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Im finsteren Wald

Im finsteren Wald

Titel: Im finsteren Wald
Autoren: Heiko Grießbach
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Unterholz und Büsche gepirscht, so weit hatte sie sich nicht von den anderen entfernen wollen. Nur ein Stück noch und der Wald war zu Ende. Sie sollte nicht allein hier sein – es war viel zu gefährlich.
    In der Ferne sah sie die Siedlung, wo Menschen lebten. Sie interessierten sie, auch wenn sie nicht dahin durfte. Aufgeregt scharrte sie am Oberbein herum, ein winziges Tier, das sich in der Haut verbissen hatte, löste sich und hinterließ einen roten Fleck. Sie konnte im vergehenden Licht des Tages drei Menschen erkennen, eine Frau, ein Mädchen und – einen Mann! Das Mädchen schaute zu ihr herüber. Hatte es sie gesehen? Schnell duckte sie sich hinter den Stamm.
    Auch wenn sie die Siedlung magisch anzog und besonders der Mann, aber sie war aus einem anderen Grund hier, als zu beobachten. Sie war auf der Jagd und musste Beute finden. Mit leichtem Bedauern schaute sie noch einmal zu den Menschen, dann wandte sie sich ab. Lautlos schlich sie tiefer in den Wald hinein. Kein Ast knackte, nur welkes Laub raschelte leise, doch das Geräusch ging im Rauschen des Windes unter.
    Tief sog sie die Luft ein und roch vermodernde Blätter und frisches Grün. Die Luft kühlte ab und wurde feucht, was die Gerüche intensivierte. Angespannt horchte sie auf jeden Laut, registrierte jedes Rascheln. Sie konzentrierte sich wieder auf die Jagd, ohne Fleisch wollte sie nicht zu den anderen zurückkehren. Sie spürte, heute würde sie Beute mitbringen, sie musste sie nur noch finden. Einen geschwächten oder verletzten Hasen, ein Kaninchen oder auch eine fette Waldkröt e würde ihr Herz vor Freude schneller schlagen lassen und Lob von den anderen einbringen.
    Ein Baum knarrte gleich neben ihr und ein Specht hämmerte sein tock tock tock in einen hohlen Stamm. Sie registrierte es ebenso wie den Habicht, der durch die Wipfel glitt und die Maus am Boden. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung und erstarrte. Ihre Lider senkten sich und ihr Blick durchdrang die einsetzende Dunkelheit, um die Ursache der Bewegung herauszufinden. Ein Rehkitz knabberte genüsslich an den Blättern eines Haselbusches. War es allein? Waren die Mutter oder ein ganzes Rudel in der Nähe? Es spielte keine Rolle, sie würde es nur bekommen, wenn es verletzt war und nicht windschnell fliehen konnte. Aber sie würde es versuchen. Auf allen Vieren schlich sie vorsichtig auf das Tier zu, sie bewegte sich langsam in einem Bogen, um den Busch als Deckung zu behalten. Der Wind stand günstig, er kam ihr entgegen und würde sie nicht verraten.
    Das Jagdfieber erwachte erneut heftig in ihr und ließ sie erregt zittern. Jetzt nur keinen Fehler machen ... Langsam schlich sie weiter, konzentrierte sich darauf, lautlos und unsichtbar zu bleiben und verdrängte den Hunger und die Gier, die in ihr wüteten ...

 
     
    4
    Verbittert knüllte Thomas die BILD zusammen. Dieses Schmierenblatt kam in Millionenauflage heraus und druckte Schundartikel von Hinz und Kunz. Aber seinen gut recherchierten Bericht über die Kinderkriminalität an Schulen wagten sie abzulehnen! Dabei war er einer der Besten an der Axel Springer Akademie gewesen und sein Dozent hatte ihm eine goldene Jounalistenlaufbahn prophezeit.
    Er griff die Tasse mit der schwarzen Flüssigkeit – er nannte es Morgenteer - und sein Blick begegnete dem Susannes. Sie musterte ihn, als sähe sie ihn zum ersten mal.
    „Ich mache Schluss!“, verkündete sie plötzlich mit fester Stimme.
    Thomas trank einen Schluck, dann erfasste er, was seine Freundin gesagt hatte und verschluckte sich. Hustend riss er die Augen weit auf. „Was?“
    „Du hast schon richtig gehört! Ich mache Schluss. So geht das nicht weiter mit uns. Mir bringt dieses Leben hier nichts!“
    Heftig beschrieb sie mit dem Arm einen Bogen, der Thomas, die Essecke im Wohnzimmer und das Fenster einschloss und stieß gegen ihre Tasse, die klirrte. „Diese kleine Bude im Platten-Ghetto, das ewige Umdrehen jeder Mark – jeden Euros“, sie winkte ab.
    Thomas sah von ihr nach draußen und zurück. „Aber es gibt viel Grün hier und die Mieten ...“
    „Ja, genau! Billig muss alles sein, billig und einfach. Du knauserst mit jedem Euro und die Gelegenheitsjobs, die du für drittklassige Blätter bekommst, bringen kaum mehr als Hartz IV ein. Wie sollen wir so eine Familie gründen und Kinder bekommen? Weißt du, was ein Kind kostet?“
    „Ach du willst ein Kind?“
    „Na, nach der letzten Nacht weiß ich nicht mehr, was ich noch will. Der Sex mit dir
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