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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman
Autoren: Barbara Delinsky
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drängte Molly und blickte zu dem medizinischen Personal, das an der Tür stand. »Sie warten darauf, sie nach oben zu bringen, und wir verzögern das nur. Sobald sie dort ist, können wir über Spezialisten reden, sogar darüber, sie zu verlegen; aber sollten wir ihr jetzt im Augenblick nicht die bestmögliche Chance geben?«
     
    Molly folgte den anderen auf die Intensivstation und sah zu, wie das Team Robin fertig machte. Einmal konnte sie fünf Ärzte und drei Schwestern im Zimmer zählen, was sowohl erschreckend als auch beruhigend war. Monitore wurden angeschlossen und Vitalfunktionen überprüft, während das Beatmungsgerät ein- und ausatmete. Alle ein, zwei Minuten sprach jemand laut mit Robin, doch sie reagierte nicht.
    Kathryn verließ das Bett nur, wenn ein Arzt oder eine Schwester hinmusste. Die übrige Zeit hielt sie Robins Hand, streichelte ihr Gesicht, drängte sie zu blinzeln oder zu stöhnen.
    Während Molly sie von der Wand aus beobachtete, wurde sie von dem Wissen verfolgt, dass ihre Mutter recht hatte. Wenn Robin früher zu atmen angefangen hätte, gäbe es keinen Hirnschaden. Wenn Molly bei ihr gewesen wäre, hätte Robin früher geatmet.
    Doch sie war nicht die Einzige, die Robin im Stich gelassen hatte. Sie konnte ihrer Mutter keinen Vorwurf daraus machen, dass sie vorhin in der Notaufnahme wie verrückt gewesen war, aber wo war ihr Vater? Er sollte doch der Ruhige sein. Was hatte er sich nur dabei gedacht, Kathryn sich so aufführen zu lassen? Selbst Chris hätte Einspruch erheben können.
    Sie hatten nicht den Mumm dazu, beschloss Molly und korrigierte sich dann. Sie wussten es besser.
    Du hast Probleme. Du hattest schon immer Probleme mit Robin.
Sie wusste, ihre Mutter war erregt, doch Molly hatte genug Schuldgefühle, um von den Worten zutiefst getroffen zu sein.
    Während die Minuten vergingen und die Apparate piepten, erinnerte sie sich daran, wie sie ab und zu eine telefonische Nachricht gelöscht, den falschen Energieriegel gekauft oder eine Lieblingslaufkappe verlegt hatte. Jedes Vergehen konnte mit etwas Gutem aufgewogen werden, das Molly getan hatte, doch das Gute ging in der Schuld verloren.
    Chris verließ das Krankenhaus um Mitternacht, ihr Vater um ein Uhr. Charlie hatte versucht, Kathryn dazu zu bringen, mit ihm zu gehen, jedoch ohne Erfolg. Molly nahm an, dass ihre Mutter fürchtete, etwas Schreckliches könnte geschehen, wenn sie nicht da wäre, um Wache zu halten. Kathryn hatte Robin immer beschützen wollen.
    Molly hoffte, dass ihre eigene Anwesenheit vielleicht ein kleiner Schritt auf dem Weg wäre, in Kathryns Augen wiedergutzumachen, was sie früher an dem Tag nicht getan hatte, und blieb länger. Um zwei Uhr jedoch schlief sie auf ihrem Stuhl ein. »Bist du sicher, dass ich dich nicht heimfahren soll?«, fragte sie ihre Mutter.
    Kathryn blickte kaum auf. »Ich kann nicht gehen«, sagte sie und fügte hinzu: »Warum warst du nicht bei ihr, Molly?« Das tat sie mit einer Geschwindigkeit, die zeigte, dass sie nur darüber brütete.
    »Ich war in Snow Hill«, versuchte Molly zu erklären. »Die Geschäftsführungssitzung, erinnerst du dich? Ich wusste nicht, wie lange es dauern würde. Wie konnte ich mich da Robin verpflichten?« Da war außerdem noch die Sache mit der Katze. Doch eine Katze vor ihre Schwester zu stellen war armselig.
    Kathryn fragte nicht, wie lange die Sitzung gedauert hatte. Sie fragte nicht mal, wie es gelaufen war. Wenn sie über etwas brütete, dann über Mollys Nachlässigkeit gegenüber Robin, nicht über Snow Hill.
    Und Molly war schuldig. Dieser Gedanke drückte sie nieder, bevor sie schließlich das Schweigen brach und fragte: »Kann ich dir etwas bringen, Mom? Vielleicht Kaffee?«
    »Nein. Aber du kannst mich in der Arbeit ersetzen.«
    Erschrocken stieß Molly den Atem aus. »Ich kann nicht zur Arbeit gehen, wenn Robin so ist.«
    »Du musst. Ich brauche dich dort.«
    »Kann ich hier nichts tun?«
    »Hier gibt es nichts zu tun. Es gibt aber jede Menge in Snow Hill zu tun.«
    »Was ist mit Dad? Und Chris?«
    »Nein, du.«
    Sie will mich nicht in der Nähe haben, erkannte Molly, und ihre Verzweiflung wuchs. Doch sie war zu müde, um um Gnade zu betteln, sogar zu ausgelöscht für Tränen. Nachdem sie Kathryn gebeten hatte, sie anzurufen, sollte sich irgendetwas ändern, schlüpfte sie zur Tür hinaus.

[home]
3
    M ollys Cottage lag nach Süden, so dass der Speicher das ganze Jahr über Sonne hatte, während der Wald hinter dem Garten den
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