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Immer dieser Knasterbax

Immer dieser Knasterbax

Titel: Immer dieser Knasterbax
Autoren: Werner Schrader
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ihm erlaubte, bewußt
zu werden, denn er blies heißen Dampf aus den Nasenlöchern, machte einen
Kratzfuß, setzte sich in Bewegung wie eine Rakete und schoß hin und her und
kreuz und quer und zick und zack und auf und ab. Damit wollte er den unverschämten
Reiter abwerfen. Aber Knasterbax saß so fest, als hätte er einen
Sicherheitsgurt umgelegt. Ja, der halsbrecherische Galopp schien ihm sogar Spaß
zu machen, zog er doch nun jauchzend sein rotes Taschentuch aus der Hose und
hielt es dem Stier vor die Augen. Das brachte den fast um den Verstand. Er lief
wutschnaubend hinter dem roten Fetzen her und merkte nicht, daß ihn sein Reiter
damit nach Belieben über die Weide steuerte.
    Siebenschütz, der abseits
stand, rechnete sich aus, daß das nicht lange gutgehen konnte. Und er hatte
sich auch nicht verrechnet. Schon sauste der Stier mit dampfender Nase auf ihn
los. Erschrocken sprang der Schutzmann aus dem Weg.
    „Platz da, Zwiebelwitz“, rief
Knasterbax, „hat sich das Stier keine Bremse!“ Und vorüber war er. Kaum hatte
sich der Schutzmann von seinem Schreck erholt, da raste der zornige Büffel
schon wieder heran. Knasterbax steuerte ihn wirklich ganz vortrefflich. „Mach
dich nicht unglücklich!“ rief Siebenschütz ängstlich und hüpfte aus der
Rennbahn.

    „Nein, nein“, schrie der
Räuber, „keine Angst, mach ich höchstens unglücklich dich!“
    Siebenschütz nahm die Beine in
die Hand und rannte. Plötzlich stolperte er über einen Maulwurfshügel und fiel
hin. Da schoß der Stier über ihn hinweg wie ein Wirbelwind. Jetzt war dem Polizisten
jedes Mittel recht, um sich zu retten. Er riß seine Pistole aus dem Gürtel und
zielte auf den Stier, der eine schöne Schleife und eine halbe Acht gelaufen war
und schon wieder heranpreschte. Aber wie sollte man die Bestie treffen! Zielte
er nach links, zickte sie nach rechts, zielte er nach rechts, zackte sie nach
links.
    „Ich schieße, wenn du nicht
sofort anhältst, Knasterbax!“ schrie er.
    „Nicht doch, böses Mensch, rief der Räuber zurück, „ist sich das Tier viel zu schade für deine
rostige Revolver.“ Und weg war er wie Blitz und Blatz.
    Da zog Siebenschütz es vor, die
Weide zu verlassen und auf eine günstigere Gelegenheit zu warten, den
widerwärtigen Räuber zu fangen. Er lief zum Zaun zurück und kletterte hinüber.
Keinen Augenblick zu früh, denn schon war ihm der ungebärdige Stier wieder auf
den Fersen. Nach Luft schnappend, setzte sich der gehetzte Polizist an den
Grabenrand. Er drohte Knasterbax mit der Faust und rief: „Wenn ich dich habe,
du Unhold, ergeht es dir schlecht!“
    Aber der Räuber lachte nur und
stob davon.

 
    Allmählich wurde der Stier
müde. Seine Sprünge wurden kürzer und sein Tempo immer langsamer. Schließlich
blieb er stehen, rieb ein paarmal mit dem Maul durchs Gras, um sich den Schaum
abzuwischen, und bewegte sich dann gar nicht mehr. Da tätschelte Knasterbax ihm
den Hals und kletterte herab. Auch er war müde geworden. Da er in der
aufkommenden Dämmerung den Schutzmann nirgends entdecken konnte und auch nicht
fürchten mußte, von ihm gesehen zu werden, machte er sich ohne Eile auf die
Suche nach einem Schlafplatz. Räuber haben es in diesem Punkte ja leicht. Sie
können überall schlafen, wo es ihnen gefällt, und brauchen nicht erst um
Erlaubnis zu bitten. Außerdem schlafen sie ebenso gern auf Stroh in einem
Pferdestall wie in einem weichen Federbett. Polizisten haben es da schwerer.
Sie müssen erst die Besitzer eines Sofas oder eines Heubodens fragen, ob sie
wohl eine Nacht darauf schlafen dürfen. Und wenn kein Besitzer in der Nähe ist,
müssen sie draußen bleiben und die Nacht in der Kälte verbringen, denn sonst
wäre es ja Einbruch.
    Knasterbax stolperte torkelnd
über die Weide, bis er glaubte, weit genug von dem Polizisten entfernt zu sein.
Dann kletterte er über den stacheligen Zaun und schlurfte auf dem Sandweg
weiter. Es war nun ganz dunkel. Der schmale Mond geizte mit seinem Licht so daß
der Räuber kaum drei Meter weit sehen konnte. Nach einer knappen Stunde tauchte
ein schwarzes Gebäude rechter Hand aus der Dunkelheit.
    „Und wenn sich da wohnt das
Ölscheich von Kuwait“, sagte Knasterbax müde, „werde ich mich legen in seine
Haus.“
    Mit schleppenden Schritten ging
er auf das Bauwerk zu. Es war eine Scheune. Knasterbax probierte nicht erst, ob
die Tür offen war. Er schwankte um das Gebäude herum und suchte nach einem
Fenster oder einem Hühnerloch. Aber er fand weder
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