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Im Schatten des Dämons

Im Schatten des Dämons

Titel: Im Schatten des Dämons
Autoren: Stefan Wolf
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Baulöwe saß im Besuchersessel,
breitbeinig. Seine säulenartigen Beine schlug Bonzemann nur selten
übereinander. Es war zu unbequem.
    „Diesmal wird’s wirklich so sein,
Erwin.“
    „Was?“
    „Du hast Grund zur Gänsehaut, meine
ich.“
    „Dann fang gar nicht erst davon an.“
    „Doch, doch. Es muß sein. Du schuldest
mir mehr als einen Gefallen. Vergiß nicht, daß du deine ganze Existenz hier
meinem Schweigen verdankst. Du bist kein Arzt. Hast nur ein paar Semester
Medizin studiert. Das zählt nicht. Alle deine Papiere sind gefälscht.“
    Prunk stöhnte. „Ich weiß, daß meine
Zeit bemessen ist. Irgendwann fliege ich auf. Bis dahin muß ich mein Vermögen
zusammenhaben. Damit ich abhauen kann in den sonnigen Teil der Welt.“
    „Also gut, ich bezahle dich für deine
Hilfe. Aus alter Freundschaft.“
    Prunks wäsche-blaue Augen weiteten
sich.
    „Du bezahlst? Es wird ja immer
schrecklicher. Wenn du Geld lockermachst... Wen soll ich umbringen?“
    „Pst, nicht so laut.“
    „Die Türen sind gepolstert. Uns hört
niemand.“
    Bonzemann lehnte sich zurück. Er hatte
eine neue Zigarre angezündet und rauchte genußvoll.
    „Es wird allerhöchste Zeit, Erwin, daß
ich Susanne loswerde.“
    „Deine Frau? Meinst du die?“
    „Wen sonst. Sie ist nicht mitgewachsen
mit mir. Sie hemmt mich. Sie mißbilligt meine großen Projekte — hier und im
Ausland — in einer Weise, die sich nicht auf Naserümpfen beschränkt. Ich
befürchte, Susanne wird sich in allernächster Zeit ganz gegen mich wenden.
Und... Also, sollte es polizeiliche Ermittlungen geben, dann kann ich mich
nicht mehr auf sie verlassen. Sie hat Moralbegriffe. Und einen
Gerchtigkeits-Wahn.“
    „Schlimm!“ nickte Prunk. „Sowas kann
zermürben.“
    „Durch Trennung oder Scheidung schaffe
ich das Problem nicht aus der Welt. Susanne ist 49. Sie hatte ein feines Leben.
Lassen wir’s genug damit sein.“
    Prunk schnaubte durch seine etwas engen
Nasengänge.
    „Du erwartest doch nicht etwa, daß ich
bei ihrer bevorstehenden Mandel-Operation einen Kunstfehler begehe und sie
hinüberleite — ins ewige Leben. Karl-Erich! Meine Patienten sterben nicht. Ich
kann mir keine Untersuchung, keine Nachprüfung erlauben. Es wäre vorbei mit dem
Doktor-Spiel.“
    Bonzemann grinste breit.
    „Dann könntest du gleich dort bleiben,
wo du so gern operierst.“
    Damit spielte er an auf Prunks
Nebeneinnahme. Denn außer seiner Tätigkeit hier verdingte sich der medizinische
Scharlatan als Gefängnis-Arzt.
    In der Landes-Strafanstalt, die
bekanntlich außerhalb der Stadt liegt, hielt er einmal wöchentlich Hals,
Nasen, Ohren- Sprechstunde ab für die Knastis.
    Zu Hunderten hatte er dort chronisch
entzündete Mandeln entfernt. Aber seine Spezialität war die Ohren-Spülung.
Strafgefangene, denen er auf diese Weise die Lauscher säuberte, konnten hernach
deutlich besser hören.
    „Du sagst es“, nickte Prunk. „Deshalb
verlang so was nicht von mir.“
    „Tu ich auch nicht.“
    „Sondern?“
    „Ich denke an dein Hobby, Erwin.“
    Prunk wußte sofort, was gemeint war.
    „Du brauchst mich als Spezialisten für
Hypnose.“
    „Genau. Du hast mir mal erklärt, daß
man nahezu alle Menschen hypnotisieren kann. Also einlullen, daß sie schlafen
und sich in einem Zustand befinden, von dem sie nichts wissen. Dann gibst du
ihnen Befehle, und die führen sie aus. Auch später — wenn sie wieder wach und
völlig bei sich sind.“
    Prunk nickte. „So was nennt man
posthypnotischen Befehl. Also einen inneren Befehl, dem der Betreffende nach
der Hypnose gehorcht. Er weiß nicht, warum, aber er tut’s.“
    „Während du jemanden in Hypnose vor dir
hast, programmierst du ihm den Befehl ein.“
    „So ungefähr.“
    „Und der Mensch weiß hinterher nichts
davon.“
    „Er hat keine Ahnung.“
    Bonzemann rieb sich das Kinn. „Nicht
übel. Ich wüßte eine Menge Anwendungsgebiete. Aber, um mal Nägel mit Köpfen zu
machen! Du hast mir außerdem erklärt, daß man auch unter Hypnose niemanden dazu
bringen kann, gegen seine Moral zu verstoßen. Wer also im Wachzustand nicht
morden kann, tut’s auch in Hypnose nicht.“
    „Das ist richtig.“
    „Hm. Dann nützt mir dein Hokuspokus
nichts. Ich hatte mir nämlich vorgestellt...“
    Er sprach nicht weiter, lutschte
mißmutig an der Zigarre und überlegte.
    „Willst du, daß Susanne jemanden
umbringt?“ fragte Prunk.
    „Sich selbst soll sie umbringen.“
Bonzemann ballte eine Faust. „Aber sie ist nicht der Typ. So was
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