummer Schrei, den niemand hören konnte.
    Janine betete. Weil sie in ihrer Verzweiflung nichts mehr anderes wußte. Sie flehte nicht um ihr Leben, sie flehte um einen anderen Tod. Um einen sanften, leisen Tod.
    In diesen Minuten drang das Geräusch eines Motors an ihr Ohr. Es kam rasch näher, und als es verstummte, hörte sie eine Autotüre ins Schloß fallen.
    Schritte kamen auf das Haus zu. Ein Schlüssel knarrte, die Tür sprang auf. Der Schein einer Taschenlampe glitt über sie hinweg.
    »Was ist?« fragte eine Mädchenstimme, in der sie sofort die Stimme Gaby Westphals erkannte.
    »Nichts ist«, antwortete Jürgen leise, »nur eine Tote liegt am Boden. Schau her, sonst glaubst du mir vielleicht nicht.«
    »Mach die Tür wieder zu«, sagte Gaby. »Ich glaube, ich habe eine Idee, wo wir sie hinbringen können.«
    Nein, dachte Janine, vor den Ratten brauche ich mich nicht mehr zu fürchten. Die Mörder sind zurückgekommen.
    Jürgen hatte seinen Mantelkragen hochgeschlagen. Die Nacht erschien ihm kalt und düster. Seine Hände waren steif.
    Vor Gaby begann er sich allmählich zu fürchten. Er fühlte, daß sie aus einem anderen Holz geschnitzt war als er. Sie trat auf den Schuppen zu, ohne sich nach ihm umzusehen.
    Er folgte ihr, schloß die Tür auf und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Ein paar Fuchsfelle hingen an einem Haken, zwei ausgestopfte Vögel baumelten an einer Schnur. Der Wand entlang waren Buchenscheite aufgeschichtet.
    »Jürgen, da drin muß das Werkzeug sein. Nimm auf jeden Fall einen Spaten mit.«
    Er sah ihr ins Gesicht. »Der Boden ist noch hartgefroren, Gaby, es wird Stunden dauern, bis ich eine Grube geschaufelt habe, die groß genug ist.«
    »Du brauchst nicht zu schaufeln«, erwiderte sie. »Und es wird auch keine Stunden dauern.«
    Nach einigem Suchen fand er den Spaten. Schweigend gingen sie dann nebeneinander um das Haus herum, liefen einen Stacheldrahtzaun entlang bis zu einer Gruppe von niederen Büschen.
    Gaby stampfte mit dem Fuß auf den Boden, bis sie plötzlich einen metallenen Klang hörten.
    Jürgen blickte sie überrascht an.
    »Da drunter liegt ein tiefer Schacht … was er bedeutet, weiß ich nicht. Er ist mit einem eisernen Deckel verschlossen. Den mußt du jetzt wegheben, dann haben wir das beste Versteck, das wir uns wünschen können.«
    »Woher weißt du das?« fragte er kopfschüttelnd.
    »Ich bin hier mit meinem Vater sehr oft gewesen«, antwortete sie, »schon als Kind durfte ich ihn zur Jagd begleiten, na ja, und damals hat Papa diesen eisernen Deckel anbringen lassen, damit ich nicht hineinfallen kann.«
    Jürgen arbeitete wortlos. Nachdem er das Gestrüpp beseitigt und ein Stück Grasnarbe weggestochen hatte, ließ sich der Deckel ohne weiteres abheben. Ein Geruch von Moder und Fäulnis traf ihn. Er warf einen Stein hinunter … und lauschte auf den Aufschlag.
    »Als wenn da unten Wasser wäre«, sagte er benommen.
    Der Schein der Taschenlampe geisterte über die rechteckige Öffnung.
    »Holen wir sie jetzt«, sagte Gaby ungeduldig, »wenn sie da drunten ist und der Deckel wieder drauf, dann kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.«
    Die Privatstraße, für die sich Haller und Karsch entschieden hatten, erwies sich als Sackgasse. Es gab keinen roten Sportwagen, keine Spuren, nur ein dunkles, offenbar unbewohntes Holzhaus, das auf Pfählen stand und von der Gischt des Sees unterspült wurde.
    Schweigsam fuhren sie den Weg zurück. Erst als Dr. Haller wieder in die Bundesstraße einbog, fragte er: »Wohin jetzt?«
    »Ich denke«, antwortete Karsch, »wir nehmen die Straße, die zu dem Dorf
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