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Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Titel: Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...
Autoren: Malala Yousafzai
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weiteres Wissen aneignen, damit deine Worte noch mehr Macht bekommen.«
    Er hat recht. Ich will lernen. Ich möchte eine exzellente Ausbildung an den Waffen des Wissens. Denn dann werde ich in der Lage sein, noch erfolgreicher für meine Sache zu kämpfen.
    Wir wissen alle, dass Bildung unser Grundrecht ist. Das gilt nicht nur für den Westen, auch der Islam hat uns dieses Recht gegeben. Der Islam besagt, jedes Mädchen und jeder Junge sollte zur Schule gehen. Im Koran steht geschrieben, Gott will, dass wir wissend werden. Er will, dass wir ergründen, weshalb der Himmel blau ist und warum es Ozeane und Sterne gibt.
    Ich weiß, wie groß dieser Kampf ist – auf der Welt gibt es laut UNESCO -Bericht 57 Millionen Kinder, die nicht einmal die Grundschule besuchen, davon 32 Millionen Mädchen. Leider ist es in meinem eigenen Land Pakistan mit am schlimmsten – 5 , 1  Millionen Kinder besuchen keine Grundschule, obwohl in unserer Verfassung geschrieben steht, dass jedes Kind das Recht hat, zur Schule zu gehen. Bei uns leben fast 50 Millionen Analphabeten, davon sind zwei Drittel Frauen – meine Mutter ist eine von ihnen.
    Mädchen werden immer noch umgebracht, und Schulen werden noch immer in die Luft gesprengt. Im März 2013 gab es einen Anschlag auf eine Mädchenschule in Karachi, die wir einmal besucht hatten. Als gerade eine Preisverleihung begann, wurden eine Bombe und eine Granate auf den Schulhof geworfen. Abdur Rasheed, der Rektor der Schule, wurde getötet, acht Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren wurden verletzt. Ein achtjähriges Kind trug eine bleibende Behinderung davon.
    Als meine Mutter von dem Anschlag erfuhr, konnte sie nicht mehr aufhören zu weinen. »Wir würden unseren Kindern nicht mal die Haare zerzausen, während sie schlafen«, sagte sie. »Und da gibt es Leute, die mit Gewehren auf sie schießen oder Bomben in ihre Schulen werfen. Es ist ihnen völlig egal, dass ihre Opfer Kinder sind!«
    Der furchtbarste Anschlag geschah im Juni in Quetta. Ein Selbstmordattentäter sprengte einen Bus mit 40 Schülerinnen in die Luft, die auf dem Weg zu ihrer Mädchenschule gewesen waren. 14 Mädchen wurden dabei getötet. Doch nicht genug des Grauens. Die Angreifer verfolgten die Verwundeten bis ins Krankenhaus und erschossen dort einige Krankenschwestern.
    Und es sind nicht nur die Taliban, die Kinder töten. Manchmal sind es Drohnenangriffe, dann Kriege, dann wieder der Hunger. Manchmal ist es aber auch die eigene Familie. Im Juni wurden in Gilgit, das liegt ein wenig nördlich vom Swat, zwei Mädchen in meinem Alter ermordet, weil sie ein Video gepostet hatten, auf dem sie im Regen tanzen, traditionell gekleidet und mit Kopftüchern. Offensichtlich waren sie von ihrem eigenen Stiefbruder erschossen worden.
    In den dunklen Tagen der Taliban war unser Leben im Swat sehr schwer, doch das Gute daran war, dass die Taliban ganz offen auf der Straße herumliefen und man sie sehen konnte. Heute werden ständig Anschläge verübt, ohne dass man sieht, wer es getan hat.
    Das Swat ist momentan friedlicher als andere Gegenden, doch selbst vier Jahre nach der Vertreibung der Taliban ist das Militär überall. Fazlullah ist weiterhin auf freiem Fuß, und unser Busfahrer steht noch immer unter Hausarrest. Unser Tal, das einst ein Paradies für Touristen war, gilt heute als ein Tal der Angst. Fremde, die es besuchen wollen, benötigen dazu eine Unbedenklichkeitserklärung der Armee. Hotels und Kunsthandwerksläden sind leer. Es wird noch viel Zeit vergehen, ehe die Touristen wiederkommen.
    Im Laufe des letzten Jahres habe ich viele Städte und Plätze bereist, doch mein Tal bleibt für mich der schönste Ort der Welt. Ich weiß nicht, wann ich es wiedersehen werde, aber dass es so sein wird, weiß ich. Ich frage mich, was aus dem Mangokern geworden ist, den ich an Ramadan in unseren Garten gepflanzt habe. Ich frage mich, ob es jemanden gibt, der ihn gießt, damit meine Brüder und ich oder sogar unsere eigenen Söhne und Töchter einst die Mangos genießen können.
    Heute habe ich in den Spiegel gesehen und einen Augenblick lang nachgedacht.
    Es gab eine Zeit, da habe ich Gott um ein paar Zentimeter mehr Größe gebeten, doch stattdessen hat er mich zum Himmel wachsen lassen, so groß, dass ich es nicht mehrmessen kann. Also habe ich ihm die einhundert RakatNafl-Gebete gewidmet, die ich versprochen hatte, falls ich wachsen würde.
    Ich liebe meinen Gott. Ich danke meinem Allah. Ich spreche den ganzen Tag
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