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Ich glaub, ich lieb euch alle

Titel: Ich glaub, ich lieb euch alle
Autoren: PeP eBooks
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Dann küsst er sie leidenschaftlich auf die Wange, und sie quiekt vor Vergnügen. Na so was! Was haben wir denn hier? Einen hinterhältigen Theaterfreak mit perfekt sitzendem Haar, der sich bei der erstbesten Gelegenheit auf die Dorfmatratze schmeißt. Und ich hatte geglaubt, Jeremy und ich würden gute Freunde werden, doch ich befürchte, Abby hat mir gerade meinen nächsten Erzfeind geliefert. (Andres Haar wächst im Gegensatz zu meinem viel schneller und cooler nach. Er hat in einem einzigen Baseballspiel vier Home Runs geschafft und er und EJ hängen neuerdings zusammen ab, doch ich habe keine Zeit, mir über ihn noch Gedanken zu machen.)
    Zugegeben, Abby und ich haben abgesehen von den Dialogen im Stück in letzter Zeit kein Wort gewechselt, aber trotzdem sollte es doch absolut klar sein, dass sie mein Mädchen ist, Jeremy! Wie zahl ich es dem Typen bloß heim? Soll ich ihn im Stil des singenden Gangsters verdreschen und ihn in den nicht vorhandenen Kofferraum von meinem Papp-Cadillac werfen und davonfahren? Mann, ich hab keine Lust, Jeremy zu hassen. Er ist doch so was wie mein bester Freund in letzter Zeit. Er zeigt mir immer, wie man tanzt, singt und sich besser anzieht, und wenn die Proben länger dauern, fährt er mich anschließend jedes Mal heim. Der Kleinkrieg mit Andre hat mich schon fast umgebracht, also überlass ich sie ihm einfach. Wenn einer gut genug ist für meine Abby, dann ist das Jeremy. Ich kann damit leben.
    » Was ’n los?«, frage ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    Abby zeigt keine Reaktion; das tut sie nie. Doch Jeremy meint: » Hey, hey, Mr Carter!« Als dürfte das Messer in meinem Rücken kein bisschen wehtun. Aber ich kann damit leben!
    Wir gehen den zweiten Akt noch mal kurz durch und ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren. Ich weiß meinen Text– wirklich!–, aber heute kann ich mich einfach nicht zur richtigen Zeit an den richtigen Text erinnern. Jedes Mal, wenn ich die Bühne verlasse, schnappe ich mir das Skript und seh mir meine Passagen noch mal durch. Den Großteil meiner Szenen habe ich sowieso auf meinen Armen stehen, aber ich hab immer noch Probleme damit. Jetzt kommt die letzte Szene von dem Stück, wo alle heiraten, und ich sehe, wie Jeremy und Abby sich Blicke zuwerfen und zusammen verschwörerisch kichern, als wir mit einer chassée -Schrittfolge in Position gehen. Mein Blut beginnt zu kochen. Lachen die etwa über mich? Das ist meine Traumfrau, mit der du da rummachst, du Schnösel! Und irgendwann wird sie in meinen Träumen mit mir verheiratet sein! Zum ersten Mal in meinem Leben wünsche ich mir, ich wäre beim Footballtraining und ich könnte diesem Junior seinen armseligen, vom Tanzfieber ergriffenen Hintern in die Kulissen treten! Ich hasse diese älteren Typen mit ihren doofen Autos, und… (plötzliche Totenstille).
    Verdammt! Ich wette, ich bin mit meinem Text dran. Ich hab schon wieder meinen Einsatz verpasst. Wie war das noch mal? Wo zum Teufel sind wir denn? Die Show ist fast vorbei. Alle schauen mich an. Ein spindeldürrer Typ namens Tony steht vor mir, gekleidet wie ein Priester.
    Ich spanne mein Unterkiefer an und sage ganz geschmeidig: » Äääh?«
    Abby flüstert mir wütend zu: » Du willst!«
    Was will ich denn? Und wann? Du bist mir aber keine Hilfe… GEISTESBLITZ! Ich brülle: » Ich WILL, ich WILL!«, und zwar ganz schnell, und dann fangen wir alle an zu tanzen. Doch gerade, als wir so richtig in Fahrt kommen, hört plötzlich die Musik auf und Miss McDougle kommt auf die Bühne gepoltert wie ein Profi-Wrestler.
    Sie schleudert ihr Notizbrett zu Boden und brüllt: » Carter, du bringst mich noch um!«
    Verdammte Scheiße! Keiner ist vor mir sicher. Football, Schwimmen, Mathestunden, was ihr wollt, immer bin ich da und mach alles kaputt, wie ein Ninja-Killer.
    » Was zum Teufel ist heute mit dir los?«, blafft Miss McDougle mich an. » Konzentrier dich, bitte! Wir haben noch zwei Tage. Nur noch zwei Proben, dann sitzen hier fünfhundert Leute in diesen Reihen! All eure Freunde und eure Familien werden zusehen. Was macht ihr dann?«
    Familie vielleicht, aber ich glaub nicht, dass meine Freunde ein Problem werden.
    Sie kreischt: » Alle raus hier! Carter, Jeremy, Tony, Kara und Abby– ihr übt jetzt die Hochzeitsszene, bis ihr nicht mehr könnt! Ich muss noch an einer letzten Kostümkatastrophe arbeiten. Und Carter, du konzentrierst dich jetzt, bitte!«
    Während sie aus dem Auditorium rausstürmt, winke ich ihr unbeholfen zu und sage:
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