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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen
Autoren: Friedrich Ani
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Hauskleid mit Knöpfen war, das an ihr herunterhing. Keine Lampe brannte. Die Frau wankte und nahm die Hand nicht von der Klinke.
    »Frau Rieber?« sagte Fischer.
    Sie nickte, oder ihr Kopf zuckte; bei jedem Luftholen kam ein heiseres, gebrochenes Rasseln aus ihrem Mund.
    »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Nein«, sagte sie mit rissiger Stimme. »Mein Mann ist unten, wenn Sie den suchen.«
    »Dürfen wir reinkommen?« sagte Liz. Aber Frau Rieber verstand die Frage nicht, denn gleichzeitig sagte der Kommissar: »Kennen Sie einen Mieter mit dem Namen Franz Wohlfahrt?«
    Offenbar fiel es ihr schwer, den Kopf zu schütteln; sie ruckte mit dem Oberkörper, und ihr Kleid knisterte.
    »Wir möchten Ihnen gern ein Foto zeigen, Frau Rieber.«
    Liz gab ihr das Polaroid. »Lassen Sie sich Zeit.« Wortlos verschwand Frau Rieber im Zimmer.
    »Warum willst du nicht reingehen?«
    »Was willst du da drin?« fragte Fischer.
    »Die Frau ist völlig fertig, wahrscheinlich hat ihr Mann sie wieder verprügelt.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es nicht. Sie sieht übel aus, sie stinkt, sie hat eine Fahne, und sie zittert.«
    »Und dann kommt ihr Mann und wirft uns raus.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen, daß dich einer wo rauswirft. Wieso willst du der Frau nicht helfen?«
    »Sprich nicht so laut.«
    »Entschuldigung.«
    »Hältst du es für möglich, daß die Frau etwas mit der unbekannten Toten zu tun hat?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Und der Kellner?«
    »Eher nicht.«
    »Grüß Gott allerseits, wollen Sie zu mir?«
    Der Mann, der auf sie zukam, hatte eine Videokamera in der Hand; er war Anfang Vierzig, gedrungen und hatte seine dunkelblonden Haare zu einem Zopf zusammengebunden; das einzige markante Merkmal in seinem runden, bleichen Gesicht war eine ungefähr drei Zentimeter lange Narbe auf der linken Wange. Fischer zeigte ihm seinen Dienstausweis.
    »Herr Rieber?«
    »Klaus Rieber. Sie checken die Mieter, hab ich schon gehört. Wer ist die Tote?«
    »Ihre Frau sieht sich gerade ein Foto von ihr an.«
    »Meine Frau? Ist die schon wach? Am Sonntag pennt die meistens den ganzen Tag, sie malocht in einem Waschsalon, zwölf Stunden. Ist schon hart.«
    »Haben Sie einen Stellplatz in der Tiefgarage?«
    sagte Liz.
    »Hab ich, bin ich verdächtig?«
    »Waren Sie unten mit den anderen?« sagte Fischer.
    »Sicher.« Rieber stieß die Tür zu seiner Wohnung auf. »Anja! Wo bleibst?«
    Als hätte sie nur auf seinen Zuruf gewartet, trat sie aus dem dämmrigen Zimmer und streckte den Arm aus, schüttelte kurz den Kopf und sah ebenso gleichgültig wie erschöpft ihren Mann an. Rieber nahm ihr das Foto aus der Hand und ging zum Fenster im Hausflur.
    »So sieht die aus! Aha. Ich kenn die nicht. Und die ist also in unserer Tiefgarage aufgehängt worden.«
    »Wissen Sie, wem der Stellplatz gehört, auf dem wir die Frau gefunden haben?« Noch am Nachmittag, hoffte Fischer, würde die Hausverwaltung seinem Kollegen Moll die genaue Aufteilung des Kellers zufaxen.
    »Wir sind uns nicht sicher«, sagte Rieber.
    »Wahrscheinlich dem Wohlfahrt, der hat aber nie ein Auto da stehen. Der Stellplatz ist unbenutzt seit Jahren.«
    »Wen meinen Sie mit ›wir‹, Herr Rieber?«
    »Die anderen Mieter. Das ist ja das entscheidende: Wem gehört der Platz? Ihre Kollegen fragen jeden von uns danach.«
    »Schauen Sie sich das Foto der Frau bitte noch einmal an.«
    Liz bemerkte, daß Anja Rieber nicht mehr im Flur stand.
    »Nie gesehen, wohnt die im Haus?«
    »Das wissen wir noch nicht«, sagte Fischer.
    »Ist Ihre Frau krank?« fragte Liz.
    »Ach was«, sagte Rieber und wog die Kamera in seiner Hand. »Die macht sich da kaputt in dem Laden. Da können Sie hinreden wie an eine taube Kuh, da bewegt sich nichts.«
    »Welchen Beruf haben Sie?« fragte Liz.
    »Ich bin gelernter Radio und Fernsehtechniker. Der Betrieb, wo ich war, hat dichtgemacht, die Leute gehen halt lieber in den Großmarkt. Mit dem Geld von meiner Frau und vom Staat kommen wir grad so hin.«
    Er warf einen letzten Blick auf das Foto.
    Wenig später stiegen Polonius Fischer und Liz Sinkel die Treppe zum siebten Stock hinauf. Auf der letzten Stufe griff sie nach seinem Arm. »Anhalten!« Sie schnappte nach Luft und hustete. »Wieso sind wir nicht zu der Frau rein?«
    »Sie war verschlafen und angetrunken, sonst nichts.«
    »Bist du ein Hellseher?« sagte Liz laut. »Man konnt überhaupt nichts Genaues erkennen da drin! Und wenn der Mann auf sie losgegangen ist?«
    »Wieso denn?«
    »Wieso? Wieso
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