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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
Autoren: Charlotte Link
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weites, offenes Gelände vor sich, ehe er den Hafen erreichte. Er musste versuchen, sich vom Wasser fort in Richtung Innenstadt zu bewegen und dort ein Versteck zu finden. Er war schnell, das wusste er, oft genug hatte er selbst hartnäckige Verfolger schließlich abgehängt. Weil er eine tolle Kondition hatte, weil er Haken schlagen konnte wie ein Hase, weil er Swansea wie seine Westentasche kannte. Allerdings war ihm der verdammte Polizist ungewöhnlich dicht auf den Fersen, obwohl er erst noch aus dem Auto hatte springen müssen und obwohl Ryan einen beachtlichen Vorsprung gehabt hatte. Ebendieser Vorsprung war beängstigend stark geschmolzen.
    Ryan erhöhte sein Tempo. Er keuchte ein wenig, aber noch nicht zu sehr. Sein Arm, der bei der Schlägerei neulich so viel abbekommen hatte, schmerzte höllisch, aber darum kümmerte er sich nicht. Er konzentrierte sich jetzt vollständig auf seine Flucht, kannte sich mit der Situation gut genug aus, um zu wissen, dass er jetzt keine Energien auf die Frage verwenden durfte, was eigentlich passiert war, aber dennoch bohrte sie in seinem Hinterkopf, beharrlich und nicht zum Verstummen zu bringen: Wie konnte das geschehen? Wie konnte das geschehen?
    Es gelang ihm nicht, einen komfortablen Abstand zwischen sich und seinen Verfolger zu bringen, im Gegenteil, fast hatte es den Anschein, als werde der Polizist immer schneller. Welchen verfluchten Sprinter hatten die da bloß ausgegraben? Und wo war eigentlich der zweite Bulle geblieben? Es hatten zwei Personen in dem Auto gesessen. Wahrscheinlich hatten sie den längst abgehängt.
    Mit einem zackigen Haken, den er durch nichts vorher in seinen Bewegungen angekündigt hatte, bog Ryan nach links, setzte mit einem Hechtsprung über ein Absperrgitter und gelangte in die Recorder Street, die die Häuser und kleinen Gärten hinter dem Haus, in dem Debbie wohnte, zusammen mit der Oystermouth Road in einem Karree umschloss. Keine optimale Variante, und er hätte sie nie gewählt, wäre der andere nicht so nah gewesen. Rechterhand, jenseits des West Way, befand sich der große Tesco -Parkplatz, der zu dieser Stunde am Sonntagabend ziemlich leer war und keine Möglichkeit zum Untertauchen bot. Er musste jetzt schnell einen Hinterhof finden und dann versuchen, über Mauern, Schuppendächer und Gartenhäuschen zu turnen, in der Hoffnung, dass er darin wenigstens dem Bullen überlegen war. Wenn er ihn los war, galt es, ein Versteck zu finden, dann konnte er weiter überlegen. Die Entführung musste er abbrechen, ganz klar, Vanessa Willard schnellstmöglich befreien und dann …
    Der Schatten tauchte so unvermittelt vor ihm auf, dass Ryan weder stehen bleiben noch ausweichen konnte. Er knallte frontal mit der Person zusammen, die aus einem schmalen Durchgang zwischen den Häusern auf einmal erschienen war, und während sie beide zu Boden gingen und er die Stimme des anderen hörte, die »Polizei!« sagte, wurde Ryan bewusst, dass er diesmal seine Gegner gründlich unterschätzt hatte und dass dies sein allerdümmster Fehler während der letzten zwölf Stunden gewesen war. Der eine konnte schneller rennen als gedacht, und der andere kannte sich offenbar bestens aus, hatte sogar gewusst, dass es durch die Gärten hinter Debbies Haus eine Möglichkeit gab, direkt in die Recorder Street zu gelangen. Gemeinsam hatten sie ihn genau in die Falle getrieben, in der er jetzt steckte. Jemand drehte seinen Arm auf den Rücken und zog ihn langsam auf die Füße. Handschellen schlossen sich um seine Gelenke.
    »Ryan Lee, Sie sind vorläufig festgenommen. Wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung.«
    Wie bitte?
    In welchem idiotischen Film war er denn jetzt gelandet?
    3
    Die Antwort auf diese Frage bekam er auf dem Polizeirevier.
    Die Kneipenschl ägerei vom vergangenen Donnerstag. Der Typ, den er gar nicht näher kannte, der irgendwelchen Stuss von sich gegeben und ihn so wütend gemacht hatte. Er hatte dem Idioten ganz schön zugesetzt, dessen entsann er sich dunkel, aber doch nicht so, dass daraus eine schwere Körperverletzung wurde. Der ganze Abend mit seinen Geschehnissen, Bildern und Eindrücken wogte nur dunkel durch seine Erinnerungen, denn er hatte extrem viel getrunken, war nach der Schlägerei nach Hause gewankt, hatte dort weitergetrunken und zu später Stunde einen völligen Filmriss gehabt, aber das alles konnte doch nicht … so wild gewesen sein, wie die es jetzt darstellten?
    »Ist es … ist es denn wirklich so schlimm?«, fragte
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