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Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Titel: Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone
Autoren: Heyne
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Ordentliches zwischen die Zähne. Nach Jahren des Verzichts, nach verzweifelten Blicken in mit Joghurtbechern und Salatgurken bestückte Kühlschränke, lautet sein Motto jetzt: »Wer kocht, bestimmt.« Die Schweinshaxe ist seine Waffe im Kampf gegen Grünkern-Auflauf und Petersilienwurzel-Diät.
    Selbstverständlich bruzzelt der moderne Jäger und Sammler nicht jeden Tag. Das wäre viel zu profan. Wenn, dann bitte anschließend mit angemessenem Applaus. Die Mühe muss sich schließlich lohnen – ungefähr so, wie man einen edlen Tropfen nur mit Kennern teilt. Alles andere wäre Verschwendung seiner geistigen (»Menü erstellen«), männlichen
(»Beute jagen, stellen, sichern«) und handwerklichen (»schnippeln, raspeln, hacken, flambieren«) Ressourcen. Also wird nur vor Besuch gewirkt.
    Auch Studienfreund Klaus stellt sich seit einiger Zeit in eine Reihe mit Jamie Oliver, Tim Mälzer und den anderen jungen Bratröhren-Wilden. Er selbst ist zwar nicht mehr ganz so knackig wie das junge TV-Gemüse, aber – man schmecke und staune – erträgt man seine Fachsimpelei rund um japanische Santoku-Supermesser, beidseitig geschliffen und aus berühmtester Stahlschmiede, und der kleinen Trüffel-Kunde seit 3000 vor Christus, kommt man bei Klaus kulinarisch voll auf seine Kosten.
    Es muss daran liegen, dass Klaus Oberstudienrat ist und sozusagen berufsbedingt perfektionistisch veranlagt: Wenn er etwas anfängt, dann zielführend, ordentlich und ohne Geschluder. Und so schraubt er jetzt, statt, wie früher, seinen Heimwerkerfimmel im Hobbykeller auszuleben, in der Küche herum.
    Ergebnis: ganz großes Kino. Er zerlegt – zackzackzackzack – mit einem Urschrei eine Gurke sekundenschnell in 78 exakt gleiche schmale Scheiben, ohne sich dabei auch nur einen Fingernagel oder Schlimmeres zu kappen, und wendet Crêpes zirkusreif in einem dreieinhalbfachen Salto aus der heißen Pfanne knapp unter derZimmerdecke.

    Bei Obi hat er letztens nicht den üblichen Fliesenkleber gekauft, sondern einen Bunsenbrenner zum Karamelisieren von süßen Dessertkrusten. Und selbst der bei Lehrern ja unendlich lange und dauernd nachwachsende Urlaub wird nicht mehr gemütlich auf Malle verbracht, sondern führt Koch-Klaus an die abenteuerlichsten Orte der Welt: Neulich war er im Irak – als Erntehelfer beim Krokuspflücken für die Safran-Herstellung. Ebenso geplant ist eine Verabredung zum Russischen Roulette mit einem Kugelfisch im japanischen Kyoto und einen Ausflug auf den Schwarzmarkt für Arganöl in einer mafiösen Wüstenoase, von der ich gar nicht wissen möchte, wo die liegt.
    Schmecken tut alles, was Klaus zaubert – und das allein zählt. Kleine Überraschungen wie glänzendes Blattgold, das sich hartnäckig in meinen Zahnlücken festgesetzt hatte und mir tagelang den Look eines erfolgreichen arabischen Kamelhändlers bescherte, nehme ich dabei gern in Kauf.
     
    Die Kochmanie bringt auch für den Hobby-Küchenchef einen großen Vorteil mit sich. Wer sich nämlich bewirten lässt oder sich von morgens bis abends von Fastfood, Fertiggerichten oder Kantinen-Essen ernährt, darf sich nicht wundern, wenn Hüftgold und Doppelkinn wachsen und gedeihen. Selbst den Kochlöffel und das Hackmesser zu schwingen, kann an der Umfangerweiterung dauerhaft etwas ändern: Wer schnippelt, Schaum schlägt und dünstet, behält den Überblick über das, was er in sich hineinspachtelt, isst bewusster, schlingt nicht heißhungrig und schnell hinunter – ein Gesamtpaket mit figurfreundlichen Folgen. Und möglicherweise beziehungstechnischen Vorteilen.
    Wo die emanzipierte Frau eher Herdflucht betreibt (beziehungsweise wenig Ambitionen an den Tag legt, den Liebsten rund um die Uhr zu bekochen), ist es nicht schlecht, sich selbst die eine oder andere Zivilisationstechnik anzueignen – etwa ein Ei braten zu können oder gar ein ganzes Menü auf den Tisch zu bringen. Und was für Kerle in Beziehungskisten gilt, stimmt umso mehr für Singlemänner, denn nichts erobert das Herz einer Frau schneller als ein Mann, der aus dem Stand ein romantisches Candle-Light-Dinner herbeizaubern kann. – Mit Chilimöhren? Na, warum denn nicht …?

     
    Fest steht: Wer virtuos Rouladen wickelt, der kann auch Frauen um den kleinen Finger wickeln. 95 Prozent der Damen bis 29 Jahre erwarten von ihrem Traummann Kochkünste. Das sollte den Herren zu denken geben.
     
    Klaus ist übrigens der lebende Beweis dieser Studie: Den ledigen Lehrerkolleginnen, die ja berufsbedingt ähnlich
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