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Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Autoren: Jaye Ford
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benutzte die andere Hand und zeigte auf ihre Wange, die Rippen und den Solarplexus.
    »Wenn die Polizei das Arschloch findet, kann sie ihn an seinen Verletzungen erkennen.« Die Pose des tapferen Mädchens fühlte sich gut an. Wie aus vergangenen Tagen. Es klang keineswegs nach dem Gefühlssturm, der in ihr tobte.
    Bei ihren Worten sah sie der Mann überrascht an. Einen Moment sagte er nichts, dann wandte er sich ab und murmelte etwas in sein Handy.
    Liv strich sich das Haar aus dem Gesicht und sah sich um. Sie war benommen, konnte aber erkennen, dass sie sich noch immer auf dem Parkplatz befand und gegen ihren eigenen Wagen lehnte. Der dritte Stock sah noch genauso aus wie vorhin – Schatten, Säulen und Dämmerlicht. Wie lange hatte sie dort gelegen? Und wo war das Arschloch in Schwarz?
    »Ich bringe Sie irgendwo hin, wo es angenehmer ist«, sagte der Mann und steckte das Handy wieder in seine Brusttasche. »Können Sie laufen?«
    Er legte seine Hand unter ihren Ellenbogen, aber sie schob sie weg. Noch vor einer Minute hatte sie gedacht, er würde sie umbringen. Sie war noch nicht bereit, ihn an sich heranzulassen, also hielt sie sich weiter am Wagen fest und versuchte sich alleine aufzurappeln. Zu voller Größe aufgerichtet, sah er sogar noch beeindruckender aus. Liv war schon groß, doch er überragte sie um einen Kopf. Er war auch breit gebaut und bestand fast nur aus Schultern und Armen, die unter seinem Hemd spannten. Sie presste sich fester gegen das Auto und zupfte an ihrem Rocksaum. Der Ärmel ihrer Jacke war zerrissen, ihre Bluse vorne heruntergerissen. Sie zog an den zerfetzten Enden und versuchte den Spitzen-BH zu verdecken. Der große Mann legte ihr seinen Mantel über die Schultern. Sie hatte seinen Namen wieder vergessen, sah ihn misstrauisch an und zog dann den Mantel enger um ihre Brust.
    Er musste ihr Misstrauen bemerkt haben, denn er hielt ein bis zwei Schritte Abstand, als sie am Auto entlangging. Am Wagenheck entdeckte sie das Häufchen am Boden – ihre Tasche, ihr Handy, ihre Sonnenbrille, ihre kleine Digitalkamera, der Lippenstift. Der Autoschlüssel. Ein Schlangenlederschuh lag auf der Umhängetasche, der andere lag zwei Parkplätze weiter. Dann fiel ihr wieder die Hand auf ihrem Mund ein und der Schlag auf ihre Brust, und die Erinnerung schnürte ihr die Luft ab. Du gehörst mir, du Schlampe . Sie streckte einen Arm aus, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden, und schnappte nach Luft, als ihr verletzter Finger auf das Auto traf.
    »O Gott«, hörte sie sich sagen, ihre Stimme klang jetzt keineswegs mehr mutig.
    Sie schlug die Hand vor den Mund. Übelkeit stieg in ihr auf. Sie krümmte sich, versuchte zu atmen und wollte, dass der Schwindel aufhörte. Er hielt sie um die Taille fest, als ihr die Knie wegsackten. Sie klammerte sich an sein Hemd und spürte die festen Muskeln. Dann kamen ihr die Tränen. Sie hatte sie die ganze Zeit gespürt, seit sie aufgestanden war – doch auf den schrillen Schrei und den Tränenstrom, der ihm folgte, war sie nicht vorbereitet gewesen. Es fühlte sich an, als würde auch all der andere Schmerz, den sie so lange zurückgehalten hatte, mit einem Mal aus ihr herausbrechen. Instinktiv klammerte sie sich an den Fremden, ihre Knie zitterten, sie klammerte sich mit der verletzten Hand an sein Hemd und schnappte nach Luft. Er ließ sie gewähren und stand einfach nur da, bis sie sich beruhigt hatte.
    Es dauerte nicht lange. Als sie wieder einen klaren Kopf hatte, nervte sie seine Nähe. Sie hatte keine Ahnung, wer er war. Wusste nicht, wer sonst noch auf dem Parkdeck war.
    »Wer war der Mann?«, fragte sie und stieß ihn von sich.
    »Wer?«
    »Der mich überfallen hat. Das Arschloch mit den schwarzen Klamotten. Ist er weg?«
    »Vermutlich ist er abgehauen, als er mich gehört hat.«
    Sie fuhr sich mit ihrer unverletzten Hand durchs Gesicht und sah sich um, um sich zu vergewissern.
    »Kommen Sie auf die andere Wagenseite, dann können Sie sich setzen.« Er öffnete die hintere Wagentür, sah ihr geduldig dabei zu, wie sie sich vorsichtig hinsetzte und an die schmerzende Beule in ihrem Gesicht fasste.
    Er würde ihr nichts tun. So viel hatte sie inzwischen begriffen. »Wie heißen Sie noch mal?«
    Er hob ganz leicht den Mundwinkel zu einem Lächeln, bevor er etwas sagte. »Daniel Beck. Ich arbeite im gleichen Stock wie Sie, am anderen Ende des Flures. Wir sind uns ein paar Mal über den Weg gelaufen.«
    Wirklich? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Dann fiel ihr
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