Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
sich vor ihr auf. Von den Büschen troff eintönig der Regen. Sonja Garden blickte sich unruhig um. Ein dunkler, geschmeidiger Schatten glitt auf sie zu. Eine hochgewachsene Gestalt in schwarzem Regenmantel. Es war Richard Donally.
    „Ich habe gewußt, daß Sie kommen werden“, sagte er mit weicher Stimme. „Ich konnte beobachten, wie man Ihre Mutter wegschaffte.“
    „Gehen Sie bitte mit ins Haus“, sagte Sonja Garden flehend. „Sie müssen diese Nacht bei mir bleiben, Mr. Domally. Ich habe Angst. Sie wissen schon, wovor ich mich fürchte. Wenn dieser Besucher wieder kommt, der Muter jede Nacht . . .“
    „Er wird wahrscheinlich nicht kommen“, sagte Richard Donally wortkarg.
    „Nicht kommen? Woher wissen Sie das?"
    „Ich konnte den Mörder vorhin beobachten, als er am Fenster lauerte und den tückischen Schuß abfeuerte. Aber das alles erzähle ich Ihnen später. Wir wollen ins Haus gehen. Hier draußen ist es nicht ganz geheuer.“
    Eng nebeneinander wanderten sie durch den Garten auf das Hausportal zu. Sie versperrten sorgfältig die Tür hinter sich und ließen sich kurz nachher im Wohnzimmer nieder. Auf dem Diwan lagen noch die zerwühlten Decken, die Melanie Garden eingehüllt hatten.
    „Wir müssen die Hintertür verschließen“, sagte das Mädchen ängstlich. „Es genügt nicht, wenn wir sie absperren. Man müßte einen Riegel anbringen, oder etwas ähnliches. Werden Sie das tun, Mr. Donally?“
    Natürlich tat er es. Er verbarrikadierte die Hintertür kunstgerecht mit Brettern, mit einem Lattengestänge und einem schweren Möbelstück. Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, sah er Sonja Garden scheu und ängstlich neben dem Kamin sitzen. Die rötlich flackernde Glut warf schmeichelnde Lichter in ihr reizvolles Gesicht. In den schwarzen Locken tanzten tausend rote Funken.
    „Sie wollten mir noch etwas erzählen, Mr. Donally“, sagte sie schüchtern. „Sie sagten vorhin, Sie hätten den Mörder beobachtet. Kennen Sie diesen Satan schon länger?“
    „Ja“, sagte Richard Donally. „Ich kenne ihn seit jener Nacht, als ich ihm hier, im Haus begegnete.“
    „Und warum haben Sie so lange geschwiegen?“, forschte Sonja Garden unsicher. „Warum meldeten Sie Ihre Beobachtung nicht der Polizei?“
    „Ich mußte schweigen“, sagte Richard Donally langsam. „Hätte ich nämlich den Namen des Mörders genannt, so hätte ich Ihnen einen schlechten Dienst erwiesen. Ihre Mutter wäre dann wahrscheinlich noch in der gleichen Nacht verhaftet worden. Diesen Schmerz wollte ich Ihnen ersparen. So habe ich Ihnen zuliebe geschwiegen.“
    „Mir zuliebe?“, fragte Sonja Garden errötend. Was sollte sie tun? Was hätte nun ein anderes Mädchen an ihrer Stelle getan? Sie stand ganz allein auf der Welt und hatte keinen Menschen mehr. Nur ihn. Er war der einzige, für den sich überhaupt noch zu leben lohnte.
    Sie ging scheu zu ihm hin und barg ihren Kopf in seinen Armen. Sie fühlte sein zärtliches Streicheln auf ihrem Haar und einen sanften Kuß, der ihr Gesicht berührte. In diesem Moment wußte sie ganz sicher, wohin sie für alle Zukunft gehörte. Sie wollte ihm ein paar zärtliche Worte zuflüstern, aber sie kam nicht dazu. Ein schrilles Läuten gellte durch das Haus. Es kam von der Portaltür her.
    „Wer ist das?“, fragte Sonja Garden erschreckt. „Sollen wir aufmachen? Oder hältst du es für besser, wenn wir uns nicht rühren?“
    „Du bleibst hier“, sagte Richard Donally kurzentschlossen. „Ich werde mal nachsehen. Vielleicht ist es die Polizei?“
    Er verließ das Zimmer und ging hinaus in die Vorhalle. An der Portaltür pochte eine harte Faust. Das ungeduldige Trommeln hallte durch das ganze Haus.
    Vorsichtig näherte sich Richard Donally der Tür. „Wer ist da?“, fragte er laut.
    „Der Abgeordnete Nicolas Gory“, klang es von draußen herein.
    „Machen Sie bitte auf. Ich habe Melanie Garden etwas auszurichten.“
    Vielleicht hätte Richard Donally die Tür geöffnet. Vielleicht wäre er auf den plumpen Trick hereingefallen. Aber das metallische Klicken, das plötzlich durch die Stille klang, machte ihn stutzig. Ein untrüglicher Instinkt warnte ihn. Vorsicht, raunten ihm alle Gedanken zu. Er warf sich flach auf den Boden. Es war um keine Sekunde zu früh. Denn fast gleichzeitig zersplitterte das Holz der Tür unter zwei peitschenden Kugeln. Sie waren genau in Brusthöhe gezielt. Sie lagen dicht nebeneinander. Sie hätten ihn unbedingt treffen müssen. Draußen entfernten sich hastige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher