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Im Königreich der Frommen (German Edition)

Im Königreich der Frommen (German Edition)

Titel: Im Königreich der Frommen (German Edition)
Autoren: Peter Boehm
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lassen“,
schreibt der Historiker Robert Lacey über das Schicksal des
Anführers der Besetzer. „Nun machten sie sein Programm
zur Regierungspolitik.“
    Auch der zweiten
größeren Krise des Königreiches 1993/94, als Al
Qaida eine Reihe von Bombenanschlägen und Angriffen auf
Ausländer im Königreich verübte und die islamistische
Londoner Oppositionsgruppe Saad Al Faqihs populär war, folgte
eine Phase der Islamisierung.
    Vor dem geplanten
„Tag der Wut“ im März 2011, als der „Arabische
Frühling“ auch im Königreich auszubrechen schien,
war es wieder soweit. Folgerichtig zitierte die „Washington
Post“ einen Teilnehmer an einem Treffen mit dem seit
fünfunddreißig Jahren regierenden Innenminister Prinz
Naif mit den folgenden Worten. „Naif sagte, solange die
saudische Regierung die konservativen islamischen Führer des
Landes zufriedenstellt, werden liberale Forderungen nach Demokratie
wenig Gefahr darstellen.“ Das könnte als Motto über
dem Familienwappen der Al Saud stehen: Sich untereinander einig sein
und das konservative Lager ruhig halten.
    Nach diesem Muster
hatte schon der Gründer des modernen Staates König
Abdulaziz regiert. Er hatte fünfundvierzig Söhne von
mindestens zweiundzwanzig Frauen; entsprechend der Scharia war er
jedoch jeweils nur mit vier Frauen gleichzeitig verheiratet. Seine
Politik führten seine Söhne fort. Als er 1953 starb,
lebten noch dreißig davon. Die müssen seitdem die
Nachfolge unter sich ausmachen, wobei meistens der Älteste
einer Linie nachrutscht.
    Die Al
Saud-Familie, in direkter Nachfolge von Abdulaziz, wird inzwischen
auf mindestens 5.000 Mitglieder geschätzt. Alle bekommen ein
staatliches Salär, dessen Höhe jedoch ein Staatsgeheimnis
ist. Verschiedene Zahlen werden ventiliert, die von 5.000 US-Dollar
für entfernte Chargen bis zu mehreren Millionen US-Dollar
monatlich reichen.
    Die staatlichen
Zuwendungen sind jedoch nicht die Haupteinnahmequelle der
Königlichen. Typischerweise nehmen sie Prozente an Importen für
die staatlichen Institutionen, die Armee zum Beispiel, haben ihre
Finger in fragwürdigen Landverkäufen oder erwerben
Franchise- und Verkaufs-Lizenzen von bekannten Marken für das
Königreich, die die Firmen ansonsten nicht bekämen –
alles Geschäfte, die eines eint: dass sie kein Risiko, aber
entsprechende Rendite versprechen.
    Dabei ist die
Königsfamilie äußerst diskret, um nicht zu sagen,
verschwiegen. Da sie mit ihrem Geld einen Großteil der
arabischen Medien kontrolliert, nutzt sie diese Macht, um
unangenehme Nachrichten zu unterdrücken. Sollte doch einmal ein
Skandal, wie der von Prinz Saud Abdulaziz bin Nasser Al Saud zum
Beispiel nach außen dringen, greifen sie zu Methoden, die in
anderen Ländern der Welt eher dem organisierten Verbrechen
anstünden.
    Der 34-jährige
saudische Prinz Saud Abdulaziz wurde im Oktober 2010 für die
Ermordung seines Dieners in London zu lebenslanger Haft verurteilt.
In dem Urteil stellte das Gericht fest, die Beziehung des Prinzen zu
seinem dunkelhäutigen Diener habe eindeutig
homosexuell-sadistische Züge getragen. Die Leiche des Dieners
zeigte Bisswunden in beiden Wangen und multiple Verletzungen am
gesamten Körper. Sicherheitskameras im Hotel des Verbrechens
zeigten den Prinzen, wie er seinen Diener zu zwei verschiedenen
Zeitpunkten angriff und misshandelte.
    Nach der Verhaftung
des Prinzen in London wurde ein schwuler britischer Krankenpfleger
in Riad festgenommen. Die religiöse Polizei lockte ihn mit
SMS-Nachrichten eines angeblichen Freundes in eine Falle, berichtet
die britische Boulevard-Zeitung „The Sun“, und nahm ihn
fest. Im Gefängnis wurde er gefoltert. Für das
Schwerverbrechen der Homosexualität, musste er glauben, werde
er geköpft. So ist das im Königreich üblich.Und all
das nur, so „The Sun“, weil das saudische Königshaus
die Homosexualität von Prinz Saud Abdulaziz geheim gehalten
wissen wollte. „Hochrangige britische Beamte weigerten sich
jedoch, weil sie sagten, seine [Saud Abdulaziz'] sexuelle
Orientierung sei zentral für den Fall. Hochrangige Beamte des
Außenministeriums fürchten, der Krankenpfleger ist aus
Revanche verhaftet worden“, schreibt das Boulevard-Blatt.
    Außer
in ehrfurchtsvollen Huldigungen in den handzahmen Medien
sind die Al Saud in ihrem eigenen Land jedoch so gut wie nie
öffentlich präsent. Man sieht keine Wagen-Kolonnen durch
die Straßen rasen, keine protzigen Paläste außerhalb
von hohen Mauern. Alle tuscheln über
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