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Im Fischernetz (German Edition)

Im Fischernetz (German Edition)

Titel: Im Fischernetz (German Edition)
Autoren: Tina Alba
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seinem tiefen Atem, dass er schlief.
Alvars Wache

Alvar hatte das Gefühl, kaum geschlafen zu haben, als er die sanfte Hand an seiner Schulter spürte. Aus alter Gewohnheit schreckte er sofort auf und kam auf die Füße. Nur langsam wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr auf Galdurs Schiff war.
»Alvar... es ist alles gut, du bist in Sicherheit. Ich bin es. Sayain . Du bist in Thalessia .«
Alvar atmete tief. » Sajenn ...« Noch immer zerbrach er sich die Zunge an diesem seltsamen Namen, der aus dem Mund seines Trägers so anders klang, als von seiner eigenen plumpen Zunge. Er schüttelte den Schlaf ab, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und blinzelte. Sayain hatte irgendwo eine Kerze aufgetrieben, die den kleinen Raum in schummriges Licht tauchte. Noch immer trug er nicht mehr als den hastig improvisierten Leinenrock. Seine seltsam helle Haut schimmerte im Kerzenlicht, dunkle Schatten lagen unter seinen Augen.
»Tut mir Leid, Alvar. Ich weiß, du hättest den Schlaf gebraucht, aber ich kann nicht mehr. Mir platzt der Schädel, ich muss schlafen. Und mir wäre es lieber, du würdest wachen .«
Alvar gähnte und nickte. »Wir machen so. Du schlafen . Ich wachen .« Es wunderte ihn ein wenig, dass Sayain ihm doch so weit zu trauen schien, dass er in seiner Gegenwart schlafen wollte. Vielleicht war er einfach nur zu erschöpft, um sich Sorgen zu machen. Dennoch war Alvar sich sicher, dass der Hellhäutige ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte. Etwas stimmte an seiner Geschichte nicht, und Alvar wollte herausfinden, was. Sayain machte ihn neugierig. Schon lange hatte kein anderer Mann ihn mehr neugierig gemacht. Und schon lange hatte er sich keine Gedanken mehr darum gemacht, ob er es sich erlauben konnte, dass ein anderer Mann ihn neugierig machte. Vor ihm lag ein ganz neues Leben – ein Leben, in dem es, wenn er vorsichtig war, Freiheit geben würde – und vielleicht auch das eine oder andere Liebesabenteuer. Vielleicht sogar irgendwann einmal etwas, das für immer währte. Alvar schüttelte kaum merklich den Kopf. Was bin ich doch für ein Träumer. Meine Freiheit steht auf schwachen Füßen, und ich sollte es besser wissen, als mir von diesem schönen Fremden den Kopf verdrehen zu lassen.
Sayain lächelte Alvar zu. Müde rollte er sich auf seinem Strohsack zusammen und zog einen dünnen, gewebten Wollteppich als Decke über sich. Er lag noch nicht ganz, da schlief er schon.
Alvar beobachtete ihn eine Weile, dann stand er auf, tappte auf bloßen Füßen zum Fenster und sah hinaus aufs Meer, das schwarz und ruhig im Mondlicht schimmerte. Kein Schiff und kein riesiger weißer Fisch in der kleinen Bucht. Er seufzte und setzte sich wieder auf seinen Strohsack. Sein Blick wanderte zu Sayain , der mit geschlossenen Augen dalag und tief und ruhig atmete. Sein Haar war nach hinten gerutscht und gab den Blick auf ein sehr seltsam geformtes Ohr frei.
Dachte ich es mir doch. Du bist kein Mensch. Aber was bei allen Göttern bist du dann?
Alvar streckte die Hand aus, aber er berührte Sayain nicht, auch wenn es ihn in den Fingerspitzen kribbelte. Er hatte schon viele schöne Männer gesehen und nicht wenige von ihnen geliebt, als er noch ein freier Mann gewesen war. Ein Mann, der Männer liebte? Alvar hatte nie viel über seine Neigungen gesprochen. Er war nicht der Einzige, aber die meisten, die er kennen- und lieben gelernt hatte, hatten ihr Geheimnis genauso gehütet wie Alvar. Liebe zwischen Männern galt als widernatürlich und galt vor den Göttern als Frevel. Lange war er allein gewesen – an Bord des Schiffes hatte niemals einer der Männer Anstalten gemacht, ihn in sein Bett zu holen, und Galdur hatte seine Drohungen, ihn an ein Bordell zu verkaufen, niemals verwirklicht.
Und nun saß er hier, auf wundersame Weise aus Galdurs Händen befreit von... ja, von wem? Von was? Er erinnerte sich nur an den riesenhaften, seltsamen Fisch, der mehrere Male das kleine Ruderboot gerammt hatte, bis es schließlich gekentert war. Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war ein dumpfer Schlag gegen den Kopf, und dann das Erwachen am menschenleeren Strand der Bucht. Menschenleer – bis auf dieses seltsame, wunderschöne Geschöpf, das neben ihm im feuchten Sand gelegen hatte. Im ersten Augenblick hatte er ihn tatsächlich für einen Menschen gehalten, müde und verwirrt wie er gewesen war, doch schon seine Augen und seine Haut waren ihm seltsam vorgekommen. Diese Ohren waren der letzte Beweis, den er noch brauchte – Sayain
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