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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg!
Autoren: Agnes Hammer
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„Ich komme zum Vorspielen.“
    „Ach“, sagte Julies Mutter. „Ja, dann komm mal …“
    An ihrem Blick sah ich, dass sie mich doch wiedererkannt hatte. Wir waren uns vor ein paar Wochen begegnet, im Krankenhaus, als ich meine Mutter ziemlich breit in der Küche liegend gefunden hatte. Verdammt, ich hatte gedacht, sie sei krank oder etwas Schlimmeres. Manchmal vertrug sie einfach keinen Alkohol und ihr Kreislauf brach zusammen. Ich hatte sie gerüttelt und geschüttelt, aber sie kniff nur die Augen ganz fest zusammen.
    „Hol bloß nicht die Rettung!“, hatte sie geknurrt, aber ich konnte sie auch nicht einfach auf dem Küchenboden liegen lassen.
    „Du musst ins Krankenhaus. Bestimmt ist was mit deinem Kreislauf.“ Wenn ich Kreislauf sagte, meinte ich, dass sie vielleicht eine Alkoholvergiftung hatte.
    Jedenfalls hatte ich ein Taxi gerufen und sie ins Krankenhaus gebracht. Sie war so hinüber gewesen, dass der Taxifahrer mir helfen musste. War es etwa ein Verbrechen, dass ich mich um meine Mutter kümmerte? Julies Mutter sah mich jedenfalls so an.
    Ich trat über die Schwelle, als würde ich sie nicht wiedererkennen, und sah mich um. Die Schuhe der Familie standen ordentlich aufgereiht auf einem niedrigen Regal.
    „Äh … Soll ich meine Schuhe ausziehen?“, fragte ich. Ich konnte spüren, dass sie mich nicht in ihrem Haus haben wollte, und ich schleimte rum, anders konnte ich es nicht nennen.
    „Lass mal“, meinte sie. „Es reicht, wenn du sie ordentlich abstreifst.“
    Ich zog meine Leinenturnschuhe mehrmals über die Fußmatte und grinste sie dabei an.
    „Dann geh mal in den Keller, einfach dahin, wo’s laut ist.“
    Ich ging die Kellertreppe hinunter und machte die Tür des Raumes auf, hinter der ich einen gezupften Bass hörte.
    „Hallo“, sagte ich. Julie, Jasmina und Sebastian hatten sich wohl gerade unterhalten. Jetzt blickten sie alle drei auf und sahen mich mit großen Augen an.
    „Ich komme zum Vorspielen“, erklärte ich überflüssigerweise.
    „Du?“, rutschte es Julie raus. „Kannst du denn Schlagzeug spielen?“
    Damit hatte ich gerechnet, deshalb hatte ich mehrere Flyer von meiner alten Berliner Band dabei. Ich reichte sie ihnen und sie sahen sich die zerknitterten bunten Papiere an. Sebastian strich einen dunkelroten Flyer glatt.
    „Wir machen aber eine ganz andere Musik als das hier“, sagte er und tippte auf das Wort dark auf dem Flyer.
    „Ja, klar“, gab ich zurück. „Aber ich hab Lust zu spielen. Egal was.“ Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Schlagzeug, das in der Ecke stand. Es sah ziemlich teuer und gut gepflegt aus, genau so, wie ich es erwartet hatte.
    „Hm“, machte Sebastian.
    Es entstand ein ungemütliches Schweigen.
    „Wir könnten es doch einfach mal ausprobieren“, schlug Julie dann vor.
    Jetzt kamen zwei Jungs die Treppe herunter und drängten sich hinter mir in den Proberaum. Es war Marek, der in eine Parallelklasse ging, und ein kleiner Blonder, den ich nicht näher kannte und der nervös an seiner Fahrradtasche zupfte. Beide waren in Socken.
    „Ach, da seid ihr ja“, sagte Jasmina. Anscheinend hatten die beiden ihr Erscheinen angekündigt. Jasmina klang erleichtert.
    „Dann fangen wir mal an“, schlug Sebastian vor. „Wer will zuerst?“
    Ich hatte damit gerechnet, dass Marek anfangen würde. Er war groß, dunkelhaarig und ging bestimmt ins Fitnessstudio. Jedenfalls trug er ein T-Shirt, das seine trainierten Oberarme betonte. Er grinste mich breit an, denn für ihn war es natürlich klar, dass er viel besser zu Jase Noju passte als ich.
    Dann sah Marek den kleinen Blonden an, aber der war weiterhin mit seiner Fahrradtasche beschäftigt. Als Erster wollte der Kleine wohl auf keinen Fall spielen.
    „Ich kann loslegen“, bot ich an und schwang mich hinter das Schlagzeug. Ich tippte mit der Fußmaschine ein paarmal gegen die Bassdrum. Es fühlte sich gut und vertraut an, obwohl ich seit mindestens einem Jahr nicht mehr gespielt hatte.
    „Was wollt ihr spielen?“, fragte ich.
    Julie nannte einen dieser langweiligen Songs aus den Charts, den ich nicht besonders mochte. Aber ich kannte ihn und nickte. Ich zählte vor, suchte Jasminas Blick – schließlich spielte sie den Bass – und legte los. Wieder Schlagzeug zu spielen, auch wenn die von Jase Noju einen ganz anderen Geschmack hatten, fühlte sich gut an, sogar sehr gut.
    Sebastian setzte mit dem Gitarrenriff ein und dann sang Julie. Es war klar, warum sie diesen Song übten, denn er
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