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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten
Autoren: Fler
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meinem Kopf hörte. Im Augenwinkel hatte ich schon beobachtet, wie meine Mutter einen Schweißausbruch nach dem anderen bekam, und schließlich hatte sich wie üblich mein schlechtes Gewissen gemeldet. Ich wusste ja, dass sie als Schneiderin eigentlich total wenig Geld zur Verfügung hatte. Ich konnte ihr schlecht jetzt auch noch die letzten Pfennige aus der Tasche ziehen. Also warf ich die überflüssigen Sachen wieder aus dem Wagen und ging gezielt auf die Matchbox-Autos zu. Ich suchte mir ein blaues für fünf Mark aus und ging damit zur Kasse.
    »Das nehm ich«, sagte ich zu meiner Mutter und freute mich wie wahnsinnig über meine eigene Bescheidenheit. Ich war gar nicht so ein Monster, wie alle immer dachten.
    Die Quittung für die Ohrlochaktion bekam ich an meinem ersten Schultag nach den Sommerferien auf dem Silbertablett präsentiert. Schon im Bus guckten mich die anderen total komisch an. Manche kicherten dumm und fingen an zu tuscheln. Ich dachte mir nichts weiter dabei, richtig beliebt war ich ja nie gewesen. Als ich aber auf dem Schulhof ankam, schrien ein paar Typen: »Ey, du Schwuchtel!«, und was das bedeutete, wusste ich schon damals. Mir selbst war völlig klar: Ich steh nicht auf Jungs – sondern nur auf Weiber. Was also wollten die Idioten von mir?
    Ich hatte nichts verbrochen, und trotzdem stressten die hier plötzlich so rum. Ich schüttelte den Kopf und ging einfach an ihnen vorbei ins Schulgebäude. In der Klasse angekommen, setzte ich mich an meinen Platz. In der ersten Schulstunde laberte Frau Katschmarek irgendetwas Überflüssiges von Mathe und stauchte ein oder zwei meiner Klassenkameraden zusammen. Aber ich konnte mich null konzentrieren.
    Irgendwie bekam ich nicht aus dem Kopf, was die Typen auf dem Schulhof am Morgen zu mir gesagt hatten. Schwul hatte mich bisher noch nie jemand genannt. Und das gab mir zu denken. Kam ich etwa plötzlich schwuchtelig rüber? »Patrick, hör auf zu träumen!«, ranzte mich die Katschmarek an. Ich schreckte hoch.
    »Ich ermahne dich jetzt zum dritten und letzten Mal.« Ich konnte trotzdem nicht aufhören, über den Vorfall nachzugrübeln.
    Als es dann endlich zur Pause klingelte, ging ich zu den Jungs, die mich am Morgen beschimpft hatten, und fragte, wo denn eigentlich das Problem lag. Doch statt einer vernünftigen Antwort bekam ich nur eine fette Schelle. Und zwar mitten ins Gesicht. Bääääm! Jetzt war ich völlig verwirrt.
    »Schwule haben hier nichts zu sagen«, lachte der Typ und ging weg. Das Arschloch hieß Jochen Lempke und war schon etwas älter und größer als ich. Er war ein totaler Draufgänger. Ich kannte Jochen nur, weil seine Mutter mit meiner befreundet war.
    Schon in der nächsten Pause kam er wieder auf mich zu und meinte: »Hör mal zu, Patrick! Im rechten Ohr tragen nur Schwule einen Ohrring.
    Hast du dich mal im Spiegel angeschaut? Jetzt machen wir dich fertig. Verstanden?« Rechts? Ohrring? Aaaaaaaaaarrrrrrrr!!! Den doofen Stecker in meinem Ohr hatte ich schon längst wieder vergessen. Scheiße, warum hatte mir das vorher keiner gesagt? Ich war stinksauer. Viel Zeit zum Grübeln hatte ich allerdings nicht, denn kaum hatte Jochen seine Drohung ausgesprochen, packte er mich schon am rechten Arm und probierte irgendwelche neuen Wrestling-Griffe an mir aus. WWFwar zu der Zeit gerade voll im Trend, und ich war zum Glück auch ein großer Fan. Ich hatte selbst ein bisschen was auf Lager und konnte seine ersten Angriffe gekonnt abblocken. Aber Jochen war älter und größer als ich, und deshalb war er am Ende dann doch überlegen und drückte mich zu Boden. Ich schnappte nach Luft. Die halbe Schule stand um uns herum und feuerte Jochen lautstark an. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Wieder einmal machte es »Klick« in meinem Kopf, und die große Wut meldete sich zurück. Ich musste Jochen unbedingt fertigmachen. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen, schrie laut auf und warf ihn wütend zur Seite. Das wiederum ließ ERsich nicht gefallen: Er packte meinen Kopf mit beiden Händen und schlug ihn mit voller Wucht gegen sein linkes Knie! Kaaabuuumm! Mein rechtes Auge war genau an seine spitze Kniescheibe geknallt. Mir wurde mit einem Mal total schwindelig. Und aus meiner Nase strömte Blut. Es floss und floss. Ohne aufzuhören. Es fühlte sich an, als würde ich innerlich leer laufen. Die Mädchen schrien und liefen kreischend weg. Ich wusste gar nicht so genau, was da gerade passiert war. Ich war nur total baff und kniete
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