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Im Zeichen der gruenen Sonne

Im Zeichen der gruenen Sonne

Titel: Im Zeichen der gruenen Sonne
Autoren: Alexander Rothe
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darum!«
    »Wen?«
    »Irgend so ein Knilch aus ihrer Firma! Pass auf, ich wette, in spätestens drei Wochen zieht der hier ein.«
    »Was? Kommt nicht infrage! Der soll sich bloß nicht einbilden, er könnte einen auf Vater machen!«
    »Väter sind Idioten!«
    »Sind sie nicht!«
    Stumm sprangen sie die letzten Stufen hinunter und öffneten die große grüne Tür, die hinaus auf den Hof führte. Ein Schwall heißer, knochentrockener Luft strömte ihnen entgegen.
    »… und sie sind doch Idioten!«, murmelte Möhre und folgte ihrem Bruder hinaus in die Sonne.
    Vor einer der Garagen parkte der Wagen der Familie Uhland aus dem Vorderhaus, ein roter Kombi, über und über beladen mit Kisten und Koffern.
    Herr Uhland, Berufsoffizier, stand auf einem umgedrehten Eimer und gab seiner Familie in knappem Befehlston Anweisung, wie das Gepäck zu verladen und festzubinden sei. Wenn Frau Uhland eine besonders schwere Kiste auf den Dachgepäckträger stemmte, stieg er von seinem Eimer und unterstützte sie mit energischen »Hauruck, Hauruck!«-Rufen.
    Seine Familie hatte sich längst daran gewöhnt, dass die alljährliche Urlaubsfahrt aussah wie ein Zug ins Manöver. Cornelia, die dreizehnjährige Tochter, schleppte gerade den letzten Koffer aus dem Haus, als sie Alex und Möhre über den Hof auf sich zukommen sah.
    »Darf ich kurz meinen Freunden Tschüss sagen, Papa?«
    »Gewährt!«, schnarrte Herr Uhland.
    Cornelia kam herüber. »Hi, Möhre! Tag, bescheuerter Bruder von Möhre!«
    »In die Berge, wie immer?« Alex überhörte die übliche Begrüßungsbeleidigung.
    »Ja, wir müssen nur noch den ganzen Krempel verstauen und dann geht’s los!«
    »Myriam, Alexander, kommt her, ihr beiden!«, rief Herr Uhland.
    »Wer beim Beladen hilft, kriegt fünfzig Cents, abgemacht?«
    »Herr Uhland.« Möhre holte tief Luft und setzte ihr unwiderstehlichstes Lächeln auf. »Ich glaube, Ihre Honorarvorstellung ist ein bisschen veraltet! Gepäckverladung plus Zuschlag wegen extremer Sonne macht … heutzutage wenigstens fünf Euro!«
    Herr Uhland stemmte entrüstet die Hände in die Hüften. »Fünf Euro? Als ich so alt war wie ihr, hätte ich mich schon über zehn Pfennig gefreut!«
    »Ja, ja«, säuselte Möhre, »die Inflation, die ewige Inflation …«
    »Na, lasst mal! Meine Frau und ich, wir schaffen das schon alleine. Nicht wahr, Schatz?«
    Frau Uhland, die schweißüberströmt eine riesige Kiste auf den Dachgepäckträger bugsierte, murmelte nur etwas Unverständliches und verdrehte die Augen.
    »Tja«, seufzte Cornelia übertrieben, »muss echt mies sein, den ganzen Sommer hierzubleiben. Wollt ihr mal ’n Bild von da sehen, wo wir immer hinfahren?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie ein Prospekt aus der Tasche und drückte es Alex in die Hand. Alex warf einen kurzen Blick auf den Umschlag. Glückliche Kühe, schneebedeckte Gipfel, sattgrüne Almen und im Vordergrund das Hotel »Alpenrose«.
    »Nicht schlecht, was?«, fragte Cornelia stolz.
    »Es geht so«, brummelte Alex lustlos. »Ich meine, Berge … wer will schon in die Berge, hm? Du kletterst ’ne Ewigkeit mit steinharten Waden bergauf, nur um oben festzustellen, dass dich die Aussicht für nichts, aber auch gar nichts entschädigt. Und dann kletterst du wieder runter, und wenn du viel Glück hast, wirst du nicht das Opfer einer Gerölllawine oder einer tollwütigen lila Kuh. Echt, nichts ist bescheuerter, als wie eine amoklaufende Bergziege über die Almen zu hecheln!«
    »Cornelia! Abmarsch!«, rief Herr Uhland und stieg von seinem Eimer. Seine Frau, die mit dem Verladen fertig war, ließ sich schnaufend auf den Beifahrersitz fallen und fächelte sich mit einer Zeitung Luft zu.
    »Ich muss los!«, erklärte Cornelia grinsend. Alex war neidisch, ganz klar, und das machte ihr die Abreise leichter. Eigentlich hatte sie selbst nicht die geringste Lust, schon wieder in die Berge zu fahren. Nichts war dämlicher, als morgens um sechs die Felsen hochzuklettern, während ihr Vater in Lederhosen und Tirolerhut Vorträge darüber hielt, dass nur »im gesunden Körper ein gesunder Geist« wohnen könne.
    Oder das allseits unbeliebte »Tautreten«. Mitten in der Nacht wurde man aus den Federn gerissen, um barfuß über eine nasse Wiese zu rennen – wo da der Gag liegen sollte, war Cornelia selbst nach fünf Jahren Bergurlaub noch nicht klar. Aber Alex’ Neid war besser als Kino.
    »Ich renne lieber wie eine amoklaufende Bergziege über die Almen, als dass ich wie ein
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