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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten
Autoren: belago
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aus ihrem Kleid und winkte damit. Das Klimpern der Münzen war deutlich zu hören.
    »Na ja, wenn ich mal überlege ... Ich glaube, heute am frühen Morgen ist einer hier vorbeigekommen.«
    »Wo wollte er hin? Wissen Sie das?«
    Der Buschneger schüttelte den Kopf. »Den Fluss weiter hoch, denke ich. Krieg ich jetzt auch eine Belohnung?«
    Jean verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. Julie aber nahm zwei Münzen aus dem Beutel und warf sie dem Mann in sein Korjal hinunter. Der grinste.
    »Julie! Vielleicht hat er gelogen, nur um die Belohnung zu kassieren!«
    Julie sah ihm eindringlich in die Augen. »Das hat er nicht, das spüre ich. Pieter war hier. Außerdem ist jedes Mittel recht, wenn wir nur endlich die Kinder wiederfinden.«
    Parono lichtete den Anker, und der Buschneger drehte zufrieden mit seinem kleinen Boot ab.
    Es war kurz nach Mittag, die Sonne brannte auf das Deck. Jean verteilte aus einer Kalebasse etwas Trinkwasser. Sie hatten im Buschnegerdorf keinen Proviant nachgeladen, und auf über zehn Mann an Bord waren sie nicht eingerichtet. Julie nahm nur einen kleinen Schluck. Ihr Magen knurrte schon nicht mehr, obwohl sie seit gestern kaum etwas getrunken und gegessen hatte.
    »Hier!« Jean hielt ihr eine reife Mango hin. »Iss, sonst kippst du noch um.«
    Julie lutschte widerwillig an dem süßen Fruchtfleisch. Hier saß sie und aß, während ihr Sohn vielleicht ...
    Plötzlich hallte ein Schuss über den Fluss. Alle zuckten zusammen, die Männer schmissen sich bäuchlings auf den Holzboden des Decks, und Jean zog Julie mit nach unten. Noch ein Schuss hallte.
    Dany richtete sich leicht auf und lauschte. Dann stand er ganz auf und deutete Parono, anzuhalten. Dieser schüttelte verschreckt den Kopf.
    »Setzen Sie den Anker. Der Schuss ging nicht in unsere Richtung!«, sagte Dany und bedeutete den anderen, aufzustehen. »Ich denke, es war ein Jäger.«
    Kaum hatte er die Worte gesprochen knallte es wieder, und neben Jean und Julie splitterte die Bordwand.
    »Wenden! Wenden!«, schrie jetzt ein anderer Mann in geduckter Haltung.
    Parono zerrte mit der einen Hand an der Winde seiner Ankerkette und riss gleichzeitig mit der anderen Hand das Ruder herum. Julie lag geschützt durch Jeans Arm nahe an Paronos Steuerkabine und lauschte in die Stille. Flussabwärts, mit der Strömung, war man immer am schnellsten. Das wusste selbst Julie.
    »Das galt eindeutig uns!« Jean schaute besorgt zu Dany, der vorne am Bug kauerte. Dieser nickte zur Bestätigung und kam dann auf allen vieren herübergekrochen. »Wir fahren ein ganzes Stück flussabwärts, dann halten wir, am besten zwischen den kleinen Inseln, die wir vorhin passiert haben. Heute Nacht gehen wir dann mit den kleinen Booten an Land und versuchen es durch den Wald. Selbst ein Buschneger würde nicht ohne Grund schießen. Ich denke, wir sind hier richtig.«
    Parono lenkte sein Schiff geschickt in die schmale Furt zwischen zwei baumbewachsene Flussinseln. Dort war das Boot geschützt und vom Fluss aus kaum zu sehen. Bis zum Sonnenuntergang saßen trotzdem alle nervös und in geduckter Stellung an Deck.
    Dann machten die Buschneger ihre Korjale klar und setzten mit Julie und Jean zum Ufer über. Parono hatte Anweisung, auf dem Schiff zu warten und beim Eintreffen der anderen sofort abzulegen. Julie hatte ein mulmiges Gefühl. Es war so fürchterlich dunkel, man konnte nur wenige Meter weit sehen.
    Am Ufer half Dany ihr aus dem Korjal. Die Buschneger bewegten sich mit schlafwandlerischer Sicherheit durch das Unterholz. Jean und Julie hatten sie in ihre Mitte genommen, und trotzdem stolperten die beiden Hand in Hand unbeholfen vorwärts. Sie liefen eine scheinbare Ewigkeit, es war inzwischen wohl mitten in der Nacht, als der vordere Mann plötzlich stoppte. Die anderen schlichen leise bis zu der Stelle, wo er sich niedergekauert hatte, und spähten in den Wald. In einiger Entfernung war ein schwacher Feuerschein zu sehen.
    »Das ist kein Buschnegerdorf! Das ist nur ein Lager«, flüsterte Dany. »Kommen Sie.« Die Gruppe näherte sich in einem größeren Bogen von der Flussseite, und Julie überlegte, warum sie diesen Umweg liefen. Schnell wurde ihr klar, dass damit ein möglicher Fluchtweg abgeschnitten wurde. Zudem rauschte der Wind zum Fluss hin so in den Bäumen, dass er verräterische Geräusche fast verschluckte.
    Julies Herz klopfte bis zum Hals. Jean ließ ihre Hand los und griff nach dem Gewehr, das er bei sich trug. Die vorderen Männer gingen in
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