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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch
Autoren: Falko Löffler
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besser, wenn er nicht bei mir ist.«
    Jeder andere hätte eine Erklärung verlangt. Kevin holte einfach seinen Schlüsselbund raus, sagte »Okay« und zog ihn auf den Metallring.
    Oben auf der Treppe am Eingang erschien Passlewski. »Ihr könnt jetzt reinkommen«, rief er runter.
    Kevin und ich mussten grinsen über diejenigen, die stöhnend riesige Hartschalenkoffer durch den Kies zerrten. Ich hatte mich für meine große Sporttasche entschieden, die einen Schultergurt hatte. Kevin trug seinen Rucksack, den er auch jeden Tag in der Schule dabeihatte – nun war er aber zum Bersten gefüllt. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie er Klamotten für sechs Tage reinbekommen hatte . . .
    Ich sah, wie Tina an der Treppe ihre Tasche abstellte, um sie besser zu greifen.
    Das war meine Chance!
    Ich schob mich mit drei schnellen Schritten vor und legte mir Wörter zurecht, mit denen ich ihr galant meine Hilfe anbieten konnte, ohne zu schleimig rüberzukommen.
    Da packte sie ihre Tasche und stieg die Treppe hoch, als hätte sie gar kein Gewicht zu tragen.
    Richtig – sie machte ja Judo und war alles andere als zerbrechlich . . . wahrscheinlich hätte ich es im Armdrücken schwer gegen sie. Ich atmete durch. Ein Glück, dass ich noch nichts gesagt hatte. Wenn ich sie wie eine klapprige Großmutter behandelt hätte . . .
     
    Von innen war das Landschulheim nicht einladender als von außen. Wir kamen zuerst in einen schmalen und düsteren Eingangsflur, dessen Wände mit kleinen Geweihen gesäumt waren. Von hier konnte man nach rechts ins Treppenhaus gehen, hinter dem sich ein weiterer Flur befand, aber wir gingen durch eine Tür nach links in einen Gemeinschaftsraum voller Tische und Stühle. Das war offenbar auch der Speisesaal, denn am anderen Ende war eine breite Durchreiche, hinter der die Küche zu sehen war. Ich fühlte mich an die Cafeteria in den Städtischen Kliniken erinnert . . . hoffentlich war hier das Essen besser. Aber das war ja unsere Sache,schließlich waren wir in dieser Woche Selbstversorger.
    Die beiden Lehrer hatten sich vorn aufgestellt. Der Dackel hatte sich eine ruhige Ecke gesucht, lag schlafend da.
    Wir verteilten uns auf die Plätze, und mir fiel auf, dass die beiden Klassen auch hier einen Sicherheitsabstand einhielten, als hätte jeweils die andere Klasse eine ansteckende Krankheit.
    Ein Mann kam aus der Küche und stellte sich zu den Lehrern, stemmte die Arme in die Hüfte und ließ den Blick über uns schweifen. Er trug Forstbekleidung und seine Gesichtszüge waren hinter seinem Vollbart kaum auszumachen. Aber man konnte erkennen, dass wir ihm nicht gerade gefielen. Als einigermaßen Ruhe eingekehrt war, verkündete er: »Mein Name ist Krautmann.«
    »Sicher aus Krauthausen«, flüsterte ich. Einige aus meiner Klasse kicherten. Ich bekam einen Klaps gegen den Hinterkopf. »Hey!«, entfuhr mir und ich drehte mich um. Lucas schaute mich abwartend an. In seinem Blick lag die Drohung, die schon seit Tagen zwischen uns stand.
    Langsam drehte ich mich wieder um und verschränkte die Arme. Dabei rechnete ich damit, dass er mir noch was auf den Hinterkopf geben würde, aber nichts passierte.
    Ich bemerkte noch eine Bewegung im Türrahmen zur Küche, und ein Mädchen erschien. Sie war ein oder zwei Jahre jünger als wir, hatte Rehaugen und lange, blonde Haare. Verschüchtert ließ sie den Blick schweifen, schaute immer wieder zu Boden.
    Er drehte sich zu dem Mädchen um. »Alles vollständig?«, fragte er.
    Sie nickte.
    Daraufhin drehte er sich wieder zu uns. »Gut. Dann sind wir fertig. Die letzte Gruppe hat ein ziemliches Chaos hinterlassen. Wenigstens hat sie nichts geklaut . . .« Die Drohung in seinen Worten war nicht zu überhören. »Wenn's irgendwelche Probleme gibt, melden Sie sich bitte bei mir. Meine Telefonnummern stehen auf dem Zettel da hinten.« Er deutete mit dem Daumen zu einer Anrichte an der Wand, auf der ein Festnetztelefon stand – mit Wählscheibe. »Gibt aber ein bisschen Probleme mit dem Telefon. Gestern Nacht hat der Blitz eingeschlagen. Die sind unten schon dran, aber es geht hin und her. Mal ist die Leitung da, dann ist sie weg, soll aber bis morgen wieder alles gehen.«
    »Wo gibt's denn hier Handynetz?«, platzte Janka raus und zog sich strafende Blicke von Frau Herzig zu.
    »Hier oben sowieso nicht«, sagte Krautmann. »Eigentlich unten. Aber der Handymast ist hin.«
    »Wo, unten?« Janka drehte ihr Handy in den Händen hin und her.
    »Im Dorf. Waldkappel.«
    »Sollen wir da
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