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Im Fischernetz (German Edition)

Im Fischernetz (German Edition)

Titel: Im Fischernetz (German Edition)
Autoren: Tina Alba
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schien. Im Gegenteil – Sayain hatte das Gefühl, dass Alvars Blick fast bewundernd auf ihm ruhte, er fühlte sich von diesen Blicken beinahe gestreichelt, auf wundersame Weise sanft berührt. Es war seltsam. Irritierend. Er konnte noch nicht einmal sagen, ob er es mochte oder nicht, so angesehen zu werden. Das Einzige, was er wusste, war, dass ihn noch nie ein anderer so angesehen hatte. Schon gar kein anderer Mann.
Seine Ohren hielt er noch immer geschickt hinter dem langen wirren Haar verborgen, er machte keine Anstalten, es zu ordnen und den Seetang herauszuziehen.
Alvar hatte seine Birne mitsamt dem Gehäuse vertilgt und griff nach einer zweiten. »Gut«, murmelte er, wischte sich Saft vom Kinn und lächelte.
Sayain nickte und knabberte ebenfalls an einer Birne. Er schwieg. Auch Alvar blieb still. Ohne zu reden aßen sie die Früchte, die Sayain gepflückt hatte, und tranken noch einmal ausgiebig von dem frischen Brunnenwasser. Dann stand Sayain auf und deutete auf den halb mit Efeu zugewachsenen Eingang ins Innere des alten Palastes.
»Gehen wir hinein. Ich will endlich was zum Anziehen, und ich würde mich gern irgendwo ausruhen, wo es trocken und warm ist .«
Auch Alvar erhob sich. Nicht mehr ganz so wackelig auf den Beinen folgte er Sayain . Wieder versuchte Sayain , das Haus so zu sehen, als sähe er es zum ersten Mal. Am liebsten wäre er ohne Umwege nach oben in den Turm gelaufen, hätte sich dort auf seinem Bett zusammengerollt und geschlafen, das Schiff vergessen und vergessen, dass er einen Menschen in seine Welt gelassen hatte. Er wollte keine Gesellschaft, er brauchte sie nicht und er würde sie nie brauchen. Als sie ins Haus gingen, versuchte Sayain , so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Alvar zu behalten. Der Junge war freundlich und brauchte Hilfe, die er ihm geben würde – aber er wusste, er würde sich wohler fühlen, wenn er wieder allein war. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Alvar, der mit bewundernden Blicken die Überreste des Saales betrachtete, in den man vom Garten aus kam. Die Möbel waren zusammengebrochen und morsch, nur die Steinbänke an den Wänden standen noch.
»Alles kaputt...«
»Vielleicht finden wir weiter oben noch etwas. Da ist eine Treppe...« Sayain erklomm die Stufen, vorsichtig, so, als sei er noch nie hier gewesen. Er führte Alvar zu einer Kammer, in der er noch halbwegs brauchbare Dinge gelagert hatte. Einen kleinen Vorrat, aus dem er sich bediente, wenn in seinem Turmzimmer irgend etwas den Weg alles Irdischen ging. Unterwegs spähte er in jeden Durchgang und jeden Raum, wohl wissend, dass sie dort nichts finden würden. Er konnte nur hoffen, Alvar würde ihm seine gespielte Enttäuschung abnehmen. Sein Kopf schmerzte immer noch, seine Beine zitterten vom Treppensteigen und er wollte sich nur noch irgendwo hinlegen und schlafen.
Langsam stieß er die Tür zu seiner Vorratskammer auf und wandte sich zu Alvar um.
»Das sieht gut aus«, verkündete er, »Ich glaube, hier gibt es was. Vielleicht können wir uns hier verstecken und ausruhen .«
Der Raum hatte ein scheibenloses Fenster mit schief in den Angeln hängenden Läden. Auf dem Boden lagen alte Teppiche und Felle, Stoffballen, die Sayain in den Dörfern gegen Fisch getauscht hatte. In einer Nische lagen Strohsäcke, die Sayain selbst angefertigt hatte.
Alvar betrachtete die Dinge, während Sayain sich einen Streifen von einem Ballen blauen Leinens abriss und ihn sich um die Hüften schlang. Der Nordmann drückte auf den Strohsäcken herum und zupfte an einem Fell.
»Was du glauben, woher kommen ?« fragte er. »Zu neu für Ruine. Zu gut.«
Sayain zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht haben sich hier früher Schmuggler versteckt und die Sachen hier gelassen .«
»Mag sein, ja...« Alvar gähnte und streckte sich. Draußen sank die Sonne, es dämmerte. Sie hatten viel Zeit mit sinnlosem Herumsuchen verbracht.
Sayain zog zwei Strohsäcke und einige Felle aus der Nische. »Müde ?« fragte er. Alvar nickte.
»Ich auch... nimm dir, was du willst und mach es dir gemütlich. Ich werde Wache halten, während du schläfst. Wenn ich zu müde werde, wecke ich dich .«
Alvar nickte wieder. Er streifte seine immer noch feuchten Kleider bis auf das Lendentuch ab und breitete sie über einem zusammengefallenen Regal zum Trocknen aus. Dann rollte er sich auf einem Strohsack zusammen, zog ein geflecktes Kuhfell als Decke über sich und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange, und Sayain hörte an
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