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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse
Autoren: CLAIRE THORNTON
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dieses Gespräch hatte – und wenn vor allem er sich dessen ganz klar bewusst war –, würde sie ihn entlassen.
    Er ließ sich mit einer Erwiderung einige Zeit. „Wegen meiner Mutter und meiner Schwester“, erklärte er, als sie schon fast gar nicht mehr mit einer Antwort gerechnet hatte.
    „Wegen Ihrer Mutter ?“ Das war das Letzte, womit sie gerechnet hatte.„Ich nehme an, Ihr Vater lebt nicht mehr und Sie müssen sie versorgen?“
    „Ja.“
    Mélusine starrte ihn an. Ihn umgab eine Aura großer Unabhängigkeit, sodass sie nie auf die Idee gekommen wäre, er könnte so etwas wie Familiensinn haben. „Lebt Ihre Familie in Paris?“
    „Nein.“
    „Wo dann? Und warum sind Sie nicht dort?“
    „In der Bretagne“, erwiderte er knapp. „In Paris bieten sich mir mehr Möglichkeiten.“
    „Es ist auf jeden Fall einfacher, ihnen von hier aus Geld zu schicken als von Amerika“, meinte Mélusine. „Sicher empfinden Sie Ihre Familie als große Last.“
    Jetzt war es an ihm, die Stirn zu runzeln. „Nein!“ Er sah sie so missbilligend an, dass sie beinahe zurückgewichen wäre.
    „Gewiss wäre sie völlig schockiert, wenn sie Ihr Benehmen von vorhin miterlebt hätte“, vermutete sie. Er hatte kein Recht, sich über sie ein Urteil zu bilden, wo er doch selbst keinerlei Gefühl für Anstand besaß.
    Seine Miene hellte sich flüchtig auf, und er lächelte. „Wahrscheinlich. Was ist aus Ihrem letzten Diener geworden?“
    Mélusine hatte gerade gedacht, dass sein Lächeln unerwartet anziehend war, daher überrumpelte seine Frage sie jetzt. Plötzlich sah sie wieder Jean-Baptiste vor sich, aber sie wollte nicht an ihn denken und schon gar nicht über ihn reden. „Er ist weg“, teilte sie Dumont kurz angebunden mit. „Seinetwegen brauchen Sie sich nicht den Kopf zu zerbrechen.“
    „Kommt er zurück?“, fragte er sanft, aber sein Blick war eindringlich.
    „Ich habe noch nicht einmal beschlossen, Sie einzustellen“, wies sie ihn kühl zurecht, nicht gewillt, sich von ihm ausfragen zu lassen. „Daher ist es vermessen von Ihnen, darüber zu spekulieren, wie lange Sie in meinen Diensten stehen werden.“
    Er senkte den Kopf, und wieder war nichts Unterwürfiges an dieser Haltung.
    Sie sollte ihn eigentlich fortschicken. Ein Diener, der so tat, als sei er ihr ebenbürtig, war das Letzte, was sie brauchte. Soweit sie das bisher einschätzen konnte, würde Dumont im Fall einer Einstellung schon bald die Herrschaft über ihren Haushalt übernehmen und jede Anweisung von ihr hinterfragen, wenn sie nicht vorsichtig war. Zugleich war er aber nichts anderes als ein Bediensteter, der auf seinen Lohn angewiesen war, und das bedeutete, dass die entscheidende Macht am Ende doch bei ihr lag. Und er war weder respektlos noch hinterlistig. Zwar hatte er gedroht, seine Breeches auszuziehen, aber er gehorchte, als sie ihm Einhalt geboten hatte, und er war während des restlichen Gesprächs wie verlangt auf dem Stuhl sitzen geblieben. Ob sie seine Hände wohl jeden Tag in ihrem Haar ertragen konnte? Sie betrachtete diese, mit den Flächen nach unten ruhten sie auf seinen Oberschenkeln.
    Er streckte sie aus und hielt sie Mélusine zur Begutachtung hin. Sie unterdrückte nur mit Mühe einen erstaunten Ausruf, denn sie war es nicht gewohnt, dass jemand ihre Gedanken lesen konnte. Seine Hände waren sauber, gut geformt und die Fingernägel waren ordentlich geschnitten. Mélusine stellte sie sich beim Frisieren vor, und ein kleiner, nicht unangenehmer Schauer lief ihr über den Rücken. Sie würde sich weder ihn noch einen anderen Mann zum Liebhaber nehmen, aber mit dem Gedanken, sich von ihm frisieren zu lassen, konnte sie sich unter Umständen anfreunden.
    „Ich danke Ihnen“, sagte sie kühl. „Ich bin sicher, Sie verstehen mit Kamm und Pomade ebenso gut umzugehen wie mit Worten. Ich werde es mit Ihnen versuchen“, fuhr sie energisch fort. „Wenn Sie sich bis zum Ende der Woche als zufriedenstellend erwiesen haben, werde ich Sie fest einstellen. Erregen Sie vorher mein Missfallen, sind Sie auf der Stelle entlassen.“
    „Vielen Dank, Madame.“ Er verneigte sich im Sitzen.
    „Gut. Stehen Sie auf und warten Sie, bis ich eine Nachricht an Monsieur Barrière geschrieben habe. Sie werden sie ihm überbringen, sobald ich fertig bin.“
    „Monsieur Barrière?“ Dumont erhob sich und rückte ihr den Stuhl vor dem Tisch zurecht.
    „Mein Anwalt. Sie müssen elegant und eindrucksvoll aussehen – und einen ordentlich sitzenden
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