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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel
Autoren: C Gref
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Bürokräften, die nichts anderes taten, als Notizen, Aufzeichnungen und Dokumente anzufertigen. Diese Arbeitsplätze, fünf an der Zahl, verfügten jeweils über ein Phonokopie-Gerät. Elena setzte sich, zog den Metallarm des Geräts zu sich heran und legte die gläserne Scheibe in den dafür vorgesehenen Hohlraum. Nun hieß es warten. Das Gerät benötigte etwa eine halbe Stunde, bis es die Daten in eine lesbare Variante transkribiert hatte. Sie ging zurück in ihr Büro und holte ihren Teebecher. Einer der wenigen Vorteile, in der Fabrik zu arbeiten, bestand darin, dass immer heißes Wasser zur Verfügung stand. Ein Luxus, den die normalen Bewohner Cravesbury nicht immer hatten. Sie ging gerade an den Labortüren mit den Glaseinsätzen vorbei, als ihr in einem der Räume etwas Ungewöhnliches auffiel. Normalerweise wurden die Toten nach der abschließenden Untersuchung umgehend verbrannt. Da das Krematorium nur bis sieben Uhr abends in Betrieb war, mussten alle Untersuchungen bis zu diesem Zeitpunkt beendet sein. Es schien, als hätte die Arbeitsgruppe Fünf ein Objekt vergessen.
    »Elende Schlamperei«, entfuhr es ihr. »Kaum bin ich nicht mehr zuständig, macht hier jeder, was er will.«
    Elena stieß die Tür auf und ging zu dem Metallwagen, auf dem ein zugedeckter Körper lag. Sie zog das Laken vom Gesicht des Toten. Einen quälend langsamen Herzschlag später zerbarst ihr Teebecher auf dem Steinboden. Ungläubig starrte Elena auf die übel zugerichtete Leiche von Clara.
    Zähneklappernd schob sie mit dem Fuß die Scherben des Bechers zusammen. Mechanisch verhüllte sie Claras Gesicht wieder und verließ das Labor.
    Die Druckmaschine im Raum der Clearer ratterte. Seite um Seite fiel in den Ausgabeschacht unter der dicken Walze. Das Geräusch einer zuschlagenden Tür ließ sie hochschrecken. »Es ist nichts dabei. Ich arbeite hier«, murmelte sie sich selbst Mut zu.
    Aber du hast dich an Jack vorbeigeschlichen und du hast Clara gefunden, wisperte eine Stimme in ihrem Inneren. Elena raffte die ausgedruckten Seiten zusammen, stopfte sie in ihren Stoffbeutel und löschte das Licht. Vom Gang fiel trübes Licht durch die Milchglasscheibe. Plötzlich wurde es dunkel. Ein geflügelter Schatten zeichnete sich vor der Tür ab. Elena duckte sich hinter eine Druckmaschine und hielt die Luft an. Nach endlosen Sekunden verschwand der Schatten. Trotzdem ließ Elena eine geraume Weile verstreichen, ehe sie sich aus ihrem Versteck wagte. Sie lugte in den Gang. Er war leer. Es wunderte sie nicht, dass Claras Leiche verschwunden war. Das Krematorium brannte nicht. Wohin hatte der Fremde die Tote gebracht? Was Elena jedoch am meisten entsetzte war, dass der Fremde keinerlei Geräusche verursacht hatte, nur die Tür hatte ihn verraten. Und dies wiederum ließ nur einen Schluss zu: Die Gerüchte waren wahr. Die überlebenden Engel arbeiteten für Madame Hazard als Attentäter, die unliebsame Menschen aus dem Weg räumten.

    Sophia lag auf ihrem Bett und kam sich kindisch vor. Sie konnte es sich nicht gestatten wie ein dreijähriges Mädchen zu heulen, dem man die Zuckerstange weggenommen hatte. Mit dem lüsternen Albert würde sie allemal fertig. Wütend über sich selbst, weil ein so erbärmlicher Kerl sie aus der Fassung gebracht hatte, bürstete sie ihr langes blondes Haar mit schnellen ruppigen Strichen, fasste es mit dem Haarband zusammen, richtete ihr Kleid und atmete tief durch. Sie beschloss, sich nicht mehr ins Bockshorn jagen zu lassen, weder von Albert noch von sonst jemandem.
    »Da bist du ja«, flötete Madame Hazard und umfasste hart Elenas Oberarm. Sie zog sie außer Hörweite der Gäste. Das Lächeln verschwand. »Wo zum Teufel warst du? Ich hatte dir klare Anweisungen gegeben!«
    »Es tut mir 1…«
    »Dummes Ding, du hast ja keine Ahnung, wie wichtig das hier ist. Nun geh und sei nett zu den Gästen.«
    Sophia knickste und lächelte pflichtschuldig die erstbeste Person an, die ihr unter die Augen kam. Zu ihrem Leidwesen handelte es sich um den dicken Mister Wilson.
    »Ah, Sophia, richtig?«
    »Ja, Mister Wilson.« Sophia knickste erneut.
    »Nach Madame Hazard sind Sie zweifellos die schönste Blume hier im Beet.«
    Er gluckste zufrieden über sein Kompliment und sah Sophia ungeniert ins Dekolleté. »Würden Sie mir die Freude machen, später mit mir zu tanzen?«
    »Gerne, Mister Wilson.«
    Sophia stellte fest, dass Madame Hazard sie beobachtete. Da die steile Zornesfalte auf deren Stirn fehlte, ging sie davon
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