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Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)

Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)

Titel: Im Notfall Buch aufschlagen: Tipps für alle möglichen Katastrophen (German Edition)
Autoren: Tobias Moorstedt , Jakob Schrenk
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vielleicht ist Batman ja nicht so. Vollkommen ausgelastet scheint der Superheld nicht zu sein. Warum sonst würde er sich von seinem Polizistenfreund Gordon nicht nur bei Notfällen rufen lassen, sondern auch, wenn Gordon mal Lust auf ein gutes Männergespräch hat?
    Kollege Superman hilft vor allem Menschen im Epizentrum eines epochalen Ereignisses wie einem einstürzenden Staudamm oder Jahrhundert-Beben. Obwohl sein Alter Ego Clark Kent als Journalist arbeitet, ist Superman kein Informations-Junkie, der permanent mit Smartphone oder Supersinnesorganen die Nachrichtenlage checken würde. Superman erfährt oft nur durch Fernsehen oder Nachrichtenagenturen von einer Katastrophe wie einem abstürzenden Spaceshuttle. Manchmal gibt ihm auch die Reporterkollegin Lois Lane einen Tipp über Pläne und Bewegungsmuster der Superschurken.
    Superman ist zwar öfter in Telefonzellen zu sehen, er zweckentfremdet sie allerdings nur als Umkleidekabine, und über eine Mobilnummer ist auch nichts bekannt. Um den Helden auf sich und die Notlage, in der man steckt, aufmerksam zu machen, könnte es helfen, sich in der Nähe von Fernsehkameras aufzuhalten und mit Journalisten befreundet zu sein. Wirkung könnte auch ein Vorfahre des Fernsprechapparats zeigen: der gellende Hilfeschrei, denn Superman besitzt einen beeindruckenden Gehörsinn, der allerdings auf Grund einer voremanzipatorischen Filtertechnik vor allem auf die Hilfeschreie hübscher Frauen reagiert. Männer müssen eben versuchen, in möglichst hohen Tonlagen zu kreischen.
    Peter Parker, alias Spiderman, stolpert dagegen eher zufällig von einer Rettungstat zur nächsten. Spiderman ist tagsüber an der Uni beschäftigt und zieht oft erst nach Betriebsschluss der Bibliothek los, um den Frust über Lehrplan und Kommilitonen abzulassen. Spiderman schwingt sich an Seidenfäden durch die Stadt und hat eine Art sechsten Sinn, der ihn vor nahenden Gefahren warnt. Auch er hat keinen Pager oder eine feste Funkfrequenz. Allerdings kann man sein Erscheinen provozieren, indem viele Menschen an einem Unglücksort zusammenkommen, klagende Laute ausstoßen und verzweifelt mit den Händen ringen. Da Spiderman ausschließlich von oben angreift, sind Häuserschluchten und Wolkenkratzer sein bevorzugter Lebensraum. Wer auf dem flachen Land in Not gerät, kann nicht auf den Spinnenkrieger zählen.
    Superhelden sind auch nur Menschen. Die Wahrscheinlichkeit, von ihnen gerettet zu werden, hängt vor allem damit zusammen, ob man sie auch privat kennt oder sie einen sogar mögen. Vitamin B eben. Attraktive Frauen in Not, die von der wahren Identität des Helden nichts wissen und ihn im Alltag für einen Langweiler ohne Mumm halten, reizen ihn so zu Liebesbeweisen und Macho-Stunts und haben deswegen die besten Chancen, gerettet zu werden. Ehe man einem Superhelden vorschnell Vorwürfe wegen einer ausgebliebenen Rettungsaktion oder der mangelhaften Arbeitsmoral macht, sollte man sich allerdings überlegen, dass es in ihrer Natur (sprich: Geheimidentität) liegt, sich rar zu machen. Die Helden tauchen nur dort auf, wo es wirklich brennt, und leiden die übrige Zeit unter der Tatsache, dass selbst sie nicht überall gleichzeitig sein können.
    Der Superheld an sich, schreibt der Schriftsteller Jonathan Lethem, «ist eine depressive Gestalt», ausgegrenzt, einsam, unverstanden. Die Superheldenverfilmungen der letzten Jahre basieren ebenfalls auf dieser Diagnose. Bruce Wayne ist in The Dark Knight ein dunkler Hedonist, dem das Leben nichts mehr zu bieten hat. Er bekämpft das Verbrechen nur zu einem Teil aus Überzeugung, der Rest ist Frustabbau und edles Ennui. Spiderman hingegen erscheint als verunsichertes Studentenbürschlein, das in der Großstadt auf Hartz-IV-Niveau lebt und in Selbstmitleid versinkt. Der Iron Man? Manisch-depressiv. Hulk? Bitte! Und selbst Superman ist nur eine getriebene Seele, die keine Heimat findet und manchmal in das leere und schwarze Weltall flüchtet. Wenn man es so sieht, muss man schon sehr gute Gründe haben, um mit diesen kaputten Typen überhaupt Kontakt aufnehmen zu wollen.

[zur Inhaltsübersicht]
    62. Freier Fall DEEP IMPACT
    Wie man einen Sturz aus der Stratosphäre überlebt – ohne Fallschirm!

    Die weit verbreitete Höhenangst ist das schlechte Gewissen eines Steppentieres, das sich in Zonen vorgewagt hat, in denen es nichts zu suchen hat. Im Flugzeug oder auf der Aussichtsplattform eines Wolkenkratzers fürchten sich viele Menschen vor dem bodenlosen Sturz,
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