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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Platz«, sagte ich.
    Die Haut um seine Augen war bleich. Kater. Er setzte sich und faßte sich an die Schläfe, als wäre sie wund.
    »Das mit dem Lohnknecht tut mir leid. War nicht meine Idee«, sagte er.
    »Von wem stammte sie dann?«
    »Mikey stellt sich auf den Standpunkt, daß er über alles zu entscheiden hat, was Auswirkungen auf den Film hat.«
    »Wie alt sind Sie, Mr. Sykes?«
    Er machte große Augen und schürzte die Lippen.
    »Vierzig. Na ja, eigentlich dreiundvierzig«, sagte er.
    »Als Sie sich betrunken hinters Steuer gesetzt haben, mußten Sie da auch diesen Mann um Erlaubnis bitten?«
    Er blinzelte, als hätte ich ihm einen Schlag versetzt, ein feuchter Laut brach aus seiner Kehle, und er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll«, sagte er. Er hatte einen eigentümlichen Akzent, Nord-Texas, etwas belegt, leicht näselnd, als hätte er einen groschengroßen schmelzenden Eisklumpen in der Wange. »Ich habe mein Wort gebrochen, das ist mir völlig bewußt. Aber ich lasse auch noch andere im Regen stehen, Mr. Robicheaux. Es kostet zehntausend Dollar die Stunde, wenn man hundert Menschen rumstehen lassen muß, während ein Typ wie ich zusieht, wie er seinen Hals aus der Schlinge bringt.«
    »Ich will mal hoffen, daß Sie das geregelt kriegen.«
    »Ich schätze, hier ist der falsche Ort, um Aspirin und Mitgefühl zu suchen, stimmt’s?«
    »Ein Deputy aus dem St. Mary Parish wird sich mit uns mit einem Boot am Chitimacha Indianerreservat treffen, Mr. Sykes. Ich gehe davon aus, daß er jetzt schon auf uns wartet.«
    »Okay, ich muß zugeben, eigentlich freue ich mich drauf. Habe ich Ihnen gestern abend eigentlich erzählt, daß mein Großvater ein Texas Ranger war?«
    »Nein, das haben Sie nicht.« Ich sah auf die Uhr.
    »Na ja, Tatsache, das war er. Er hat mit Frank Hammer gearbeitet, dem Ranger, der oben in Arcadia, Louisiana, Bonny und Clyde erwischt hat.« Er lächelte mich an. »Wissen Sie, was er mir immer gesagt hat, als ich klein war? ›Sohn, es gibt zwei Arten, auf die Tube zu drücken – volles Rohr und zur Hölle.‹ Mann, das war eine Kanone. Er –«
    »Lassen Sie mich mal kurz was klarstellen. Und nehmen Sie’s nicht persönlich.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Gestern hat jemand auf der Südseite des Bezirks ein neunzehnjähriges Mädchen vergewaltigt und ermordet. Er hat ihr die Brüste abgeschnitten, die Eingeweide aus dem Bauch gerissen, Zweige in die Vagina gestopft. Ich hab’s nicht so gerne, hier in meinem Büro drauf zu warten, daß Sie aufkreuzen, wann es Ihnen paßt. Die Probleme Ihrer Filmgesellschaft interessieren mich nicht, und an einem Morgen wie diesem wäre ich Ihnen ausgesprochen dankbar dafür, wenn Sie die Histörchen aus Ihrer Familiengeschichte Ihrem Werbefritzen überlassen würden.«
    Er versuchte mir in die Augen zu sehen, aber dann wurden seine Augen wäßrig und blickten weg.
    »Wenn ich vielleicht mal Ihre Toilette benutzen dürfte«, sagte er. »Ich fürchte, mir ist heute morgen was auf den Magen geschlagen.«
    »Ich warte draußen. Zwei Minuten, Mr. Sykes.«
    Der Himmel war hell und etwas diesig, der Wind heiß wie Feuer, als wir in Richtung Atchafalaya River fuhren. Zweimal mußte ich anhalten, damit Elrod Sykes sich am Straßenrand übergeben konnte.
    Es war ein seltsames Gefühl, nach so vielen Jahren wieder diesen Teil des Atchafalaya-Beckens zu betreten. Im Juli 1957, nachdem der Hurrikan sich verzogen und die Sturzflut endlich aufgehört hatte, rochen die überfluteten Waldungen und Bauminseln, die Kanäle, deren Blätterdächer so dicht waren, daß kaum je Sonnenlicht aufs Wasser fiel, und die Strandstreifen entlang der Buchten noch wochenlang nach Tod. Dieser Geruch, schwer, modrig, stechend wie der einer verwesenden Ratte, schien den ganzen Tag lang in der Hitze zu stehen, und nachts wehte er durch den Fliegenschutz auf dem Mannschaftsboot, und er erwartete einen morgens, wenn man durch die Kombüse in den Speisesaal trat.
    Viele der Tiere, die nicht ertranken, verhungerten. Waschbären kletterten die Vertäuung hoch und kratzten an der Gazeverkleidung der Kombüse nach Futter, und wir holten viele Hasen aus den Baumwipfeln, die kaum noch übers Wasser ragten, und brachten sie mit dem Wannenboot zum Damm bei Charenton. Manchmal trieben nachts in der Dunkelheit riesige Bäume vorbei, deren Wurzelverästelungen so breit wie Scheunendächer waren, und kratzten von Bug bis Heck mit den Ästen am Schiffsrumpf
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