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Im Bann des blauen Feuers

Im Bann des blauen Feuers

Titel: Im Bann des blauen Feuers
Autoren: Dana Kilborne
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diesem unseligen Kuss unten in der Métro-Station empfand sie sehr viel mehr für ihn als das. Vermutlich schon sehr viel länger, doch bis dahin war sie nicht bereit gewesen, sich ihre Gefühle einzugestehen.
    Ohne ein weiteres Wort ergriff sie seine Hand.
    „Gehen wir“, sagte sie.
    „Du willst mir sagen, dass Lucien hier gefangen gehalten wird?“ Céleste starrte Ash an, als habe er vollkommen den Verstand verloren. „Wenn das ein Scherz sein soll, kann ich nicht darüber lachen.“
    Doch Ashs Miene blieb ernst.
    Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Sie befanden sich am Rande eines der kleinen Parks, die das zweifellos berühmteste Wahrzeichen von Paris säumten.
    Den Tour Eiffel  – den Eiffelturm.
    Ein mehr als sechstausend Tonnen schwerer und dreihundert Meter hoher Koloss aus Stahl, der auf vier gewaltigen Pfeilern stehend in den samtschwarzen Nachthimmel ragte. Das sanfte, goldene Licht unzähliger Scheinwerfer verlieh ihm etwas Unwirkliches, Zauberhaftes. Céleste hatte einmal gelesen, dass jedes Jahr mehr als sechs Millionen Menschen auf eine der drei Aussichtsplattformen stiegen, um die herrliche Aussicht über Paris zu genießen. Und heute Abend – so zumindest erschien es ihr – hatten sie sich trotz der recht späten Stunde alle auf dem riesigen Platz unterhalb des Turms versammelt.
    „Wie soll das gehen?“, fragte sie, noch immer ungläubig. „Es wimmelt von Touristen, Ash. Sie können Lucien unmöglich hier gefangen halten!“
    „Natürlich nicht da oben“, erwiderte er.
    Céleste runzelte die Stirn. „Nicht da oben ? Was …?“ Ihre Augen wurden groß. „Moment mal, du meinst, unter dem Eiffelturm?“
    Anstatt zu antworten, warf er einen Blick auf seine Uhr. Dann griff er nach Célestes Hand. „Komm. Es ist fast elf. Wenn überhaupt, dann haben wir jetzt eine Chance. Laut dem Brief, der bei deiner Tante und deinem Onkel hinterlassen wurde, solltest du in ein paar Minuten am Treffpunkt auf dem alten Güterbahnhof außerhalb der Stadt eintreffen. Die meisten unserer Gegner dürften bereits dort auf dich warten, um dich zu überwältigen, sobald du dich blicken lässt. Ich rechne nur mit ein paar Bewachern, die zurückgelassen wurden, um Lucien im Auge zu behalten – für den Fall der Fälle.“
    Einmal mehr spürte Céleste, wie Panik in ihr aufstieg. Sie hatte keine Ahnung, was sie dort, wo sie hingehen würde, erwartete. Vermutlich Dinge, die sie nicht einmal in ihren schlimmsten Träumen für möglich gehalten hätte. Doch da musste sie jetzt durch. Und wenigstens war sie nicht allein. Ashs Gegenwart gab ihr Sicherheit. Sie kämpfte die Furcht zurück und straffte die Schultern.
    „Wohin?“
    Céleste wäre nicht einmal auf den Zugang zu den Tunneln gestoßen, selbst wenn ihr Leben davon abgehangen hätte. Sie war vollkommen verblüfft, als Ash zielstrebig auf einen Dornbusch zusteuerte, die tief hängenden Zweige beiseiteschob und darunter eine mit Moos überwucherte Einstiegsluke zum Vorschein kam.
    „Was zum Teufel …?“
    „Kaum jemand weiß, dass unter Paris ein verborgenes System aus Tunneln existiert“, erklärte Ash. „Dieser hier wurde als Fluchtweg von König Louis XI. angelegt. Er führt vom Elysée-Palast direkt bis hierher.“
    Noch immer fassungslos starrte Céleste ihm hinterher, als er in das dunkle Loch hinabstieg. Da sollte sie runter? Dorthin, wo die Monster hausten?
    Reiß dich zusammen! Denk an Lucien. Er braucht dich!
    Sie atmete noch einmal tief durch, dann folgte sie Ash über eine rostige, wenig vertrauenerweckende Leiter nach unten.
    Absolute Finsternis umfing sie, und für einen Moment drohte die Panik wieder, sie zu überwältigen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und ihr Herz hämmerte wie verrückt. Am liebsten wäre sie gleich wieder nach oben geflüchtet. Dorthin, wo Menschen waren. Wo sie sich in vermeintlicher Sicherheit befand. Doch sie zwang sich, nicht die Nerven zu verlieren. Und als kurz darauf Ashs Taschenlampe aufflammte, beruhigte sich ihr Puls wieder ein wenig.
    Sie blickte sich um.
    Die Wände des Ganges bestanden aus Ziegeln, die im schwachen Schein der Lampe wie glasiert schimmerten. Erst auf den zweiten Blick erkannte Céleste, dass es Feuchtigkeit war, die sich auf dem Mauerwerk abgesetzt hatte. An manchen Stellen tropfte es sogar von der Decke, die sich bogenförmig über ihren Köpfen spannte – in der Mitte gerade hoch genug, dass Ash aufrecht stehen konnte, ohne anzustoßen.
    Der Tunnel setzte sich in beide Richtungen
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