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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit
Autoren: Roxann Hill
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Sessel und schlug betont lässig die Beine übereinander, bevor ich ihn mit einem leichten Nicken des Kopfes aufforderte, ebenfalls Platz zu nehmen. Prüfend blickte ich ihn an, bis er zur Seite sah. Runde zwei ging an mich.
    Wagner räusperte sich. „Wir sind uns noch nicht sicher, ob wir Sie für den Auftrag wollen...“
    „Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich den Auftrag will“, unterbrach ich ihn. „Genau deshalb sind wir hier zusammengekommen. Um was handelt es sich?“
    Wagner griff in seine Jackentasche und zog ein Briefkuvert hervor. Er legte es zwischen uns auf den Couchtisch und tippte mit dem Zeigefinger dagegen.
    „Was soll das?“, fragte ich.
    „Das sind Bilder. Bevor wir uns unterhalten, sollten Sie sich die zunächst einmal anschauen.“
    Ich nahm den Umschlag und öffnete ihn. Farbfotos kamen zum Vorschein. Eine Waldlichtung im Sommer, bunte Wiesenblumen, grünes Gras. Eine Leiche, offensichtlich weiblich. Schwarze, bösartig verkrustete Brandspuren, aufgeplatzte Haut, dunkelrotes Fleisch am ganzen Körper, das Gesicht schmerzverzerrt. Dort, wo sich die Augen einmal befunden hatten, schwarze Höhlen. Das, was vom Mund übrig geblieben war, grotesk weit aufgerissen, die Zähne rußgeschwärzt.
    „Und, haben Sie so etwas schon einmal gesehen?“, fragte der Priester, während er mich aufmerksam und mit einer Spur von Besorgnis musterte.
    Ich zuckte andeutungsweise mit den Schultern. Ich war schon weitaus Schlimmerem begegnet. Dingen, die er sich vermutlich nicht einmal vorstellen konnte. Laut sagte ich: „Das ist nichts Außergewöhnliches. Menschen tun Menschen furchtbare Sachen an.“
    Wagner biss sich auf die Unterlippe „Genau das ist der Punkt. Das, was Sie sehen, hat dem Opfer niemand angetan.“
    „Wie soll ich das verstehen?“
    „Das hier ist ein Selbstmord.“
    „Ein Selbstmord? Sie wollen mich auf den Arm nehmen!“
    „Keineswegs.“ Der Priester schüttelte seinen Kopf. „Der Suizid ist vor rund zehn Wochen geschehen. Die Verstorbene hat das alles akribisch genau geplant und vorbereitet. Sie hat ihr Heim verlassen, ist auf diese Wiese gegangen - ganz allein und weit weg von allen, die ihr hätten helfen können. Sie hat einen Stapel Holz aufgeschichtet und ihn mit Benzin übergossen. Dann hat sie sich die Haare abgeschnitten, sich rostige Nägel durch die Hand getrieben und den rechten Arm gebrochen. Und zum Schluss…, zum Schluss ist sie auf den Scheiterhaufen geklettert, hat Platz genommen und sich angezündet.“
    „Wow“, sagte ich. „Die war aber gründlich.“ Innerlich erschauerte ich, als ich darüber nachdachte, was einen Menschen wohl dazu bringen konnte, sich auf diese ungeheuerliche Art und Weise das Leben zu nehmen.
    „Haben Sie ein Motiv gefunden? Hat sie einen Abschiedsbrief hinterlassen? “ fragte ich nach einer Weile.
    Wagner warf mir einen Blick zu, der mir deutlich zeigte, dass er noch immer zweifelte, ob ich die Richtige für die Ermittlungen war. „Nein. Nichts.“ Seine langen Finger trommelten erneut – diesmal auf dem Couchtisch selbst. „Und deshalb bin ich hier. Meine Auftraggeber“, er stockte, „…meine Auftraggeber möchten herausfinden, was sich hinter dieser Tat verbirgt.“
    „Aber es steht doch eindeutig fest, dass es sich um Suizid handelt?“ Langsam wurde ich ungeduldig, doch Wagner schien meinen Gemütszustand nicht zu bemerken.
    „Das steht zweifelsohne fest. Aber gerade deshalb sollen wir der Sache nachgehen. Wir sollen herausfinden, wer oder was Cornelia zu dieser Tat getrieben hat.“
    „Sie hieß Cornelia?“
    „Ja. Cornelia Heinze. Und“, wieder stockte er, „…wir haben großes Interesse daran, das aufzuklären.“ Er schwieg.
    Mir blieb nichts weiter übrig, als erneut nachzufragen. „Warum ausgerechnet ich? Wie sind Sie darauf gekommen, dass gerade ich Sie unterstützen könnte?“
    „Wir haben recherchiert. Wir haben Nachforschungen angestellt, wer in solchen Fällen bereits gewisse Erfahrungen hat.“
    Eine Erinnerung durchzuckte mich wie ein elektrischer Schlag. Bilder tauchten vor meinem inneren Auge auf, rot durchtränkt und verwaschen - Fetzen einer bösartigen Vision, unter der man jahrelang leidet und die man nicht mehr loswerden kann.
    „So, ich habe Erfahrungen?“, erwiderte ich und es gelang mir nicht ganz, den bitteren Unterton aus meiner Stimme zu nehmen.
    „Jedenfalls sagt man das.“ Wagner ergriff den Briefumschlag, der wieder auf dem Couchtisch lag, in der Absicht, ihn einzustecken. Mitten
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