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Immer für dich da (German Edition)

Immer für dich da (German Edition)

Titel: Immer für dich da (German Edition)
Autoren: Kristin Hannah
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hörte sie, wie die Party sich auflöste, die Wagen ansprangen und knirschend über den Schotterweg davonfuhren.
    Und sie lag immer noch da, konnte sich einfach nicht bewegen. Es war ihre Schuld, da hatte er recht. Sie war jung und dumm. Dabei hatte sie ja nur jemanden gewollt, der sie liebte.
    »Dämlich«, zischte sie und setzte sich schließlich auf.
    Ganz langsam zog sie sich an und versuchte aufzustehen. Sofort wurde ihr übel, und sie erbrach sich über ihre Lieblingsschuhe. Sie drückte ihre Handtasche an sich und machte sich auf den langen, qualvollen Heimweg.
    Wenigstens begegnete sie so spät in der Nacht keinem Auto mehr. Sie wollte niemandem erklären, warum so viele Kiefernnadeln in ihren Haaren steckten und ihre Schuhe nach Erbrochenem stanken.
    Den ganzen Weg nach Hause erlebte sie wieder und wieder, was passiert war: wie Pat sie angelächelt hatte, als er sie zur Party einlud; wie ihr erster Kuss sich angefühlt hatte; wie er mit ihr gesprochen hatte, als zählte ihre Meinung; und wie Pat dann plötzlich wie ausgewechselt war, mit groben Händen und drängender Zunge, mit seinen Fingern und dem harten Schwanz, die er so schmerzhaft in sie hineingesteckt hatte.
    Je öfter sie es Revue passieren ließ, desto einsamer und verzweifelter fühlte sie sich.
    Wenn sie nur jemanden gehabt hätte, dem sie sich hätte anvertrauen können. Vielleicht hätte das ihren Schmerz ein bisschen gelindert. Doch da gab es ja niemanden.
    Jetzt hatte sie noch etwas, das sie geheim halten musste, neben ihrer verrückten Mutter und ihrem unbekannten Vater. Die Leute würden sagen, dass sie es herausgefordert hatte. Was machte ein Mädchen in ihrem Alter auch auf einer High-schoolparty!
    Als sie sich ihrem Haus näherte, ging sie etwas langsamer. Der Gedanke daran, dass sich ihr Zuhause keineswegs wie eine Zuflucht anfühlte und auch keine liebende Mutter auf sie wartete, war plötzlich unerträglich.
    Das alte graue Pferd der Nachbarn kam wiehernd zum Zaun getrottet.
    Tully überquerte die Straße und ging die Anhöhe hinauf. Am Zaun riss sie eine Handvoll Gras aus und hielt es ihm hin. »Hier, Junge.«
    Das Pferd beschnüffelte das Gras, schnaubte feucht und trottete davon.
    »Sie mag Karotten.«
    Tully blickte auf und entdeckte, dass das Nachbarsmädchen auf dem Zaun saß.
    Dann herrschte ein paar Minuten lang Stille; nur das leise Wiehern des Pferdes war zu hören.
    »Es ist spät«, sagte das Nachbarsmädchen.
    »Ja.«
    »Ich bin gerne nachts draußen. Die Sterne leuchten so hell. Manchmal, wenn man lange genug zum Himmel starrt, hat man das Gefühl, es würden winzige weiße Pünktchen herabfallen, wie Glühwürmchen. Vielleicht hat die Straße daher ihren Namen. Aber bestimmt hältst du mich jetzt für blöd.«
    Tully wollte etwas sagen, brachte aber nichts heraus. Ganz tief in ihrem Innern hatte sie angefangen zu zittern, und sie musste all ihre Kraft zusammennehmen, um einfach nur still zu stehen.
    Das Mädchen – Tully wusste noch, dass sie Kate hieß – ließ sich vom Zaun gleiten. Sie trug ein überdimensionales T-Shirt mit einem Aufdruck der Partridge Family, der sich schon ablöste. Als sie auf sie zukam, verursachten ihre Gummistiefel im Matsch ein saugendes Geräusch. »Hey, du siehst aber gar nicht gut aus.« Wegen der Zahnspange lispelte sie leicht. »Und du stinkst nach Kotze.«
    »Mit mir ist alles in Ordnung.« Tully versteifte sich, als Kate zu ihr trat.
    »Wirklich? Alles in Ordnung?«
    Zu ihrem Entsetzen musste sie plötzlich weinen.
    Kate stand einen Augenblick lang nur da und starrte sie durch ihre Spießerbrille an. Dann umarmte sie Tully, ohne ein Wort.
    Tully zuckte zusammen; die Berührung war unerwartet und fühlte sich komisch an. Sie wollte sich ihr schon entziehen, merkte aber, dass sie sich nicht bewegen konnte. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann sie jemand das letzte Mal so umarmt hatte, und plötzlich klammerte sie sich an dieses komische Mädchen und hatte Angst, loszulassen, hatte Angst, dass sie ohne Kate einfach wegdriften und auf offener See verlorengehen würde.
    »Sie wird ganz bestimmt wieder gesund«, meinte Kate, als Tully aufhörte zu weinen.
    Tully löste sich von ihr. Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen.
    Der Krebs. Kate dachte, sie machte sich Sorgen um ihre Mutter.
    »Möchtest du darüber sprechen?«, fragte Kate, nahm ihre Zahnspange heraus und legte sie auf den Zaunpfahl.
    Tully starrte sie an. Im silbrigen Licht des Vollmonds sah sie nichts als Mitleid
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