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Ich zähle bis drei

Ich zähle bis drei

Titel: Ich zähle bis drei
Autoren: Carter Brown
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    Ich nickte. »Sorcha hat mir von
jedem ein Farbfoto gegeben .«
    Er stand auf, ging durch den
Raum zu einem geschnitzten Walnußschreibtisch und
holte mit der freien Hand etwas aus der obersten Schublade.
    »Erkennen Sie es, Boyd ?«
    Er warf mir etwas zu, das ich
automatisch auffing. Ich wußte sofort, daß ich das Smaragdkollier mit dem
klotzigen Brillantanhänger in Händen hielt.
    »Sicher, eines der
Schmuckstücke«, sagte ich.
    »Es kam heute morgen als
Einschreiben mit der Post .« Er lächelte dünn. »Eine
Stunde darauf rief Daphne Talbot-Frith mich Ihretwegen an. Heute nachmittag haben Sie innerhalb von fünf Minuten
nach Betreten meines Hauses versucht, mich durch körperliche Gewalt
einzuschüchtern. Kaum eine Kette von Zufällen, oder?«
    »Kaum.«
    »Ich bin ein Verstandesmensch
und hänge keinen Phantastereien nach, aber es kommt mir vor, als sei ich das
Opfer einer Verschwörung, die darauf abzielt, mich zum Dieb zu stempeln. Ganz
offensichtlich steckt Sorcha Van Hulsden dahinter, und ich wüßte gern von Ihnen
— als ihrem Mietling —, warum sie ausgerechnet mich zum Opfer ausersah .«
    »Sie haben die ganze Geschichte
mißverstanden«, sagte ich.
    Er sah ungeduldig auf die Uhr.
»Sie hatten sich um eine Viertelstunde verspätet, Boyd. Und da ich gleich noch
eine sehr wichtige Verabredung habe, kann ich mir keine Zeitverschwendung
leisten .«
    Er kam erst auf mich zu,
marschierte dann aber in einem Halbkreis hinter meinen Sessel. Im nächsten
Augenblick bohrte sich der kalte Pistolenlauf in meinen Nacken.
    »Ich gebe Ihnen genau fünf
Sekunden, mir die Wahrheit zu sagen«, schnarrte er.
    »Haben Sie Ihren winzigen
britischen Verstand verloren ?« jaulte ich. »Alles, was
ich weiß, habe ich Ihnen schon gesagt. Die Witwe hat mich engagiert, um...«
Dann schlug die Dampframme wieder zu, diesmal auf meinen Hinterkopf. Eine
Sekunde lang explodierten Schmerzen in meinem Gehirn, dann kam dunkles
Vergessen.
     
    In meinem Hinterkopf spürte ich
ein dumpfes Bohren, und irgendwie merkte ich, daß auch meine Arme schmerzten.
Ich öffnete vorsichtig die Augen, blinzelte ein paarmal und entdeckte dann, daß
ich in einer Art Kellerraum war. Die verdreckten Milchglasscheiben des einzigen
winzigen Fensters hoch in der gegenüberliegenden Wand ließen fahles dünnes
Licht in den Raum fallen. Ich saß auf einem kalten Steinboden, mit dem Rücken
gegen die Wand. Aus irgendeinem verrückten Grund waren mir beide Arme über dem
Kopf gefesselt. Als es mir mühselig gelang, den Hals weit genug zu verrenken,
entdeckte ich, daß meine Handgelenke in Stahlklammern hingen, die mit einer
schweren fußlangen Kette an einem Ringbolzen in der Wand befestigt waren.
    Ich sah plötzlich im Geist das
Profil vor mir, wie es alterte, während ich für die nächsten zwanzig Jahre im
Keller hing und auf Errettung wartete. Nachdem ich meine Beine parallel zur
Wand geschwungen hatte, gelang es mir mit ein paar Verrenkungen aufzustehen.
Zwar ließ die schmerzhafte Spannung in meinen Armen nach, als sie bis zur
Taille herabrutschen konnten, dennoch blieb meine Lage grundsätzlich
unverändert. Wenn Waring jemanden einkellern wollte, knauserte er
offensichtlich nicht an den Zutaten. Die Armbänder waren die Arbeit eines
Profis, die Kette zusammengesetzt aus massiven Gliedern, und der Ringbolzen
schien stabil genug, um ein Schlachtschiff daran zu verankern, sollte der
Keller jemals überflutet werden.
    Ein Fünkchen Hoffnung glomm in
mir auf, als ich bei näherer Betrachtung entdeckte, daß der Ringbolzen in
Mörtel und nicht in Beton eingelassen war. Ich packte ihn mit beiden Händen,
lehnte mich zurück und stemmte die Füße an der Wand hoch, bis sie fest zu
beiden Seiten des Ringbolzens saßen. Ich spannte alle Muskeln an, ließ den
Ringbolzen los und warf mich gleichzeitig mit voller Kraft zurück. Ich spürte
einen reißenden Schmerz in den Sehnen, als die Kette sich straffte, dann hörte
ich ein ratschendes Geräusch, darauf folgte ein sekundenschneller Rückwärtsflug,
der mein Herz stillstehen ließ, und dann knallte ich mit einem schmerzhaften
Bums zu Boden.
    Eine ganze Weile lag ich
einfach da, überzeugt, gleich auf ewig abtreten zu müssen. Dann kam wieder Luft
in meine Lungen, und es gelang mir, mich durch Betätigung davon zu überzeugen,
daß meine Arme nicht aus ihren Gelenkpfannen gerissen worden waren. Ich rollte
mich auf den Bauch, arbeitete mich langsam auf die Knie und stellte mich
schließlich langsam auf die
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