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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich
Autoren: Jenn Ashworth
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gemacht«, sagte ich.
    »Dann haben die mich nur so zum Spaß angerufen, oder was?«, entgegnete Barbara barsch. »Steckt diese Chloe dahinter?«
    »Chloe ist nach Hause.«
    Barbara lehnte sich seufzend vor, die Hände flach auf dem Tisch. »Was hast du geklaut? Was brauchst du so dringend, dass du es stehlen musstest?«
    »Nichts. Ich habe nichts geklaut.«
    »Ich weiß, wir haben kein Geld, aber … «
    »Ich habe nichts gestohlen.«
    Sie seufzte wieder, nahm die Hände vom Tisch und steckte sie vorn in ihre Schürze. Sie wartete eine Weile, bevor sie weiterredete.
    »Würde ich nicht ernsthaft befürchten, dass du deinem Vater schon wieder Weihnachten versaust«, sagte sie, »würde ich es ihm erzählen.«
    Ich erwiderte nichts. Ich glaube, mit »schon wieder Weihnachten« meinte sie das Jahr zuvor, als ich die Windpocken bekam. Da Donald und Barbara nie die Windpocken hatten, steckte ich sie an, und weil Donald nicht viel tat, hatte er ein schwaches Immunsystem, und er musste eine Woche lang das Bett hüten und verpasste alles.
    Sie konfiszierte die Polos.
    Abgesehen von dem plötzlichen, unerwarteten Kälteeinbruch an Heiligabend und einem nächtlichen Sturm aus Hagel, der am Boden liegen blieb und so tat, als wäre er Schnee, verlief der erste Weihnachtstag wie jedes Jahr.
    Ich hatte für Donald einen Zauberkasten gekauft. Den hatte ich schon vor Monaten in einem Buch-Discounter besorgt. Ich hatte ihn zu früh geholt. Bis Weihnachten hatte er kein Interesse mehr am Zaubern und wechselte zu Fischen. Trotzdem tat er so, als würde er sich darüber freuen, und nahm die Schachtel auf die Knie, während wir uns die Ansprache der Queen ansahen und darauf warteten, dass der Truthahn fertig war. Ich hatte außerdem gespart und Barbara ein Parfüm gekauft, das Chloes Mutter immer benutzte. Barbara wollte die Schachtel nicht öffnen und es ausprobieren, und als Donald eingeschlafen war, stellte sie es auf den Fernseher.
    »Das kann dort bleiben, bis die Läden aufmachen«, sagte sie.
    Ich starrte auf die Parfümschachtel und lauschte Donalds Schnarchen aus seinem Sessel. Die Schachtel starrte zurück. Die Christbaumkerzen spiegelten sich in der Silberschrift auf der Schachtel, und das Glitzern zog meinen Blick automatisch an, egal wohin ich schaute. Barbara war beschwipst.
    »Soll ich es umtauschen?«, fragte ich. Gekränkt.
    Barbara machte »Schsch!« und deutete auf Donald. »Das kriegt die Wohlfahrt«, sagte sie, leicht lallend. Sie schenkte sich das nächste Glas ein. »Mir ist nämlich nicht wohl dabei, Diebesgut zu benutzen.«
    »Man kann das Parfüm nicht stehlen«, gab ich leise zurück. »Das ist eingeschlossen hinter der Theke. Die Schachteln im Regal sind nur Show.«
    »Das hast du wohl gründlich ›abgecheckt‹«, sagte Barbara.
    »Das weiß jeder«, erwiderte ich. »Das ist wie mit Kippen und Rasierklingen. Die teuren, kleinen Sachen.«
    »Kippen?«, sagte sie und schaltete das Fernsehprogramm um, ohne zu fragen. Ich konnte es kaum bis zum zweiten Weihnachtstag erwarten, wenn ich mit Chloe in den Park gehen konnte und wir unsere Geschenke vergleichen würden.

4
    Debenhams-Kaufhäuser gibt es überall auf der Welt. In Israel, in Russland, in Australien. Jahre später erzählte ich Emma die Geschichte mit dem Hausverbot, und sie lachte, aber als ich hinzufügte, dass ich seitdem tatsächlich nie wieder in einem Debenhams war, wollte sie plötzlich unbedingt den Park verlassen, wo wir uns eine Flasche Cidre geteilt hatten, auf einer Bank im japanischen Wassergarten, und in die Stadt gehen. In genau den Debenhams, und obwohl ich bezweifle, dass es Emma in den Sinn kam, rechnete ich die ganze Zeit damit, Chloe irgendwo herumlungern zu sehen, immer ein Auge auf die Überwachungskameras. Ich achtete auf Blondinen, die in der Parfümerie-Abteilung an ihren Handgelenken schnupperten oder sich vor großen, unverschmierten Spiegeln Kleider an den Körper hielten. Sie hatten nichts Gespenstisches.
    Emma und ich gingen oben im Café einen Kaffee trinken. Es befindet sich auf einer Empore, bloß dass jeder sie Rundgalerie nennt, und die Stühle und Tische stehen hinter Glasscheiben, sodass man von oben auf die Leute hinabschauen kann, die Kleiderständer inspizieren, Waren in die Hand nehmen und wieder zurücklegen und sich vor den Umkleidekabinen anstellen.
    Emma nahm die Zuckerpäckchen, leerte sie in ihre Untertasse und naschte langsam davon, indem sie den Finger befeuchtete und in den Zucker steckte, bis nichts
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