Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Wettbüro des Teufels

Im Wettbüro des Teufels

Titel: Im Wettbüro des Teufels
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
fliegen.

17. faccia di merda
     
    Das ,Finkmeier’ kam in Sicht. Warmes
Licht aus der gläsernen Panorama-Front strahlte den vier Wanderern entgegen.
    Gaby hatte kalte Füsse,
nörgelte aber deshalb nicht — wie sich das gehört für einen Teenie in vollem
Saft, der bald zur young Lady werden will.
    Klößchen hatte enormen Appetit
und nölte seinen Freunden die Ohren voll. Er sorgte sich, die Gäste hätten
vielleicht die Speisekarte kahl gefuttert.
    Tim hielt Gaby an der Hand, war
also wunschlos glücklich. Karl war ein wenig besorgt, allerdings aus anderem
Grunde als Klößchen. Karl sorgte sich um seinen Vater, den Professor, der zwar
als genialer Mathematiker und Physiker gilt, aber auch als zerstreut.
    „Wenn er Wein trinkt, muss er
zur Toilette. Und dann vergisst er den Reißverschluss vorn an der Hose. Läßt
ihn offen. Mutti stößt ihre Spektabilität zwar unterm Tisch an, aber dann ist
es schon zu spät.“
    „Wen stößt sie an?“, fragte
Klößchen.
    „Meinen Vater. Spektabilität
ist die Anrede für einen Dekan an der Uni — für den Leiter eines
Fachbereiches.“
    „Aha!“
    Röhrend näherte sich ein mittelschweres
Motorrad. Es kam aus derselben Richtung und Tim hörte am Klang, wer es war. Ein
Blick über die Schulter! Richtig! Schwarzes Leder und roter Helm.
    Auch der Feuerstuhl-Pilot hatte
TKKG erkannt, stoppte am Bordstein und schob an seinem Helm die Klarsichtscheibe
hoch.
    „Hallo, seid ihr’s?“
    Luciano Pergamotti war 19 und
ebenfalls Internatsschüler. Er ging in die 12 a. Und alle schätzten ihn als
einen verdammt netten Kerl. Sein Vater war ein schwerreicher Industrieller in
Mailand und Luciano dort aufgewachsen. Zur Heimschule gehörte er seit fünf
Jahren — inzwischen sprach er einwandfrei deutsch, behielt aber den charmanten
Akzent, der bei den Mädchen gut ankam.
    Luciano war hochgewachsen,
hatte schwarze Locken und dunkle Augen. Er mochte Tim und hätte sich gern mit
ihm angefreundet, aber der TKKG-Häuptling hält nichts von freundschaftlichen
Verzettelungen. Seine Welt ist der Viererclub TKKG und jede freie Minute
ohnehin seiner geliebten Pfote gewidmet. Allerdings wäre Luciano ein geeigneter
Freund gewesen, denn auch er liebte Abenteuer.
    „Ihr wollte sicherlich ins
Finkmeier“, vermutete er schlau. „Klößchen hat sowas erzählt. Eure Eltern
tafeln dort, wie?“

    „Und zu welcher Freundin willst
du?“, grinste Tim. Luciano lachte. „Zur Zeit habe ich keine. Außerdem will ich
zu harten Männern. Zum bloodsport. Zu Gladiatorenkämpfen. Dort kann man Wetten
abschließen. Ist irre spannend. Ist besser als in einer bettola rumzuhocken —in
einem Bumslokal. Die Arena ist zwar in culo al mondo — am A... der Welt — ,
aber man findet hin. Dort sind massenhaft impiegato da strazzo — Bürotrottel —
, aber sie wetten und wetten. Während sich die Kämpfer die faccia di merda
verbeulen, die...“
    „Pst!“, zischte Tim ihn an.
„Wir wissen, was das heißt. In Gabys Beisein keine Gossen-Vokabeln.“
    Luciano nickte. „Entschuldige!“
    „Du sprichst doch“, sagte Tim,
„von der Arena in der Käfermehrer Straße?“
    „Von der“, bestätigte Luciano.
    „Ich will auch hin.“
    „Nein, willst du nicht“, sagte
Gaby. „Wenn du Dampf ablassen musst, machst du das gefälligst in deinem
Karate-Verein, aber nicht in dieser bloodsport-Arena, wo sich beknackte
Preisboxer die faccia di merda verbeulen.“
    Tim beugte sich über seine
Freundin und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Du weißt doch, dass wir die
Infos brauchen. Von einem Halby. Über die Halby-Szene. Über die Bomber und
Zerstörer. Über die Vandalen. Von einem benommenen Halby könnte ich die
kriegen.“
    „Wir kriegen sie auch anders.
Du steigst nicht in den Ring!“
    Luciano ließ seine Maschine im Leerlauf
brummein und hörte gespannt zu. Karl und Klößchen grinsten.
    „Machen wir’s so“, schlug Tim
vor: „Ich fahre mal rasch mit Luciano zur Arena. Auf dem Soziussitz hat ja nur
einer Platz. Ihr geht ins Finkmeier. Ich komme bald dazu, denn ich will ja nur
mal die Szene beleuchten. Vielleicht ist gar kein Halby da.“
    „Aber du gehst nicht in den
Ring“, forderte Gaby.
    „Ich versprech’s.“
    Mit süßem Lächeln nahm sie ihm
die Sporttasche ab, die ihm am Lederriemen von der Schulter hing — die Tasche, in
der er seine Sportsachen hatte.
    „Die brauchst du dann auch
nicht. Die nehme ich mit ins Finkmeier.“
    „Hm. Sie ist schwer.“
    „Überhaupt nicht, Tim.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher