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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers
Autoren: Glen Cook
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lebendig bei mir eingeliefert.
Schließlich zerstreuten sich die Meuterer eher, als sich dem Rest der Schwarzen Schar zu stellen.
Der Aufruhr war der schlimmste seit Menschengedenken. Wir verloren fast einhundert Brü- der bei dem Versuch, ihn niederzuschlagen. Wir konnten uns kaum einen einzigen Verlust leisten. Im Stöhner waren die Straßen von Leichen bedeckt. Die Ratten fraßen sich fett. Ganze Scharen von Raben und Geiern wanderten vom Land aus ein. Der Hauptmann befahl die Kompanie in die Bastion. »Laßt es auslaufen«, sagte er. »Wir ha- ben genug getan.« Seine Haltung war von mürrisch zu angewidert übergegangen. »Unsere Verpflichtung verlangt nicht von uns, daß wir Selbstmord begehen.« Jemand machte einen dummen Spruch, daß wir uns in unsere Schwerter stürzen könnten. »Offenbar ist es das, was der Syndikus von uns erwartet.« Beryll hatte uns die Laune verdorben, aber keiner war so desillusioniert wie der Hauptmann. Er machte sich unsere Verluste zum Vorwurf. Tatsächlich versuchte er sogar, von seinem Amt zurückzutreten.
    Der Mob versuchte mürrisch, widerwillig und lustlos, das Chaos aufrechtzuerhalten, störte jeden Versuch, Feuer zu löschen oder Plünderungen zu verhindern, strich aber ansonsten nur ziellos umher. Die meuternden Kohorten, denen Deserteure aus anderen Truppenteilen zuge- flossen waren, organisierten systematisch die Morde und die Plünderungen. In der dritten Nacht stand ich, freiwilliger Narr, der ich war, Wache auf der Trejansmauer unter zeternd blinkenden Sternen. In der Stadt war es eigenartig ruhig. Ich hätte vielleicht mehr Angst gehabt, wenn ich nicht so müde gewesen wäre. Ich blieb nur mit Mühe wach. Tom-Tom kam herauf. »Was machst du denn hier draußen, Croaker?« »Bin eingesprungen.«
»Du siehst aus wie der Tod auf Krücken. Ruh dich aus.«
    »Du siehst auch nicht besser aus, Knirps.«
Er zuckte die Achseln. »Wie geht es Mercy?« »Ist noch nicht über den Berg.« Eigentlich hatte ich wenig Hoffnung, daß er durchkam. Ich zeigte in die Dunkelheit. »Weißt du, was da draußen los ist?« In der Ferne gellte ein einzelner Schrei, der sich von den anderen Schreien zuvor unterschied. Das waren Schreie des Schmer- zes, der Wut oder der Angst gewesen. Der hier hatte etwas noch Finstereres. Er murmelte etwas in seinen Bart, wie er und sein Bruder Einauge es eben gerne tun. Wenn du etwas nicht weißt, dann denken sie, daß sie das Geheimnis auch für sich bewahren sollten. Zauberer! »Da geht ein Gerücht um, daß die Meuterer die Siegel auf der Gruft der Forvalaka aufgebrochen haben, als sie den Nekropolis-Hügel plünderten.« »Häh? Diese Biester sind frei?«
»Der Syndikus meint, ja. Der Hauptmann nimmt’s nicht ernst.« Das tat ich auch nicht, aber Tom-Tom sah so aus, als ob er sich Sorgen machte. »Die Leute gestern hier in der Bastion sahen ziemlich hart aus.« »Wir hätten sie anwerben sollen«, sagte er mit einem traurigen Unterton in der Stimme. Er und Einauge sind schon lange bei der Kompanie. Sie haben viel von ihrem Niedergang gese- hen.
»Warum waren sie hier?«
Er zuckte die Achseln. »Ruh dich aus, Croaker. Bring dich nicht um. Macht letztlich sowie- so nichts aus.« Langsam entfernte er sich und durchforschte die Wildnis seiner Gedanken. Ich hob eine Augenbraue. Er war ziemlich am Boden. Ich drehte mich wieder zu den Flam- men und den Lichtern und der beunruhigenden Stille. Immer wieder begann ich zu schielen, immer wieder verschwamm mir der Blick. Tom-Tom hatte recht. Ich brauchte Schlaf. »Hoch mit dir, Croaker.« Der Leutnant war nicht sanft. »Der Hauptmann will dich in der Of- fiziersmesse sehen.«
Ich stöhnte. Ich fluchte. Ich drohte mit Blutvergießen allererster Güte. Er grinste, drückte mir auf den Ellbogennerv, rollte mich auf den Boden. »Ich bin ja schon wach«, knurrte ich, während ich nach meinen Stiefeln suchte. »Worum geht’s denn?« Er war schon wieder weg.
    »Kommt Mercy durch, Croaker?« fragte der Hauptmann. »Ich glaube nicht, aber ich habe schon größere Wunder erlebt.« Alle Offiziere und Unteroffiziere waren da. »Ihr wollt wissen, was los ist«, sagte der Haupt- mann. »Der Besucher gestern war ein Botschafter aus Übersee. Er bot ein Bündnis an. Die militärischen Ressourcen des Nordens im Austausch für die Unterstützung durch Berylls Flot-
    te. Für mich klingt das vernünftig. Aber der Syndikus stellt sich stur. Er regt sich immer noch
wegen der Eroberung von Opal auf. Ich legte ihm nahe, daß er sich
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