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Im Dutzend vielfältiger

Im Dutzend vielfältiger

Titel: Im Dutzend vielfältiger
Autoren: Nicole Rensmann
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komme nicht umhin zuzugeben, dass mein zurück erworbenes Selbstbewusstsein unerschütterlich blieb. Wie ein Felsen ragte ich zwischen meinen Kollegen auf. Aufträge kamen nunmehr vom Hochadel, ich sonnte mich in Erfolg und Ruhm und lebte ihn in meinen Bildern aus. Mäzene, die meine Kunst jahrelang finanzierten, fand ich schnell. Sie sandten mich in die Welt hinaus, wo Auftraggeber auf mein Können warteten. Nie scheute ich mich, Aufträge abzulehnen, wenn sie nicht meinem Lebensstil entsprachen. Die Leute bewunderten meine Selbstgefälligkeit.
    Ich ging mit Pinsel und Kreide gleichermaßen perfekt um, kopierte die Werke großer Künstler, widmete mich der Landschaftsmalerei und fand Gefallen an der griechischen Mythologie.
    Doch so wie ich das Leben ausnutzte, um geliebt zu werden, nutzte ich die Malerei nur aus, um Ruhm zu ernten. Ich fühlte mich nie befriedigt – oberflächliches Glück gepaart mit Einsamkeit.
    Ich stürzte mich noch tiefer in die Kunst, obwohl dies kaum möglich zu sein schien. Mich ergriff eine Unruhe, wenn ich nicht Eins mit Farbe, Pinsel und Untergrund werden konnte, ich verzehrte mich danach, wenn es der Tag nicht zuließ, zu malen. So trug ich stets einen Skizzenblock bei mir, sodass keine Zeit ohne zu malen verstrich. Ich verliebte mich in meine eigenen Bilder, in die frivolen Momente, die neckischen Spielchen, die Farben und die Details – besonders in diese.
    Das Malen wurde nicht nur zu meinem Beruf, sondern zu meiner Profession und meiner täglichen Droge. Hätte ich meine Arme verloren, so hätte ich »auch mit dem Arsch gemalt«. Ich liebte die Frauen im Allgemeinen, aber die Malerei zählte zu meinem größten Schatz, für den ich alles aufgegeben hätte – sogar mich selbst.
    Das Leben – eine junge Frau auf der Schaukel sitzend – verführte und hinterging gleichermaßen. Nur aus dem Höhenflug betrachtet, musste ich eines Tages abstürzen.

     
    Ich heiratete 1769 – meine gute Frau Marie-Anne, die mir im September des gleichen Jahres eine Tochter schenkte.
    Ich liebte meine Frau, aber nicht nur sie allein und niemals mit dieser Inbrunst, die mir die Malerei gab. Und ich liebte ihre Schwester. Marguerite. Sie war neun, als ich Marie-Anne ehelichte. Marguerite, zierlich und bezaubernd. Meine Inspiration . Ich malte sie facettenreich über die Jahre hinweg, bot ihre Erscheinung doch so viele Möglichkeiten, ihr Antlitz zu verewigen. Ich erkannte in ihr nicht nur eine jungfräuliche Schönheit, sondern auch ein neues malerisches Talent, das es zu fördern galt.

     
    Doch zunächst stürzte ich in ein tiefes Loch, in das mich die Comtesse du Barry stieß. Sie lehnte die vier Gemälde, die sie in Auftrag gegeben und denen ich viel Zeit und Schweiß gewidmet hatte, ab. Sie passten nicht mehr in ihr Etablissement. Unfassbar! Ein Dolch in meinem Herzen hätte mir nicht mehr Schmerzen zufügen können.
    Ich spürte eine Müdigkeit in mir und eine Sehnsucht, die ich nicht in Farbe auszudrücken vermochte. Dieses bunte, sorgenlose Leben, die gesellschaftliche Verlogenheit, begannen mich zu langweilen.

     
    Ich suchte die Ruhe in der Betrachtung an dem Schönsten , was die Schöpfung zutage brachte: Der Frau, lesend , dann verspielt, betörend, beim Klavierspiel oder in der Musikstunde . Und ich malte die Sehnsucht, die mich ergriff, wenn ich an Zufriedenheit dachte, denn Zufriedenheit war es, die mir all die Jahre fehlte. Doch ich wusste nicht, wo sie zu finden war.

     
    Anfang der siebziger Jahre reiste ich nach Italien und hoffte auf neue Aufträge und auf Besinnung. Meine Erlebnisse in Tivoli sind nicht von Belang. Auf dem Heimweg führte mein Weg nach Paris über Wien, Prag und Deutschland.
    Deutschland. Ein Traum. Kraft und Hoffnung spürte ich, als meiner Bitte stattgegeben wurde und ich Schloss Sanssouci betreten durfte. Ein unbekanntes Kapitel in meinem Leben, von dem ich niemandem erzählte. Ich musste die Chance ergreifen, Antoine Watteaus Werk, welches Schloss Sanssouci in Teilen schmückte, zu betrachten. Meine Bewunderung für seine Kunst war auch nach Jahren unerschütterlich geblieben.
    Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wie ein Schmierfink unter all den von Meisterhand verzierten Decken.
    Nicht allein der Anblick der Werke Antoine Watteaus war es, der mich beeindruckte.
    Der preußische König Friedrich II hörte von meinem Besuch und lud mich zum Verweilen ein.
    Der König und ich – wir führten fruchtbare Gespräche, philosophierten über Malerei,
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