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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman
Autoren: Amanda Coplin
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Reden zuzuhören. Babys wurden ihm gereicht, und er hielt sie im Arm. Blickte in ihre unschuldigen, makellosen Gesichter. Eins von ihnen – es hatte dunkle, alte Augen – streckte die Hand aus und packte ihn an der Nase.
    Ein Mädchen von neun, zehn Jahren zupfte den Cowboy ständig am Ärmel, flüsterte ihm, die Hände um den Mund gelegt, etwas zu – ein Geheimnis – und warf dabei immer wieder Seitenblicke auf Clee. Der Cowboy schob sie ein ums andere Mal von sich. Aufgebracht gab er schließlich nach, sagte: Ja, ja, und scheuchte sie weg. Das Mädchen ging zaghaft, aber lächelnd zu Clee. Die Hände schüchtern auf den Rücken gelegt.
    Sie möchte, dass du ihr beim Reiten zusiehst, sagte der Cowboy. Sie wartet schon seit einer Weile auf dich …
    Clee schaute das Mädchen an. Er erkannte sie nicht. Aber über die Jahre waren viele Kinder geboren worden, und er konnte sich nicht an alle erinnern …
    Lass ihn in Ruhe, er isst noch!, sagte eine der Frauen auf Nez Percé.
    Doch Clee stand auf. Das Mädchen griente und nahm seine Hand.
    Sie führte ihn nur ein paar Schritte weit, aus dem Schein der vielen Feuer heraus. Sie versuchte, auf eine graue Stute zu steigen, die zu groß für sie war, und schaffte es nicht. Als Clee sah, dass sie den Mut verlor, half er ihr hinauf. Dann trat er zurück.
    Das Mädchen lenkte das Pferd aufs Feld und ritt im Kreis, nie sehr weit von ihm entfernt. Jedes Mal, wenn sie an ihm vorbeikam, strahlte sie. Er nickte ihr zu.
    Die Sterne leuchteten hell über ihnen, und ab und zu spürte er die Hitze der Feuer im Rücken. Die Stimmen der Leute bildeten ein dauerndes Grundgeräusch, schwollen an und ab, an und wieder ab. Das Mädchen kam jetzt aus der tieferen Dunkelheit zu ihm geritten; lautlos die Bewegungen des Pferds. Ein sanfter Wind, wie ein Seufzen, strich über die Erde, und einen Moment lang war ihm, als hätte sein Körper sich in Luft aufgelöst.
    Guck mal, guck mal!, rief das Mädchen. Er nickte, und sein Herzschlag hallte durch seinen Körper, der sich vor Angst und Freude hohl anfühlte.

    Angelene war dabei, ihren Marktstand abzubauen, als ein Junge hinter ihr auftauchte und sie an der Schulter berührte.
    Sie war allein. Es war Spätsommer; seit dem Frühling kam sie regelmäßig her, um Obst zu verkaufen. Talmadge war inzwischen zu schwach geworden und blieb dauerhaft auf der Plantage.
    Was?, fragte sie den Jungen, der reglos dastand und sie anstarrte. Sie fuhr fort, die Früchte in Körbe zu legen und alles hinten in dem Wagen zu verstauen.
    Die Frau vom Postamt will dich sprechen. Sie sagt, du sollst vorbeikommen, bevor du nach Hause fährst.
    Mach ich.
    Sie hat gesagt, du sollst sofort kommen.
    Angelene sah den Jungen an. Erst jetzt bemerkte sie, dass er ängstlich wirkte. Sie lud den Rest in ihren Wagen und lenkte das Maultier zum Postamt. Ein Telegramm vom Gefängnis war gekommen.
    Sie fuhr zu Caroline Middey und zeigte ihr das Telegramm. Sie setzten sich auf die Veranda vor dem Haus, und nach einer langen Weile ging Caroline Middey hinein und kochte Tee.
    Was sollen wir ihm sagen?, fragte Angelene und wischte sich das Gesicht ab.
    Die Wahrheit, antwortete Caroline Middey. Was gibt es sonst zu sagen?
    Doch sie blieben dort sitzen und rührten sich nicht. Ihr Tee wurde kalt. Angelene übernachtete bei Caroline Middey, und erst am nächsten Morgen brachen sie gemeinsam zur Plantage auf.
     
    Della hatte sich freiwillig zu einem Arbeitseinsatz gemeldet, bei dem sie unter anderem auf im Bau befindliche Häuser klettern musste – was man ihr erlaubt hatte, als sie erfuhren, dass sie einmal in einem Holzfällerlager Baumkronen gekappt hatte. Einen Tag zuvor war sie vom Gerüst gefallen und hatte sich das Genick gebrochen. Sie war sofort tot gewesen. Es gab Geschirr und andere Sicherheitsausrüstung, die sie hätte tragen sollen, aber das hatte sie nicht getan.

    Als der Zug mit ihrem Leichnam aus Walla Walla eintraf, standen Talmadge, Angelene und Caroline Middey in ihrer besten Kleidung am Bahnhof von Wenatchee, um ihn abzuholen. Talmadge trug einen neuen Hut und stützte sich auf einen Stock. Sie sahen zu, wie die Kiste mit Dellas Leiche auf einen Wagen geladen wurde, und dann stiegen sie alle dazu und fuhren mit dem Fahrer und einem weiteren Mann Richtung Norden zur Plantage. Am Nachmittag kamen sie dort an. Der Fahrer und der andere Mann trugen den Sarg den Hang hinunter, über den Bach und das Feld. Talmadge, Angelene und Caroline Middey folgten ihnen.
    Sie
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