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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch
Autoren: Falko Löffler
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kam ich zu mir. Und merkte, dass der Qualm keine Einbildung war.
    Rauch hing im Zimmer und kratzte in meinem Hals.
    Ich stand mit wackligen Beinen auf. Kevin drückte mir Kleider gegen die Brust. »Anziehen – schnell.«
    Automatisch streifte ich meinen Schlafanzug ab und zog mich an. Vom Flur hörte ich Rufe.
    »Wir müssen durchs Fenster und runterspringen«, sagte Noel, der fast unbeteiligt dastand, während Kevin und Olaf wie in die Enge getriebene Tiere wirkten.
    »Zu hoch«, sagte Kevin.
    Noel schob die Vorhänge beiseite und öffnete dasFenster. Der Qualm im Zimmer verflüchtigte sich ein wenig. »Hast recht . . .«, sagte Noel.
    »Was ist mit dem Flur?«, fragte ich.
    »Da ist alles voller Rauch«, sagte Kevin. Er zitterte.
    »Warum habt ihr mich nicht früher geweckt.«
    »Haben wir doch versucht! Verdammt, schon die ganze Zeit!«
    Ich streifte schnell meine Schuhe über und ging zur Tür. »Wir können nur hier raus.«
    Jemand rief etwas auf dem Flur. Ich öffnete die Tür ein Stück und sofort drang mehr Qualm ins Zimmer.
    »Raus hier! Alle raus!«, brüllte jemand.
    Ich holte noch einmal tief Luft und trat in den Flur hinaus. Es war Passlewski, der gerufen hatte. Er hielt sich ein Tuch vor das Gesicht und ruderte mit dem anderen Arm. Überall drängten Leute in den Flur. Einige trugen noch Schlafanzüge, andere hatten sich wie ich notdürftig angezogen. Passlewski schlug gegen die Türen, die noch verschlossen waren. Immer mehr Leute sammelten sich im Flur, schauten sich verängstigt um.
    »Es brennt im Gemeinschaftsraum«, rief Passlewski. »Schnell – wir können das Feuer nicht mehr löschen! Runter und raus!« Seine letzten Worte gingen in einem Hustenanfall unter.
    Alle waren wie erstarrt. »Also los jetzt!«, rief Noel und schob einige Leute vor sich her.
    Wir setzten uns in Bewegung.
    Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Noel und Kevin in unser Zimmer zurückgingen, und folgte ihnen. »Was ist denn noch?«, fragte ich.
    Noel zog den Netzstecker von seinem Notebook ab und klemmte es unter den Arm. Kevin fing an, seinen Rucksack zu packen.
    »Los, wir müssen raus«, drängte ich, griff aber noch schnell nach meiner Jacke mit dem Handy.
    Im Treppenhaus wurde der Qualm dichter und stach in meine Augen. Die anderen waren schon einen Stock tiefer, wo Frau Herzig die Mädchen versammelt hatte. Ich hielt Ausschau nach Tina, konnte sie aber nicht finden.
    »Wir gehen durch ein Fenster nach vorne raus!«, verkündete Frau Herzig. Sie war immer noch sichtlich mitgenommen von der Grippe, aber sie biss die Zähne zusammen. »Das Feuer hat unten noch nicht auf den Flur übergegriffen.« Ich konnte erkennen, wie schwer es ihr fiel, ihre Panik zu unterdrücken.
    Jemand packte mich an der Schulter. Tina. Ich nahm sie in den Arm. »Los, raus hier.«
    »Nicht drängeln!«, rief Frau Herzig. »Ich gehe voraus.«
    Mit jedem Schritt bekam man schlechter Luft. Die Tür zum Gemeinschaftsraum war verschlossen und ich sah den Qualm unter der Tür hervorquellen. Vonder Tür – sie war aus Metall – strahlte Hitze wie von einem Ofen ab.
    Tina und ich waren die Letzten, die durch das Fenster stiegen. Frau Herzig wartete daneben. Alle anderen standen schon auf dem Vorplatz. Der Bus war hell erleuchtet, ich konnte den Fahrer sehen, der Wasserflaschen aus der Kühlbox holte und sie verteilte.
    »Wo ist Herr Passlewski?«, fragte Frau Herzig.
    Ich schaute über die Schulter zurück. »Er hat uns gerufen . . . aber er war noch oben, wollte nach den anderen suchen, glaube ich.«
    »Es sind alle draußen«, sagte Frau Herzig. »Ich habe mitgezählt.«
    »Lucas' Mutter!«, stieß Tina aus. »Was ist mit ihr?«
    Selbst in dem Qualm konnte ich sehen, wie Frau Herzig erbleichte. »Oh, Gott, sie ist noch im Dachzimmer . . . sie wollte ein Schlafmittel nehmen, damit sie etwas Ruhe findet. Oder . . . ist Herr Passlewski vielleicht bei ihr?«
    »Ich sehe nach«, erklärte ich.
    »Nein!«, befahl Frau Herzig. »Du bleibst hier. Das ist zu gefährlich.«
    »Ich komme mit«, sagte Tina und ignorierte den Einwand einfach.
    Von mir würde sie sich auch nichts sagen lassen, also sparte ich mir das. Ich hielt ihr die Hand hin.
    Gemeinsam rannten wir zur Treppe.
    »Kommt zurück!«, hörten wir Frau Herzig uns hinterherrufen.
    Ich kniff die Augen zu und bemühte mich, flach zu atmen, doch das Kratzen in meinem Hals wurde schlimmer. Auch Tina hustete heftig. Wir waren schon im zweiten Stock und wollten noch weiter hoch, als ich aus dem Augenwinkel
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