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Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Titel: Ich sehe was, was du nicht siehst
Autoren: Lena Diaz
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erzählst mir etwas, damit ich deine Stimme hören kann und weiß, dass du nicht mal wieder davonläufst.« Mit diesen Worten verschwand Pierce durch eine Flügeltür neben dem Kamin.
    Bei dem Gedanken, ihm ins Schlafzimmer zu folgen, wurde es Madison heiß. Es war ihm immer gelungen, mit einer winzigen Berührung ihr Feuer zu entfachen, er musste nur sacht mit den Lippen über ihren Nacken streichen oder mit der Hand ihr Becken liebkosen. Sie entfernte sich ein wenig von der Tür und der Versuchung. Selbst wenn ihre Vergangenheit nicht zwischen ihnen gestanden hätte, es gab noch ein weitaus größeres Hindernis zu überwinden.
    Seine Verlobte.
    Der Gedanke an eine andere Frau an seiner Seite hatte auf sie die gleiche Wirkung wie ein Eimer Eiswasser.
    »Und warum sollte ich nicht davonlaufen?«, stichelte sie, immer noch wütend darüber, dass er sie mit Handschellen gefesselt hatte und sie dazu zwingen wollte, seine Hilfe anzunehmen.
    »Weil ich dich dann zum zweiten Mal einfangen müsste, und dann wäre ich wirklich sauer. Ich bin ohnehin schon spät dran.« Seine Stimme klang gedämpft, als stünde er in einem Schrank.
    Mit dem Finger strich sie über die kühle Glasoberfläche eines Messing-Couchtischs, auf dem ein paar nach Flohmarkt aussehende Statuen standen. Der Mann, an den sie sich erinnerte, hatte Antiquitäten bevorzugt, so wie den Pontiac, den er fuhr. Klassisch und schnörkellos, nichts Grelles oder Kitschiges.
    Die Gemälde an der Wand zeugten von einem bemerkenswerten Mangel an Talent. Selbst in ihrem Kunstkurs an der Highschool hätte sie etwas Besseres zustande gebracht. Pierce war stark, zuverlässig und unverschämt sexy. Das Haus spiegelte keine dieser Eigenschaften wider.
    Diejenige mit dem abgrundtief schlechten Geschmack musste also seine Verlobte sein.
    Sie wandte den grässlichen Bildern den Rücken zu und machte vor Überraschung einen kleinen Satz.
    Die junge Frau, die er zu der Hochzeit ihres Bruders mitgebracht hatte, hatte soeben das Haus betreten. Ihr langes, rotes Haar floss in luxuriösen Wellen um ihre blassen Schultern. Sie zog eine perfekt gezupfte Augenbraue in die Höhe und ging auf Madison zu, wobei ihre Stöckelschuhe auf dem Marmorfußboden klackerten.
    »Pierce.« Madison hob die Stimme, damit er sie hören konnte. »Du hast Besuch.«
    Die Frau baute sich vor Madison auf und verschränkte die Arme vor ihrem üppigen Busen.
    Noch ehe Pierce das Schlafzimmer verlassen hatte, verriet ein unbehagliches Gefühl in der Magengrube Madison, wer die Frau war.
    Die Dekorateurin mit dem schlechten Geschmack.
    Die Verlobte.
    »Ich bin kein
Besuch
, Süße. Ich wohne hier«, säuselte sie, und ihre grünen Augen blieben kurz an Madison hängen, ehe sie zu Pierce glitten. »Was macht sie hier?«, fragte sie ihn.
    Madison richtete sich auf und bemühte sich, die Mundwinkel zu etwas zu verziehen, was einem Lächeln wenigstens nahekam. »Ich bin hier, um dich zum Schießplatz zu begleiten,
Süße«,
fauchte sie.
    Pierce warf Madison einen warnenden Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit der Rothaarigen zuwandte. »Tessa, was machst du hier? Du solltest doch …« Er sah zu Madison, bevor er sich wieder der anderen Frau zuwandte. »Ich dachte, du hättest eine Verabredung.«
    »
Wir
hatten eine Verabredung. Ich habe dich angerufen, aber du bist nicht an dein Handy gegangen.« Ihre dicht bewimperten Augen glitten zu Madison. »Ich schätze, ich weiß jetzt, warum.«
    »Wir müssen reden.« Er nahm ihre Hand und zog sie zu sich heran.
    Madison machte einen Schritt zur Seite, da sie nicht tiefer in den Streit hineingezogen werden wollte, als es ohnehin schon der Fall war.
    Pierce deutete mit dem Finger auf sie. »Warte hier auf mich. Zwing mich nicht dazu, dir schon wieder hinterherzujagen.«
    »Schon wieder?«, rief Tessa. »Was hat das zu bedeuten?«
    Madison, die sich selten so elend gefühlt hatte, versuchte unauffällig, mehr Distanz zwischen sich und das streitende Paar zu bringen. Pierce zog Tessa ins Schlafzimmer und schloss die Flügeltüren hinter sich.
    Entschlossen, nicht bei dem Gedanken an Pierce und sein
Fotomodell
– noch dazu eingeschlossen in seinem Schlafzimmer –, zu verweilen, wandte Madison sich ab. Sie erstarrte, als sie die Fotos bemerkte, die sie beim Hereinkommen übersehen hatte.
    Dutzende Fotos waren im Zimmer verstreut, sie standen im Bücherregal und auf einem Beistelltischchen. Es waren Aufnahmen von Pierce und seiner langbeinigen Verlobten. Beim Abendessen in
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