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Ich geh jetzt in dein Karma rein

Ich geh jetzt in dein Karma rein

Titel: Ich geh jetzt in dein Karma rein
Autoren: Bianca Wagner
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hatte sich zu Wort gemeldet, weil sie Jasmina auch schon beraten hatte und weil sie von »der anderen Seite« erzählen wollte. Und was sie da erzählte, ließ bei vielen Leuten sicher ein paar Bömbchen hochgehen.
    Dass sie durch ihre Arbeit auf der Line aggressiv wurde, nicht schlafen konnte und Hautausschlag bekam. Weil sie oft mit sehr intimen, übergriffigen oder sonst wie bedenklichen Fragen konfrontiert war. Dass die Leute nur an einem interessiert waren – Selbstbestätigung – und alles andere nicht hören wollten. Dass sie sich deshalb mehrere Pseudonyme zulegte, um den Leuten das nächste Mal wieder etwas Positives mitzuteilen, nachdem diese durch die Wahrheit vergrault worden waren und eine böse Bewertung abgegeben hatten. Dass diese Art von Feedback von den Astro-Portalen erwartet und sogar regelmäßig durch Abhören überprüft wurde – besonders wenn die Anruferzahlen niedrig waren. Und vieles mehr. Aber vor allem: dass die ganze Kartenlegerei nicht nur die reine Abzocke, sondern absoluter Humbug war.
    Uff, dass eine Kollegin sich zu Wort meldete, damit hatte ich gar nicht gerechnet. Es stimmte mich nachdenklich. Einerseits fand ich es gut von Birgit, dass sie den Leuten da draußen mal die Situation aus der Sicht einer Kartenlegerin schilderte. Andererseits fühlte sie sich ein wenig zu wohl in ihrer Opferrolle, und leider stimmte nicht alles so, wie sie es erzählte. Die Hotline-Betreiber hören beispielsweise keine Gespräche ab, sie haben Mitarbeiter, die sich als Kunden ausgeben, um stichprobenartig die Arbeit der Berater zu kontrollieren.
    Wirklich schlimm fand ich, dass sie die Kartendeuterei generell als reines Hirngespinst abgetan hatte, nur weil sie selbst nie gelernt hatte, wie man Karten nach überlieferten Systemen legt und liest. Natürlich war es wichtig für die Zuhörer zu erfahren, dass nicht jeder Kartenleger auf einer Line automatisch sein Handwerk beherrschte, geschweige denn geschult war. Doch wäre es genauso wichtig gewesen, wenn sie hinzugefügt hätte, dass sich nicht jeder die Zukunftsprognosen einfach aus den Fingern saugte.
    Trotzdem: Zu Domians abschließender Hoffnung, eines Tages mal einen Hotline-Betreiber an der Strippe zu haben, bleibt nur zu sagen, dass diese Menschen darauf bedacht sind, Umsätze zu generieren und sonst gar nichts. In diesem Punkt stimmte ich Birgit uneingeschränkt zu. Solch ein Gespräch würde wohl auf ewig ein frommer Wunsch von Domian bleiben.
    Ich hingegen fühlte mich inzwischen unbehaglich in meiner Haut und fragte mich, ob und wenn ja, wie lange ich diese Tätigkeit noch zu den Konditionen der Portale vor mir und meinen Kunden verantworten konnte.

♈ ☿ 25. Kapitel ♊ ♋
Engel auf Erden
    Es ist schon komisch, wie sich Menschen verändern und wohin sie sich entwickeln. Plötzlich trifft man auf Freunde, die einem einmal sehr nahe gestanden haben, und es ist nichts mehr von dieser Nähe übrig. Fast fühlt man sich einander fremd. Man spürt, dass es von da an nicht mehr weitergeht. Ende Gelände. Game over, liebe Freundschaft.
    So ein Erlebnis hatte ich, als mich Anke nach langer Zeit wieder zu sich einlud. Erinnern Sie sich noch an Anke? Das war diejenige, die mich ursprünglich zum Kartenlegen gebracht hatte.
    Ich weiß nicht mehr genau, ob es einen bestimmten Anlass für ihre Einladung gab. Woran ich mich allerdings noch ganz genau erinnere, ist mein Erstaunen über Ankes neues Aussehen und ihre rundum veränderte Wohnungseinrichtung. Meine Freundin war immer eher ein natürlicher, praktischer Typ gewesen. Mit Make-up und extravaganter Kleidung war sie nicht zu locken. Entsprechend überrascht nahm ich Ankes Metamorphose zur Kenntnis, als sie mir die Tür öffnete: Ihr ursprünglich aschblondes Haar war rabenschwarz gefärbt, ihre Augen waren mit einem dunklen Kajalstift dick umrandet, die Lippen blutrot geschminkt. Um den Hals trug sie eine dicke Goldkette mit einem klobigen Amulett, sich selbst hatte sie in schneeweiße Gewänder gehüllt.
    Anke: »Namaste.«
    Anke führte ihre Innenhandflächen in Höhe der Brust zusammen und beugte leicht den Kopf nach vorne.
    Ich starrte sie verwundert und befremdet an.
    Ich: »Ich hätte dich fast nicht erkannt.«
    Anke: »Na, wie findest du mich?«
    Anke drehte sich stolz einmal um die eigene Achse.
    Gewöhnungsbedürftig, dachte ich.
    Ich: »Ja … also, sieht toll aus.«
    Anke: »Du bist übrigens pünktlich. Wir wollten gerade mit dem Angel-Reading beginnen.«
    Ich: »Ich wusste gar
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