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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Bramme I
     
     
     
    Mugalle parkte Jossas schwarzen Golf auf der schmalen Schotterschneise, die sich von der Knochenhauergasse bis zur Packhofstraße hin erstreckte, ins alte Fachwerkviertel teils 1944 von Royal Air Force-Bomben geschlagen, teils vom angrenzenden Hotel «Zur Stadtwaage» zwanzig Jahre später widerrechtlich, doch mit filz-freundlicher Duldung des Stadtdirektors von Bulldozern plattgewalzt.
    BRE-JO 345, und ein nagelneues Nummernschild. Mugalle sah es lange an, memorierte Buchstaben und Ziffern mit halb geschlossenen Augen, trat dabei eine zerfledderte Matratze, von spielenden Kindern vergessen, gegen eine weiß getünchte Mauer.
    Das Gewitter war vorüber. Die Sonne knallte wieder vom plattdeutschen Himmel, verdampfte das Wasser der noch verbliebenen Pfützen.
    Jossa hatte sein Konto bei der Deutschen Bank am Markt, also ging Mugalle ins Bankhaus Buth hinein, Knochenhauergasse, in die neue Filiale, dem Mönchsgang gegenüber.
    «Meine hat schon zu», sagte er, als er der Dame hinterm Panzerglas, amerikanisch aufgetakelt, Mitte Fünfzig, einen auf 400 DM ausgestellten Scheck nebst Euro-Card hingab. «Die Gebühr können Sie gleich abziehen…»
    «Würden Sie bitte auf der Rückseite des Schecks noch einmal Ihre Unterschrift, Herr Jossa…!» Ihre Aussprache war so geziert wie sie selber.
    Mugalle klopfte Jossas, klopfte seine Lederweste ab, suchte in allen vorhandenen Taschen, konnte aber keinen Kugelschreiber finden, fluchte leise vor sich hin, nahm schließlich den, den sie am Marmortresen festgebunden hatten.
    Er zögerte unmerklich, schloß die Augen, signalisierte, Kopfschmerzen zu haben, konzentrierte sich voll und ganz auf Jossas Unterschrift, Kasparow im Endspiel, hatte sich den Galgen des J eingeprägt mit aller Kraft, auch die vier Kringel dahinter, kleine Spiralen: o-s-s, alle gleich, rechts oben begonnen und nach links in rückkehrendem Bogen gezogen, und dann das a ein wenig kindlich, mit einem Schwanz nach rechts außen endend.
    Ein kurzes Schwungholen noch, dann schrieb er, war auch deswegen verunsichert, weil er ja durch Jossas Brille, so schwach sie war, alles leicht verschwommen sah.
    «Bitte sehr…!» Endlich reichte er den Scheck zurück.
    «Danke sehr…» Mit geübtem Blick prüfte die Kassiererin die Unterschrift, ließ sich damit viel, viel Zeit.
    Mugalle zog Jossas Personalausweis hervor und hielt ihn bereit, die Seite mit dem Paßbild aufgeschlagen.
    Sie sah es und gab ihm die Scheckkarte wieder. «Bitte sehr, Herr Jossa. Wie darf es denn sein?»
    «Gestückelt bitte.»
    «Gerne.» Sie wandte sich zu ihrem Pult, wo alle Scheine und Münzen wohlgeordnet lagen, griff sich in sagenhafter Schnelle das Gewünschte, einmal blau, viermal braun, viermal grün und zu guter Letzt noch einige silberne Münzen, selber berauscht von ihrer Aktion, zählte sie ihm das alles vor, die Zwischensummen mitmurmelnd.
    «Vielen Dank!» sagte Mugalle, und seine Finger zitterten ein wenig, als er Jossas Geld mit einem einzigen Griff aus der Plastikschale nehmen wollte. Ein Markstück glitt ihm aus der Hand, fiel hinunter, rollte den Boden entlang. Hartgummi war da ausgelegt, schwarz, mit vielen runden Inseln darin, wie auf vielen Flughäfen auch.
    Mugalle hatte Mühe, die Münze unter einem Tisch mit Prospekten zu finden, und als er wieder hochkam, sah er einen grün-weißen Streifenwagen Mönchsgang Ecke Knochenhauergasse halten, das Blaulicht eingeschaltet, hörte nun auch ein, zwei Martinshörner gellen.
    Er rührte sich nicht, stand da wie alle anderen Kunden: versteinert.
    Ein Telefon schrillte, schmerzhaft eindringlich, grell wie eine Nuttenstimme, so schien es Mugalle, und verstummte wieder.
    Eine elektronische Maschine war von einer Aushilfskraft mit einem vertippten Buchstaben allein gelassen worden und piepte nun kläglich.
    Ein Heuallergiker nieste zwei-, dreimal und bekam seine Nase erst mit einem Sprühstoß Lomupren unter Kontrolle.
    Mit kurz nachhallendem Klicken sprang die Uhr über Mugalle auf die nächste volle Stunde um.
    Dann herrschte für Sekunden absolute Stille, ehe die Polizisten drüben eine Pinte stürmten, im Mönchsgang gegenüber, ein Bistro mit dem Namen m.a.v. vor kurzem erst eröffnet.
    Mugalle machte sich daran, das Geld in Jossas abgewetzter Lederweste zu verstauen, erforschte gleichzeitig deren Taschen noch weiter.
    Es dauerte, und als er das Bankhaus Buth wieder verließ, kam ihm vom Mönchsgang her ein Mann entgegen, der ihn genau zu kennen schien. Ob als
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