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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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er und ließ ihre Hand los. »Hören Sie auf, Eliza, ich muss Ihnen etwas zeigen.«
    »W as immer es ist, ich will es nicht sehen!«, rief Eliza.
    »Nicht so laut! Sie werden ihn noch erschrecken«, sagte Brodie.
    Eliza musterte ihn verwirrt. War er verrückt geworden? Was er sagte, ergab keinen Sinn.
    Brodie blieb neben einem Baumstamm stehen und warf das Huhn auf eine kleine Erhebung, die etwa zwanzig Meter entfernt war. »Seien Sie jetzt bitte ganz still«, sagte er und nahm wieder ihre Hand.
    »Nein! Lassen Sie mich los, bevor ich hier alles in Grund und Boden schreie!«
    Brodie zeigte auf den kleinen Hügel. »Sehen Sie sich das an«, sagte er leise.
    Eliza wollte protestieren, wandte sich dann aber um und folgte seinem Blick. Ihr Protest erstarb ihr auf den Lippen. Sie traute ihren Augen nicht. »Ist das … ist es …« Sie brachte die Worte nicht über die Lippen.
    »Ja, das ist der Wolf. Und wie Sie sehen, ist er gesund und munter.«
    Der Wolf sah wundervoll aus. Sein Fell glänzte von den Regentropfen, und er wirkte in seiner neuer Umgebung rundum zufrieden. Mit seinen klugen Augen schaute zu ihr und Brodie hinüber, und Eliza fragte sich unwillkürlich, ob er sie erkannte. Doch er war mehr an seiner Mahlzeit, dem Huhn, interessiert.
    Wieder traten Eliza Tränen in die Augen, aber diesmal waren es Tränen der Freude. Sie blickte zu dem Schuppen, wo das ausgestopfte Tier auf dem Boden lag. »Und was ist das?«, fragte sie.
    »Das ist der … nun, der Ersatzwolf, den ich mit nach Tanta­noola nehmen werde«, sagte Brodie. »Er gehört einem Freund von mir. Er hat ihn schon seit Jahren, deshalb hoffe ich, dass niemand ihn sich allzu genau anschauen wird. Mein Freund hat ihn bei einem Kartenspiel von einem russischen Matrosen gewonnen. Es ist ein assyrischer Wolf. Ich glaube, unser Wolf hier gehört auch zu dieser Art.« Er schaute wieder zu dem Tier, das inzwischen das Huhn verspeist hatte.
    »Ja«, sagte Eliza, der plötzlich die Zusammenhänge klar wurden. »Sarah Hargraves hat mir erzählt, zwei russische Schiffe hätten vor etwa einem Jahr hier an der Küste Schiffbruch erlitten. Wir dachten uns, der Wolf könnte vielleicht von dort gekommen sein.«
    »Das ist eine plausible Erklärung«, sagte Brodie.
    »W ie haben Sie ihn hierher bekommen?«, fragte Eliza.
    »Ich habe ihn auf Barneys Hühnerhof in die Enge getrieben und eine Decke über ihn geworfen. Dann habe ich ihn gefesselt und auf Matildas Wagen hierher geschafft. Es war nicht einfach, denn er hat sich nach Kräften gewehrt. Aber jetzt ist er in Sicher­heit. In der Gegend um Tantanoola werden ihn jetzt alle für tot halten, und die Aborigine-Fährtenleser werden wohl bald ab­reisen.«
    »Aber die wussten doch gar nicht, dass es den Wolf gab.«
    »Doch, das wussten sie. Als ich einmal in der Stadt war, hörte ich, wie sie über ihn sprachen. Sie hatten seine Pfotenabdrücke und andere Spuren gefunden, die er hinterlassen hatte. Natürlich wussten sie nicht wirklich , dass es ein Wolf ist, aber sie wussten zumindest, dass es kein Haushund und kein Dingo war. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn in der Höhle aufgespürt und erschossen hätten.«
    »Aber wenn er hier sicher war, hätten sie ihn doch gar nicht finden können«, sagte Eliza.
    Brodie schaute sie an. »Nein, aber auf der Suche nach ihm hätten sie womöglich den Tiger von Tantanoola gefunden. Ich weiß, dass er irgendwann weiterziehen wird, wie er es immer getan hat. Vielleicht ist er ja schon fort, aber ich wollte das Risiko nicht eingehen.« Brodie blickte verlegen, als er zugab, dass er jetzt um den Tiger besorgt war. »Ich musste den Leuten in der Stadt sagen, es sei der Wolf, der ihre Schafe getötet hätte, und dass ich ihn erschossen hätte. Und ich werde ihnen einen Beweis dafür bringen müssen, damit die Fährtenleser und die Jäger verschwinden. Deshalb werde ich ihnen das ausgestopfte Tier präsentieren.«
    »Das verstehe ich alles nicht. Warum haben Sie das getan?«, fragte Eliza. »Sie sind doch Jäger, und Sie haben mir immer gesagt, der Tiger müsse getötet werden.«
    »Ich bin kein Jäger mehr.« Brodie warf einen Blick auf den Wolf. »Er ist ein schönes Tier, und ich hatte ihn mehrmals vor meinem Gewehr, aber ich konnte einfach nicht abdrücken. Meine Zeit als Jäger ist vorbei. Den Wolf mit eigenen Augen zu sehen hat mich das begreifen lassen. Und falls der Tiger nach Tanta­noola zurückkommt oder in anderen Städten in der Gegend gesichtet wird, werde ich
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