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Ich. Die Autobiographie

Ich. Die Autobiographie

Titel: Ich. Die Autobiographie
Autoren: Helmut Berger , Holde Heuer
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aus demselben Holz wie ich. Versager eben! Verweigerer des Establishments, wie später die Blumenkinder sangen.
    Fürst Egon zu Fürstenberg war auch dabei und einige andere Adelige. Egon wurde einer meiner besten Freunde. Gott sei Dank alles lustige Leut. Sofort falle ich in die österreichische Sprachmelodie. Die Schule war wie ein Theaterstück. Ein bisserl Rezeption, a bisserl Bar. A bisserl Kochkunst, abisserl Patisserie. A bisserl Weinkellerei, a bisserl Bankett. Uns wurde halt der normale Hotelablauf beigebracht.
    Obwohl ich in allen Schulen einen Ruf wie Donnerhall hatte als aufrührerischer Bandenführer, ein kleiner Spitzbube war, ein Tunichtgut, der mit den Mädchen zankte und ihnen das Röckchen hochhob, war ich doch im Innersten meines Herzens ein schüchterner Salzburger Bua geblieben. Muttis Liebling, der sich nach der Mutterbrust sehnte. I mag Latte, die süße Versuchung Muttermilch. Gaudinockerl lassen mich nicht kalt, capisci?
    Ich verliebte mich. Ingrid Weis war meine Auserkorene, die Schwester von Heidelinde Weis. Sie wurde meine Königin. Mit ihrer eleganten Schönheit, der lässigen Haltung und ihrem herrlichen Gitarrenspiel faszinierte sie mich. Auch später verloren war nie den Kontakt. Sie ist seit Jahren die Lebensgefährtin eines Kollegen, Harald Leipnitz, der oft mit Heidelinde Weis Theater gespielt hat. Ingrids Geburtstag habe ich nie vergessen.
    Wir tanzten ganze Nächte durch. Sie küsste wunderbar. Ich konnte gar nicht aufhören, mit ihr zu knutschen. Allerdings war Sex nicht drin. Mein schüchternes, von katholischen Schuldgefühlen geplagtes Herz verbot schon ein bisschen Petting, obwohl ich mich danach sehnte. Die Ordensbrüder in Feldkirch hatten mit ihrem Beichtzwang ganze Arbeit geleistet. Sicher nicht in Gottes Sinne. Liebe kann doch nicht Sünde sein. Mit dem Glauben hat das wirklich nichts zu tun. Meine Vaterunser begleiten mich überallhin. Mein Gottvertrauen sitzt sehr tief. Ich habe meinen Gott, an den ich glaube. Den teile ich auch nicht und belästige ihn auch nicht mit irgendwelchen Wünschen. Er hat genug zu tun, denke ich.

     
    Die frühe Perfektion des Crossdressings: 1963 während seiner Ausbildung an der Hotelfachschule in Bad Hofgastein.
     

 
    Mit seiner Jugendliebe Ingrid Weis, der Schwester von Heidelinde Weis, 1963, zu der er nie den Kontakt verloren hat.
     

Liz Taylor mochte meinen Schmarrn, Nurejew wollte Tassen voller Knoblauch
     
     
     
    Erst mit 18 erlebte ich die Weihen der Erotik. In der Schweiz. Was dann über die Menschheit hereinbrach, ist hinlänglich bekannt. Die Welt wäre um vieles ärmer, und das rede ich mir nicht nur ein. Meine Ex-Lieben haben es behauptet. Bianca Jagger, Marisa Berenson, Britt Ekland. Zwei Diven im Bett, eine Frau und ich. Eine brisante Mischung. Heute habe ich keine Hemmungen mehr. Ob es nun Sex mit dem Ex ist, einem Mann oder einer Frau, solange nur die Anziehung stimmt.
    Ich denke an meinen Freund Egon von Fürstenberg, der übrigens auch nur die zweiJahre Schulzeit im Hotelfach blieb und lieber Modeschöpfer wurde. Diana, seine zauberhafte Frau, und die drei Kinder leben mit ihrem Papa ein glückliches Familienleben der Upperclass. Spießer nennen das wohl Arrangement. Ich nenne es das Leben. Viel mehr Menschen wären bisexuell, wenn sie es zulassen würden. Eigentlich sind sie arm dran, ihnen fehlt eine Hälfte des Mondes.
    In der Hotelfachschule habe ich wieder nicht aufgepasst. Im Windschatten der anderen, mit einem schwachen Notendurchschnitt schafften wir dennoch die Abschlussprüfung. Die Schulgelder glichen den Wissensstand aus. Dass ich heute ein Meister am Herd bin, verdanke ich meiner Mutter und nicht der Schule. Ihre Kochkunst war bei den Gästen beliebt, die von weit her für Muttis Spezialitäten anreisten. Sie brachte mir die originellsten Rezepturen bei. Beim Essen ist es wie in allen Bereichen meines Lebens: Ob Freundschaft, Arbeit oder Vergnügen, ich will immer das Äußerste, das Optimale. Nur im Extrem spüre ich mich. Wenn mich in Rom Heimweh plagt, dann nach dem Szegediner Gulasch meiner Mutter. Kurzerhand wird sie eingeflogen. Ich hänge sehr an meiner Mutter. Überschütte sie mit Schmuck. Mit Koffern voller Kalbshaxerl, Würstl, Tafelspitz und Sauerkraut reist sie an. All die Köstlichkeiten außerhalb italienischer Grenzen. Ich verwöhne meine Freunde mit österreichischen Spezialitäten: Beuschl, Lüngerl mit Knödel oder Wiener Schnitzel mit Preiselbeeren.
    Von meinem Kaiserschmarrn
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