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Ihr stolzer Sklave

Ihr stolzer Sklave

Titel: Ihr stolzer Sklave
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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Klinge über Egans Kehle.
      Sein Bruder stieß keinen einzigen Laut aus. Ein Schrei entrang sich Kierans Kehle, als der Körper des Jungen zu Boden sank. Die Plünderer blickten nicht zurück, sondern stiegen über Egan hinweg, als wäre er nichts als ein lästiges Ärgernis.
      Kieran erwachte aus dem Traum. Seine Hände zitterten. Der Schweiß lief ihm über die Stirn, und er barg das Gesicht in den Händen. Einen Augenblick lang konnte er sich nicht erinnern, wo er war. Das frühe Morgenlicht sickerte durch die Ritzen der aus Fellen bestehenden Tür. Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar und stand taumelnd auf.
      Er ging nach draußen. Als könnte er so den Albtraum vertreiben, atmete er mehrmals tief durch. Seit einigen Monaten lebte er nun schon mit dieser Erinnerung, und er bezweifelte, dass sie ihn je verlassen würde.
      In der kühlen Stille des Morgens sah er andere Sklaven und Mitglieder des fudir auf den Feldern arbeiten. Er hätte unter ihnen sein sollen. Was er jetzt brauchte, war harte Arbeit und nicht die Chance, etwas tun zu können, das er liebte.
      Er konnte Holz fast in etwas Lebendiges verwandeln. Wie ein Gott schnitzte und formte er seine Schöpfungen. Es war nicht recht, dass er sich jetzt für diese Tätigkeit interessierte, selbst wenn sie eine schöne Frau betraf.
      Am Horizont zeichnete sich im Osten purpur- und rosafarben der Sonnenaufgang ab. Kieran ging zu einer Tränke für Tiere, tauchte die Hände ins Wasser und spritzte es sich über das Gesicht. Auch wenn Davin Wort gehalten und die Wächter vor seiner Tür abgezogen hatte, spürte Kieran doch, wie die anderen ihn beobachteten.
      Einer von ihnen trat einige Schritte vor. Den Kopf rasiert und mit einem langen, roten Bart stolzierte der Mann hochmütig auf ihn zu. „He, du da, Sklave!“, rief er. „Bring uns Wasser!“ Der Mann schenkte seinen Kumpanen ein selbstgefälliges Grinsen, während Kieran zornig den Trogrand umklammerte.
      In der Vergangenheit hätte kein Mann es gewagt, ihm Weisungen zu geben. Aber diese Stammesmitglieder hier erwarteten von ihm, dass er auf ihre Befehle hin sprang wie ein Hund. Langsam hob er die Lider und schenkte den Männern einen warnenden Blick.
      Er war es nicht gewohnt, zu gehorchen.
      Das ist deine Buße, mahnte ihn sein Verstand. Tu, was sie verlangen.
     
      Nein. Diese Männer waren nicht seine Herren. Sie wollten nur ihre Macht an ihm ausprobieren und ihn erniedrigen. Auch wenn er jede Verrichtung, die Davin ihm auftrug, annahm, diese Männer hier würde er nicht über sich triumphieren lassen.
      Gegen besseres Wissen drehte Kieran ihnen den Rücken zu und ging zu seiner Hütte zurück. Sicher würden sie jetzt zu Davin rennen und sich bei ihm über den Sklaven beklagen. Es würde Folgen haben, aber das war ihm gleich. Er mochte es auf sich nehmen, die Sklaverei eine Zeit lang zu ertragen, aber er war nicht bereit, sich jedem Mann zu beugen.
      Kieran setzte sich bei offener Tür an seine Arbeit, sodass das Tageslicht in die Hütte eindringen konnte. Die Schnitzwerkzeuge lagen in Leder eingewickelt genau auf dieselbe Weise auf dem Tisch, wie er sie hingelegt hatte. Seine Zeichnung von Iseult wartete darauf, dass er sich ihr widmete
      – ebenso wollte er das Stück Ebenholz bearbeiten.
      Er befreite die Schnitzwerkzeuge von dem schützenden Leder. Mit dem Daumen fuhr er über die Schneide eines Messers und prüfte dessen Schärfe.
      Da verdunkelte die Gestalt des rotbärtigen Mannes den Eingang der Hütte. Er hatte die Fäuste geballt. „Ich befahl dir, mir Wasser zu bringen, Sklave.“
      „Ach ja?“ Kieran machte sich auf einen Kampf gefasst, und seine Hand umschloss das Heft einer Klinge. Da der Mann seine Größe hatte, war er ein ebenbürtiger Gegner. „Ich bin nicht dein Sklave, oder?“
      „Davin wird von deinem Ungehorsam erfahren“, erklärte der Mann. „Und ich habe nicht übel Lust, dich dafür zu betrafen.“ Versuche es nur .
      Den Körper in geduckter Verteidigungshaltung, hob Kieran das Messer. Er mochte seine frühere Kraft verloren haben, aber noch immer wusste er, wie man eine Klinge führte. „Willst du das tun? Jetzt?“, lud er ihn ein und ließ das Messer durch die Luft zischen. „Nun denn, zeig, was du kannst.“ Ein Grollen entrang sich der Kehle des Mannes. Er griff Kieran an und zielte dabei auf dessen Handgelenk. Kieran drehte sich zur Seite und verletzte den Mann mit einem feinen Schnitt am Unterarm. Es war nichts
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