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Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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streicheln begannen. Ich stieß ihn zurück und sprang aus dem Sessel. In diesem Augenblick spielte ich ein gutes und anstrengendes Theater, denn ich liebte dieses zarte Streicheln und war beglückt, seine Hand auf meiner Brust zu fühlen.
    »Ist das die Einweisung in die Grundbegriffe, Herr Oberarzt, von der Sie heute morgen sprachen?« rief ich. »Eine neue Narkosemethode vielleicht? Hypnose durch Massieren der Mamma?«
    »Gisèle!« Er richtete sich auf und trat auf mich zu. »Warum sind Sie so ordinär wie Pierre Laroche oder dieser widerliche Fioret?«
    »Ist es nicht ordinär, mich unter dem Vorwand wissenschaftlicher Arbeit hierher zu locken, um mich dann zu küssen?«
    »Es war kein Vorwand. Und übrigens habe ich mit dem Kuß nur nachgeholt, was ich im Jardin du Luxembourg versäumt hatte.«
    »Und warum haben Sie es versäumt?«
    »Weil ich mir nicht sicher war, ob Sie den Kuß als das ansehen würden, was er sein soll, nämlich als ein Versprechen der Liebe.«
    »Und jetzt wußten Sie es?«
    Er nickte. »Ja. Denn sonst wären Sie heute abend nicht gekommen, weil Sie genau wußten, daß ich Sie küssen würde.«
    Seine Überlegenheit war furchtbar und beglückend zugleich.
    In dieser Nacht blieb ich in der Klinik. Nicht im Zimmer von Professor Bocchanini, sondern in Gastons Zimmer, das etwas abseits, in dem großen Gebäudeflügel der chirurgischen Abteilung, lag.
    Er hatte mich nach dem Kuß nicht dazu aufgefordert, aber ich spürte, wie er mich aus den Augenwinkeln beobachtete, um zu sehen, was ich jetzt tun würde.
    In mir war alles Aufruhr. Seine Hand auf meinen Brüsten, seine Lippen auf meinen Lippen, seine spürbare Begehrlichkeit, seine männliche Ausstrahlung, die fast so greifbar war, daß man sie knistern hören konnte. Das alles machte aus mir das, was ich mir immer für einen solchen Augenblick gewünscht hatte: eine Frau ohne jegliche moralischen Bedenken. Eine Luxusdirne, die es sich leisten konnte, sich hinzugeben, ohne einen Sous dafür zu nehmen. Ich war in diesen Augenblicken bereit, alle Grenzen zu sprengen und Vulkane zu beschämen. Ein Vulkan nämlich bricht nur aus und spuckt Feuer und Lava. Mein Körper aber konnte glühen wie flüssige Erde und gleichzeitig ebenso glühendes Leben empfangen.
    Was auf dieser Erde ist gewaltiger und gleichzeitig erschreckender als eine liebende Frau?
    Ich tat jetzt etwas, was Gaston nicht erwartet hatte: Ich setzte mich wieder in den tiefen Sessel und schlug die Beine übereinander. Er lehnte sich gegen Bocchaninis riesigen Schreibtisch und starrte schamlos auf meine Schenkel, die sich durch das Kleid drückten.
    »Haben Sie ›Liebe‹ gesagt?« fragte ich.
    »Sie?« fragte er zurück.
    »Gut. Du! Sie … du hast mich geküßt. Eine Erklärung hat es dazu gegeben. Eine Art Nachholbedarf …«
    »Gisèle! Wenn ich sage, ich liebe dich, dann meine ich es ehrlich.«
    »Im Zimmer des Klinikchefs?« Ich sah mich um und hob die Schultern. »Ich muß wieder mit den Worten des ordinären Fioret sprechen: Hier gibt es ein Untersuchungssofa und einen breiten Schreibtisch. Beides ist geeignet …«
    »Sprich nicht weiter!« Gaston hob die Hand. »Gisèle! Ich habe ein eigenes Zimmer hier in der Klinik.«
    »Ich weiß.«
    »Wir könnten dort weiterreden. Einen Kognak trinken. Eine Flasche Champagner …«
    »Allzeit bereit, Gaston?«
    »Ich schwöre dir, daß in diesem Zimmer noch keine Frau gewesen ist, die mehr war als eine Patientin.«
    »Bei so vielen hübschen jungen Ärztinnen und Krankenschwestern um dich herum?« Ich stand auf und schüttelte den Kopf. »Hat der Herr Oberarzt noch keinen Spitznamen. Etwa ›Der Heilige‹?«
    Gaston antwortete nicht auf diesen Spott. Er wandte sich ab, ordnete ein paar Röntgenfotos und räumte Bocchaninis Schreibtisch notdürftig auf. Ich war zur Tür gegangen und lehnte mich dagegen. Das sah verrufen aus, aber ich wollte es so. Ich war ein romantisches Mädchen, aus der Sonne der Provence kommend, aus einem Land, wo Romantik aus jedem Grashalm atmet, aber jetzt wollte ich etwas von der Freizügigkeit der Pariserin beweisen, wollte offen zeigen, daß ich diesen Mann dort drüben, diesen großen, schönen, kräftigen Mann begehrte und mit ihm schlafen wollte.
    »Gehen wir?« fragte ich. Meine Stimme hatte sich verändert. Sie bekam einen rauchigen Unterton.
    Gaston drehte sich um und starrte mich an. Dann nickte er, drückte auf eine Sprechtaste der Rundsprechanlage und ließ sich mit dem Nachtdienst verbinden.
    »Ich
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