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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)
Autoren: Kim Kestner
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er nachdachte. Lemuren, Hexen, Verbannung unter die Erde … Loos Worte stürmten durch seinen Kopf. Timothy hatte das Gefühl überzuschnappen.
    »Mach schon!«, sagte Loo ungehalten und nestelte ein mit bunten Perlen besetztes Leinengewand aus dem Papier hervor. »Du wirst es ohnehin gleich mit eigenen Augen sehen. Nur musst du das da jetzt anziehen.« Er zeigte auf ein paar lederne Sandalen, die neben dem Gewand lagen. »In deinem babyblauen Pyjama würdest du ja mehr auffallen als ein karierter Gobbel. – Na los! Es passt schon, die Mopsmännchen haben Tag und Nacht daran gearbeitet, nachdem sie dich vermessen haben.«
    »Mopsmännchen? Vermessen? Mein Traum!«, rief Timothy aus, und das letzte bisschen Farbe wich aus seinem Gesicht, als er begriff. »Es war gar kein Traum«, sagte er sehr langsam und wiederholte, um sicherzugehen, dass er richtig verstanden hatte: »Und … und jetzt willst du mich mitnehmen, um mir deine Welt zu zeigen. Und diesen Perlenumhang soll ich dazu anziehen.«
    »Bei Paxus‘ Bart! Er hat's begriffen!«, stieß Loo erleichtert aus.

Kapitel II
    Die bittersüße Schlüsselblume
    Loos Mutter war aufgeregt. Sie hatte noch nie einen Menschen gesehen.
    »Er muss doch etwas essen«, rief sie ihrem Mann zum dritten Mal zu, der angestrengt versuchte, die Kaufmannsrolle zu lesen. »Menschen essen regelmäßig, bis zu vier Mal am Diar. Sie erhitzen ihre Speisen sogar manchmal, kannst du dir das vorstellen? Und sie mögen Tomaten!« Loos Mutter schüttelte sich. Tomaten waren das Unappetitlichste, das sie sich vorstellen konnte.
    »Ich kann dem Jungen doch nichts kochen … wie auch, ohne Küche!«, rief sie aufgebracht.
    »Hm«, sagte Loos Vater und wickelte umständlich die Kaufmannsrolle wieder auf den hölzernen Kern. Das Pergament schlängelte sich durch das gesamte Wohnzimmer, und seine Frau musste mehrfach darüber hinweg steigen, als sie wild gestikulierend von einer Ecke zur anderen lief. Sie war eine kleine, resolute Colorin mit unbändigem, rotbraunem Haar, das sie auch beiden Kindern vererbt hatte.
    Als Lavina von Timothys baldiger Ankunft erfahren hatte, war sie völlig aus dem Häuschen geraten. Erst am Abend zuvor hatte ihre Freundin beiläufig erwähnt, dass Menschen gezwungen wären, regelmäßig zu essen. Seitdem sah sie sich mit einem schwer lösbaren Problem konfrontiert. Lemuren aßen nicht. Das hieß, sie naschten für ihr Leben gern, aber grundsätzlich mussten sie nicht essen. Sie taten es zum Vergnügen, nicht aus Notwendigkeit.
    Jetzt ärgerte sich Loos Mutter darüber, dass sie sich nie sonderlich für diese merkwürdigen Menschen interessiert hatte; sie wusste noch nicht einmal, ob Menschen schliefen – Lemuren taten es zumindest.
    Ladomir tippelte nervös mit den Fingern, rutschte unruhig im Sessel hin und her und erhob sich schließlich mit einem Seufzer, die bierfassstarke Ausgabe der Kaufmannsrolle vor seinen Bauch gepresst. »Ich werde Linus jetzt die Kaufmannsrolle zurückbringen, steht ohnehin nichts drin, was die geschwätzigen Gargoyles nicht schon längst von den Wurzeln gerufen hätten. Danach werde ich noch ein paar Tauschgeschäfte machen. Angeblich hat Conner von den Vinen einen extrem komfortablen Sessel gefunden , den er mir zum Tausch gegen einen Wächter angeboten hat. Nur ein paar klitzekleine Änderungen und man kann ihn prima in unser Schienensystem einsetzen, sagt er.«
    »Ladomir von den Coloren!«, rief seine Frau und stellte sich ihrem Mann wutentbrannt in den Weg. »Du wirst mir jetzt sagen, was wir dem jungen Menschen zu essen anbieten. Er wird in wenigen Horas ankommen und gewiss Hunger haben.«
    »Dann wirst du ihm wohl ein paar Wurzeln schälen müssen, Frau«, motzte Ladomir zurück. »Ich werde nicht meine sauer verdienten Eichenscheiben auf dem Plunderplatz lassen, um sie für Nahrung aus dem Fenster zu schmeißen!«
    Er schob sich, die große Kaufmannsrolle voran, an seiner aufgebrachten Frau vorbei.
    Fluchend trat Ladomir in den Haupttunnel, der zur zentralen Plaza führte. Der weitläufige Gang lag angenehm still und dämmrig vor ihm. Bald würde hier buntes Treiben herrschen.
    Zu Ladomirs Freude war der Tunnel erst vor Kurzem renoviert worden; dieser Umstand wertete alle anliegenden Behausungen deutlich auf. Man hatte den Boden mit aufwändigen Mosaiken versehen, die Wände neu gewischt und vielen weiteren Firlefanz betrieben. Letzten Mond wurde der unterirdische Gang dann großspurig auf den Namen Via Aurea ( Der goldene Weg )
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