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Immer dieser Knasterbax

Immer dieser Knasterbax

Titel: Immer dieser Knasterbax
Autoren: Werner Schrader
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Tür
stehenbleiben“, sagte der Burgführer leise, „dann können wir die Gruft schnell
verlassen, wenn Sie es nicht mehr ertragen. Dieser Keller hier“, erklärte er,
„ist sehr bleihaltig. Die Toten in den Särgen verwesen darum überhaupt nicht.
Noch nach Jahrhunderten sehen sie so frisch aus, als ob sie gerade gestorben
wären. Wenn Sie es wünschen, öffne ich mal einen Sarg, damit Sie sich
überzeugen können, daß ich nicht übertreibe. Vielleicht diesen hier in der
Mitte, in dem der Brudermörder Friedrich ruht?“
    „Nicht nötig“, rief der Herr
mit der Brille hastig, „wir glauben Ihnen auch so jedes Wort! Sparen Sie sich
die Mühe.“
    In diesem Augenblick mußte
Friedrich der Furchtbare wieder niesen. Dabei stieß er mit dem Kopf dumpf gegen
den Sargdeckel, so daß der ein Stück in die Höhe gehoben wurde und dann wieder
in seine alte Lage zurückpolterte.
    Den Besuchern gefror das Blut
in den Adern.
    Der furchtbare Friedrich aber
hob den Deckel ganz hoch und setzte sich auf.
    „Hab’ ich, verflixt noch mal,
jetzt an andere Seite von Kopf auch noch dickes Beule!“ schimpfte er. „Erst
fallen aus Bild, dann stoßen an hartes Sargdeckel! Werd’ ich sofort gehen an
frisches Luft und kühlen mit kaltes Schwert.“ Dabei erhob er sich völlig und
kletterte aus dem Sarg heraus.
    Bei diesem Anblick verloren die
Männer den letzten Rest ihres Mutes. Sie wandten sich um, drückten sich durch
die Tür und rannten die Treppe hinauf.
    Oben stand Siebenschütz, das
Ebenbild Friedrichs, verzog das Gesicht schmerzhaft und kühlte sich mit einem
Schwert die Beulen an der Stirn.
    „Nein!“ schrien zwei Männer
gleichzeitig und waren einer Ohnmacht nahe. Zum Glück war der Burgführer
geistesgegenwärtig genug, sie an der schrecklichen Erscheinung vorbei in einen
langen Gang hineinzustoßen. Halb von Sinnen liefen alle los, versuchten
einander zu überholen, rempelten sich an und merkten nicht, daß der Burgführer
sie kreuz und quer durch die ganze Burg jagte.
    Zum Schluß hasteten sie noch an
einer Reihe dunkler Nischen vorbei. Da jeder der Gehetzten nur auf sich selbst
achtete, merkte niemand, daß der Burgführer plötzlich in einer dieser Nischen
verschwand und sich ein anderer an die Spitze setzte. Endlich wurde die letzte
Tür aufgestoßen, die Gruppe stolperte in den Burghof. Dort hing eine starke
elektrische Lampe an einem Drahtseil, schwankte im Abendwind leicht hin und her
und warf ihren Schein auf die verzerrten und bleichen Gesichter der Männer und
Kinder.
    Erschöpft und erleichtert
wandten sich die Gejagten dem Burgführer zu und erkannten in ihm, zu Tode
erschrocken, den furchtbaren Brudermörder Friedrich, der ihnen nun mit der Hand
zuwinkte und sich mit der anderen über die Beulen an seiner Stirn strich. Wie
von Bluthunden gehetzt, stoben sie davon und wären zweifellos ohne ihre Frauen
den Berg hinuntergelaufen, wenn die sich ihnen vor dem Burgrestaurant nicht in
den Weg gestellt hätten, um sich mit ihnen in der freundlich erhellten
Gaststube bei einem Glas Bier von dem großen Schreck zu erholen.
    Knasterbax und Siebenschütz
konnten mit ihrer Leistung als Burggespenster sehr zufrieden sein. Eine solche
Wirkung hatte noch kein Gespenst vor ihnen erreicht.

 
    Rasend schnell verbreitete es
sich im Land, daß es auf der Burg Klagenfels ganz unerhört spuke. Dadurch
wurden die Besucher scharenweise angelockt. Der Wirt freute sich, seine
Gaststube war jetzt jeden Tag gut besucht. Er verdiente genug Geld, um die Burg
instandhalten zu können, ja, es war ihm sogar möglich, seinen beiden
Gespenstern, die täglich aufs neue so großartig spukten, daß die Wände
wackelten, ein festes Taschengeld auszuzahlen.
    Knasterbax und Siebenschütz
gefiel die Arbeit. Sie vertrugen sich gut, bekamen das beste Essen und
schliefen in den weichen Riesenbetten des dicken Ritters Kunibert wie Könige.
    So vergingen viele Wochen.
    Da entdeckte Knasterbax eines
Tages, als er in Kisten und Schachteln herumkramte, die in einer Rumpelkammer
neben der Turmstube standen, eine Polizistenuniform, sorgfältig zusammengelegt
und eingemottet. Er nahm sie erstaunt in die Hand, ging ans Fenster damit, um
besseres Licht zu haben, und untersuchte sie. Er befühlte den grünen Stoff und
spiegelte sein Räubergesicht in den blanken Knöpfen. Ist sich das Uniform noch
in sehr gutes Zustand, dachte er. Seh ich nix Riß von Stacheldraht und nix Loch
von Motte. Muß gewesen sein Eigentum von ordentliches Polizeimensch. Werde
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