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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse
Autoren: CLAIRE THORNTON
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Mantel tragen! Außerdem brauchen Sie eine bessere Perücke. Da ich Sie erst einmal nur zur Probe eingestellt habe, werde ich noch keine vollständige Livree für Sie anfertigen lassen. Ich habe noch etwas Litze“, fügte sie nachdenklich hinzu. „Sobald Sie einen passenden Mantel haben, werde ich sie annähen.“
    Mélusine folgte Pierre Dumont zur Tür und sah ihm nach, als er die Treppe hinunterging. Paul, der Pförtner, öffnete ihm den Hauseingang, und er verließ das Haus. Paul zog sich wieder in die Dienstbotenunterkünfte im Erdgeschoss zurück, und plötzlich wirkte das Haus sehr leer. Mélusine merkte, dass sie zitterte, und setzte sich auf die oberste Treppenstufe. Sie befürchtete, einen schrecklichen Fehler begangen zu haben, doch dann sagte sie sich, dass sie ihren Entschluss ja jederzeit wieder rückgängig machen konnte. Wenn Pierre Dumont ihr als Diener nicht zusagte, würde sie ihn einfach entlassen. Nach so vielen Jahren, in denen sie kaum ein Mitspracherecht bezüglich der Einstellung ihrer Bediensteten gehabt hatte, würde es wohl noch eine Weile dauern, bis sie sich an ihre neue Freiheit gewöhnt hatte.
    Trotzdem ging sie in Gedanken immer wieder die Unterhaltung mit Dumont durch. Noch immer war sie ganz schockiert über seine offensichtliche Bereitschaft, sich seiner Beinkleider zu entledigen – wenn er so etwas noch einmal wagte, würde sie ihm auf der Stelle kündigen. Aber vielleicht war es ja auch nur ein Missverständnis gewesen, weil sie den Blick so lange auf seine Beine gerichtet hatte. Und wie stand es mit seinen Liebesdiensten bei der Duchesse? Er hatte das zwar energisch abgestritten, doch das konnte er aus Loyalität seiner früheren Herrin gegenüber getan haben.
    Sie straffte die Schultern. Es war eine seltsame Vorstellung, den Liebhaber einer anderen Frau einzustellen, damit er ihr das Haar frisierte und Besorgungen für sie erledigte. Andererseits war sie mit einem Mann verheiratet gewesen, der die meiste Zeit seiner Ehe im Bett einer anderen Frau verbracht hatte. In Paris war Untreue weit verbreitet. Zweifelsohne konnten alle männlichen Bediensteten, die sie je gehabt hatte, als der Liebhaber von irgendjemand bezeichnet werden. Der Unterschied bei Dumont bestand nur darin, dass sie in diesem Fall den Namen der Dame kannte.
    Sie lächelte versonnen vor sich hin. Es war allerdings sehr unwahrscheinlich, dass auch nur einer ihrer früheren Diener eine so berühmte Geliebte gehabt hatte. Kein Wunder, dass Dumont so arrogant war. Allerdings hatte er die Duchesse verlassen, um näher bei seiner Mutter und seiner Schwester zu sein, und er schien aufrichtig gekränkt zu sein, als Mélusine angedeutet hatte, die beiden könnten eine Last für ihn sein. Als er von ihnen gesprochen hatte, waren seine Gesichtszüge vorübergehend weicher geworden und von echter Zuneigung erfüllt gewesen. Diese eine Tatsache hatte mehr als alles andere dazu beigetragen, dass ihre Entscheidung zu seinen Gunsten ausgefallen war. Sie fragte sich, wie er wohl in ihrer Gesellschaft war. Er hatte zugegeben, dass sie über sein schamloses Verhalten schockiert wären. Mélusine war davon überzeugt, dass er ihnen Anweisungen erteilte und zu wissen glaubte, was das Beste für sie sei, aber sie konnte sich durchaus vorstellen, dass er diese mit freundlicher Stimme und Rücksicht auf ihre Empfindungen formulierte …
    Was um alles in der Welt dachte sie da nur! Sie malte sich seine vollständige Familiengeschichte nur aufgrund von ein paar Andeutungen und dem Anflug eines Lächelns aus!
    Sie erhob sich und zwang sich, ihre Aufmerksamkeit wieder dem Haus zu widmen. Schließlich gehörte es jetzt ihr. Anfang letzten November war ihr Mann im Bois de Boulogne am Stadtrand von Paris tot aufgefunden worden. Niemand konnte genau sagen, wer ihn umgebracht hatte, aber der Polizeiinspektor vertrat die Meinung, er sei Räubern zum Opfer gefallen. Die Ernte sei schlecht ausgefallen, der Winter schon früh gekommen, mit der Folge, dass die Zahl der Raubüberfälle auf Kutschen sprunghaft angestiegen sei.
    Mélusine hatte Bertiers Tod tief getroffen, im selben Maße wie sie es überrascht hatte, dass er ihr dieses Haus und noch zwei weitere in Paris hinterließ. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie finanziell völlig unabhängig. Bis vor einem Monat war das Haus an der Place Vendôme noch an die Champiers vermietet gewesen, die wiederum in der Wohnung im ersten Stock ihre Cousins und Cousinen untergebracht hatten. Als der
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